Gesetzesänderung bei Zugewinnausgleich - ist Handlunsbedarf gegeben?

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Im November letzten Jahres hat das Bundesjustizministerium einen Gesetzentwurf zur Reform des Zugewinnausgleichs vorgelegt. Ziel der Reform ist es sicherzustellen, dass entsprechend den Grundgedanken des Zugewinnausgleichs der wirtschaftliche Erfolg aus der Ehe tatsächlich auf beide Ehepartner verteilt wird und außerdem Manipulationen der Ausgleichsbilanz verhindert oder zumindest erschwert werden.  Folgende Neuregelungen sind geplant:  - Berücksichtigung eines negativen Anfangsvermögens; - Stärkung der Auskunftsrechte durch Anspruch auf Vorlage von Belegen; - Vorverlegung des Berechnungszeitpunkts für den Zugewinnausgleich;- besserer vorläufiger Rechtschutz gegen unredliche Vermögensverschiebungen.

1. Die Berücksichtigung eines negativen Anfangsvermögens gab es gem. § 1374. Abs. 1 Abs. Halbsatz BGB bisher nicht.  Der Ehegatte, der mit Verbindlichkeiten in die Ehe ging und diese während der Ehe abgebaut hat, brauchte dafür bisher keinerlei Zugewinnausgleich zu zahlen.  Diese Regelungen sind seit langem als ungerecht angegriffen worden.  Beispiel:  Ein Ehegatte hatte bei der Eheschließung Schulden von € 40.000,00, der andere hatte ein Anfangsvermögen von 0. Beide Ehegatten erwirtschafteten während der Ehe € 80.000,00, wovon der eine Ehegatte € 40.000,00 zur Entschuldung verwandt hat, sodass sein Endvermögen um € 40.000,00 niedriger ist, als das des anderen.  Dafür bekommt er weitere € 20.000,00 Zugewinnausgleich!  Es steht noch nicht fest, wann diese Neuregelungen in Kraft treten. Es ist klar, dass von der bisherigen Rechtslage diejenigen profitieren, die mit einem negativen Anfangsvermögen in die Ehe gegangen sind, das während der Ehe abgebaut wurde.  Wann das neue Gesetz in Kraft tritt, steht noch nicht fest.  Jedenfalls ist daran zu denken, vor Inkrafttreten des neuen Rechts die Ehescheidung zu beantragen.  In unserer Broschüre "Zugewinnausgleich" haben wir im Übrigen dargelegt, dass es Dispositionen vor der Scheidung gibt, die in legaler Weise den eigenen Zugewinn mindern und den anderen Ehegatten hälftig daran beteiligen können.  Hierzu gehören insbesondere: Bezahlung von Maklergebühren für eine neue Wohnung, Anschaffung neuen Hausrats, der dann nur zum Zeitwert ins Endvermögen eingestellt wird, Anwaltskostenvorschuss für die Ehescheidung usw.

2. Konsequenz der Berücksichtigung des überschuldeten Anfangsvermögen ist, dass auch ein negatives Endvermögen ausnahmsweise berücksichtig werden kann, wenn sich der Schuldenstand verringert hat.  Nach der Neuregelung des § 1375 Abs. 1 BGB können auch Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, die das Aktivermögen übersteigen!  Für die Beantragung der Scheidung gelten die gleichen Empfehlungen wie in Ziff. 1 

3. Wegfall der Begrenzung der Zugewinnausgleichsforderung auf das bei der Rechtskraft der Scheidung vorhandene Vermögen  Maßgebend für die Höhe der Zugewinnausgleichsforderung ist und bleibt das Vermögen zum Stichtag - Zustellung des Scheidungsantrags.  Der sich danach errechnende Zugewinnausgleichsanspruch kann aber bisher bei einer längerer Dauer   der Scheidung bis zur Rechtskraft der Scheidung reduziert werden, und zwar auf das Vermögen, das am Ende noch da ist.  Auch diese Vorschrift hat in der Vergangenheit zu Missbrauch und ungerechten Ergebnissen geführt.  Der Ausgleichspflichtige hat in manchen Fällen durch entsprechende Maßnahmen verhindert, dass der Ausgleichsberechtigte innerhalb einer angemessen Zeit zu einem Urteil gekommen ist, aus dem er hätte vollstrecken können.  War dann bei Rechtskraft der Scheidung kein Vermögen mehr vorhanden, gab es auch keinen Zugewinnausgleich mehr.  Die geplante Neuregelung besagt nun, dass maximal 50% des am Stichtag vorhandenen Vermögens als Ausgleich bezahlt werden müssen. Dies bedeutet, dass eine negative Vermögensentwicklung nach dem Stichtag nicht mehr berücksichtigt wird.    

4. Neuregelung des Auskunftsanspruchs Im Unterhaltsrecht kann gem. § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB stets die Vorlage von Belegen verlangt werden. Dies gilt in Zukunft auch für die Auskunft über das Endvermögen am Stichtag.  Der Auskunftsanspruch erstreckt sich nunmehr außerdem auch ausdrücklich auf das Anfangsvermögen. Auch insoweit sind Belege vorzulegen. Wer die Belegvorlage vermeiden will, sollte ebenfalls rechtzeitig die Ehescheidung beantragen.  Übrigens kann der Auskunftsantrag bereits dann gestellt werden, wenn die Ehescheidung oder der vorzeitige Zugewinnausgleich beantragt ist.  

5. Vorzeitiger Zugewinnausgleich  Wenig bekannt ist, dass unabhängig von einer Scheidung die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangt werden kann, wenn die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt leben.  Neu ist, dass durch eine entsprechende Klage die Zugewinngemeinschaft beendet werden kann, ohne dass damit eine Klage auf Auskunft und Zahlung vom Zugewinnausgleich verbunden werden muss.  Vorzeitiger Zugewinnausgleich bei illoyalen Vermögensverschiebungen Nach der Neuregelung muss die vermögensverminderne Verfügung des Ausgleichspflichtigen nicht mehr abgewartet werden. Vielmehr reicht es aus, wenn die Vornahme einer solchen Handlung zu befürchten ist, z.B. wenn der Ausgleichsverpflichtete anfängt, sein Vermögen, seine Immobilie  oder sein Aktiendepot zu veräußern, ohne dass es hierfür wirtschaftlich sinnvolle Gründe gibt, sondern die Besorgnis begründet ist, das Geld werde bei Seite geschafft.  In krassen Fällen gibt es übrigens die Möglichkeit, den künftigen Zugewinnausgleichsanspruch durch einen Arrest zu sichern (OLG München FamRZ 2007, 1101). Übrigens besteht bereits jetzt nach § 1389 BGB ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags oder einer Klage auf vorzeitigen Zugewinn ein Anspruch auf Sicherheitsleistung, ohne dass der Antrag begründet sein oder Erfolgsaussichten haben muss.  

6. Fazit: Wer ein negatives Anfangsvermögen hatte, sollte die Scheidung rechtzeitig beantragen. Für den anderen Ehegatten ist es sinnvoll, abzuwarten bis die Neureglung in Kraft ist.

RA Harro Graf von Luxburg 


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