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Gesetzesänderungen im April 2021: Adoptionsrecht geändert, Insolvenzantragspflicht und mehr

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Gesetzesänderungen im April 2021: Adoptionsrecht geändert, Insolvenzantragspflicht und mehr
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

Neue Regeln für Adoptionen

Ab April gilt ein geändertes Adoptionsrecht. Dieses war im vergangenen Juli im Bundesrat zunächst gescheitert. Grund war eine Regelung, die adoptionswillige lesbische Paare zur Beratung verpflichtete.

Nun entfällt diese ursprünglich vorgesehene Beratungspflicht im Vorfeld einer Stiefkindadoption für lesbische Paare. Sie muss nicht erfolgen, wenn das zu adoptierende Kind einer Partnerin in deren Ehe oder verfestigte Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt hineingeboren wird.

Untersagt sind ab April zudem internationale Adoptionsverfahren ohne Vermittlung durch eine der rund 400 Adoptionsvermittlungsstellen. Entsprechende Auslandsadoptionen werden in Deutschland nicht mehr einfach anerkannt. Die neuen Regeln gelten für alle internationalen Adoptionsverfahren, die ab April 2021 beginnen.

Neu ist zudem ein Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung nach einer Adoption. Außerdem soll durch mehr Aufklärung der Umgang mit der Adoption für Adoptiveltern, Adoptivkind und dessen leiblichen Eltern gefördert werden.

Schutz vor sozialen Härten durch die Coronakrise

Ab April sollen folgende Maßnahmen vor sozialen Härten infolge der Coronakrise schützen:

  • Eine Einmalzahlung von 150 Euro bis Ende Juni 2021 für Erwachsene, die im Mai 2021 Anspruch haben auf
    • Arbeitslosengeld II
    • Sozialgeld nach dem SGB II
    • Hilfe zum Lebensunterhalt
    • Leistungen der Grundsicherung im Alter
    • Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung
    • Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder
    • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
  • Der Versicherungsschutz in der Künstlersozialversicherung bleibt bestehen, auch wenn das dafür notwendige Jahresmindesteinkommen von 3.900 Euro in diesem Jahr unterschritten wird. Diese Ausnahme galt bereits im Jahr 2020.
  • Der bis Ende 2021 weiterhin erleichterte Zugang zur sozialen Mindestsicherung. Das beinhaltet insbesondere eine eingeschränkte Vermögensprüfung und die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten.
  • Übernahme von Kosten der Mittagsverpflegung in Werkstätten für behinderte Menschen.

Insolvenzantragspflicht nicht mehr ausgesetzt

Die Infektionsschutzmaßnahmen haben erhebliche Folgen für die Wirtschaft. Um eine Welle krisenbedingter Insolvenzen zu verhindern, wurde deshalb bereits im vergangenen März 2020 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Dadurch sollten Unternehmen Zeit gewinnen, in der sie staatliche Hilfen in Anspruch nehmen können. Diese sollten eine Insolvenz vermeiden. Deshalb galt die Aussetzung nur dann, wenn der Insolvenzgrund auf den Pandemiefolgen beruht. Gesetzlich vermutet wird das, wenn bis 31. Dezember 2019 keine Zahlungsunfähigkeit vorlag.

Zunächst sollte die Insolvenzantragspflicht nur bis Ende September 2020 ausgesetzt sein. Seit Oktober 2020 gilt die Insolvenzantragspflicht jedoch nur teilweise wieder im Falle einer Zahlungsunfähigkeit. Für den weiteren Insolvenzgrund einer Überschuldung besteht die Insolvenzantragspflicht dagegen erst wieder ab Ende April 2021.

Überschuldung bedeutet, dass die bestehenden Verbindlichkeiten das vorhandene Vermögen übersteigen. Bei der Zahlungsfähigkeit können fällige Verbindlichkeiten wie Lohnzahlungen oder Miete dagegen bereits nicht mehr beglichen werden. Konkret gilt: Als unmöglich erweisen muss sich die Erfüllung von mindestens 90 Prozent der in den nächsten drei Wochen fällig werdenden Zahlungspflichten.

Voraussetzung für die bis Ende April 2021 geltende Aussetzung wegen Überschuldung ist zudem Folgendes: Betroffene Unternehmen mussten auch ihre Anspruchsberechtigung auf Corona-Hilfen nutzen. Soweit möglich mussten sie die Hilfen zudem bis 28. Februar 2021 beantragen.

Die wichtigsten Fallstricke nennt Rechtsanwalt Dr. Jasper Stahlschmidt in diesem Rechtstipp.

Führerscheinbeschränkung auf Automatik

Wer seine Fahrschulprüfung mit einem Auto mit Automatikgetriebe abgelegt hat, durfte anschließend nur Automatikfahrzeuge fahren. Als solche gelten alle Kraftfahrzeuge ohne Schaltgetriebe. Die Beschränkung auf Automatikfahrzeuge ergibt sich aus der Fahrerlaubnis.

Damit ist ab April Schluss. Voraussetzung für eine Änderung ist eine Ausbildung von mindestens 10 Fahrstunden mit jeweils 45 Minuten Dauer auf einem Kraftfahrzeug mit Schaltgetriebe der Klasse B. Wer dann bei einer mindestens 15-minütigen Fahrt seine Fähigkeiten nachweist, erhält eine Bescheinigung, mit der er die Beschränkung aufheben lassen kann.

Neuer Mindestlohn für qualifizierte Pflegehilfskräfte

Für Pflegehilfskräfte mit Qualifikation oder Ausbildung von mindestens einem Jahr gilt ab April 2021 erstmals ein Mindestlohn. Sie müssen bei entsprechender Tätigkeit mindestens 12,50 Euro pro Stunde in den alten Bundesländern und Berlin erhalten. In den neuen Bundesländern sind es mindestens 12,20 Euro pro Stunde.

Beitragszuschuss für landwirtschaftliche Alterssicherung

Landwirte mit besonders niedrigem Einkommen erhalten einen monatlichen Zuschuss zu ihrem Beitrag zur landwirtschaftlichen Alterskasse. Ab April bemisst sich dieser nicht mehr nach starren Einkommensgrenzen. Berechnungsgrundlage ist stattdessen die sozialversicherungsrechtliche Bezugsgröße. Diese entspricht dem Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorangegangenen Kalenderjahr. Angaben zur Höhe enthält Anlage 1 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB XI).

Der Zuschuss entfällt ab April erst, wenn das Einkommen mehr als 60 Prozent der Bezugsgröße erreicht. Danach ergibt sich eine Einkommensgrenze von 23.688 Euro für Alleinstehende und von 47.376 Euro für Verheiratete in den alten Bundesländern. In den neuen Bundesländern sind es entsprechend 22.428 Euro und 44.856 Euro. Damit haben mehr Landwirte Anspruch auf den Zuschuss. Dieser beträgt nun zudem je nach Einkommen bis zu 155 Euro im Monat statt wie bisher maximal 114 Euro im Monat.

Verbot von Leiharbeit in der Fleischwirtschaft

Ab April ist das Schlachten und Zerlegen per Leiharbeit weitgehend verboten in Betrieben des Fleischerhandwerks mit mindestens 50 Mitarbeitern. In einer Übergangsphase ist die Leiharbeit nur noch bis April 2024 auf Basis eines Tarifvertrags in begrenztem Rahmen im Bereich der Fleischverarbeitung zulässig.

Das Verbot ist eine Folge der Coronavirusinfektionen zahlreicher Mitarbeiter in mehreren Großschlachtbetrieben im vergangenen Jahr, die zu einer Diskussion über die Arbeitsbedingungen geführt hat.

Neue Altersgrenze bei der Überprüfung von Ausländern

Bei Zweifeln über die Person, Staatsangehörigkeit oder das Lebensalter darf eine Ausländerbehörde bestimmte Maßnahmen zur Feststellung treffen. Folgende Maßnahmen sind ab April gegenüber Ausländern bereits ab Vollendung ihres sechsten Lebensjahres zulässig:

  • Aufnehmen von Lichtbildern,
  • Abnehmen von Fingerabdrücken,
  • Messungen und ähnliche Maßnahmen, einschließlich körperlicher Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zum Zweck der Feststellung des Alters vorgenommen werden, wenn kein Nachteil für die Gesundheit zu befürchten ist

Zuvor waren diese erst ab dem vollendeten 14. Lebensjahr zulässig. Zweifel am vermuteten Alter gehen dabei zu Lasten der betroffenen Person. Zuvor müssen anderweitige Möglichkeiten ausgeschöpft sein, wie etwa Anfragen bei anderen Behörden.

Gesetz gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität

Kurzfristig trat nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten zum 3. April 2021 noch das Gesetz gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität in Kraft. Drei Ziele stehen in dessen Mittelpunkt. 

  1. Antisemitisch motivierte Taten werden stärker unter Strafe gestellt.
  2. Kommunalpolitiker sowie weitere für Menschenrettung zuständige Mitarbeiter sollen besser vor Drohungen und Gewalt geschützt werden.
  3. Große soziale Netzwerke müssen Fälle sogenannter Hasskriminalität nach einer Übergangsphase melden.

Dem Strafgesetzbuch zufolge sind nun ausdrücklich antisemitische Beweggründe im Rahmen der Grundsätze der Strafzumessung zu berücksichtigen.

§ 188 Strafgesetzbuch stellt nun klar, dass das politische Leben des Volkes bis hin zur kommunalen Ebene reicht und stellt damit den vom Tatbestand umfassten Schutz von Kommunalpolitikern klar. Die Verfolgung entsprechender Straftaten ist nun auch bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses möglich.

Bei den Straftaten der Beleidigung und der üblen Nachrede wurde neu geregelt, dass sie außer durch eine Tätlichkeit auch öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts nach § 11 Abs. 3 Strafgesetzbuch begangen werden können.

Die Behinderung Hilfeleistender durch Gewalt und Drohungen steht nun auch bei der Begehung gegenüber Mitarbeitern des ärztlichen Notdienstes oder einer Notaufnahme unter der besonderen Strafandrohung des § 115 Abs. 3 Strafgesetzbuch.

Erweitert wurden zudem die Möglichkeiten zur Eintragung einer Auskunftssperre zum Schutz von Personen, die sich auf Grund einer beruflichen oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit allgemein in verstärktem Maße Anfeindungen oder sonstigen Angriffen ausgesetzt sehen.

Der Straftatbestand der Bedrohung wurde ebenfalls erheblich ausgeweitet. Statt der Bedrohung mit einem Verbrechen greift dieser nun bereits bei der Bedrohung mit einer rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert. Hierauf droht Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Das bisherige Strafmaß bei der Bedrohung mit einem Verbrechen wurde von Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe erhöht. Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe ist vorgesehen, wenn die Bedrohung öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Abs. 3) begangen wird.

Große soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter müssen nach einer Übergangsphase Morddrohungen, volksverhetzende Äußerungen und andere strafbare Inhalte nicht nur löschen, sondern auch dem BKA zur Strafverfolgung melden. Zur Feststellung von Tätern müssen sie zudem die IP-Adresse weitergeben. Im Falle besonders schwerer Straftaten wie etwa von Tötungsdelikten sollen sie aufgrund Richterbeschluss auch Passwörter herausgeben müssen. Das BKA rechnet mit 250.000 Meldungen pro Jahr. Aufgrund der deshalb notwendigen Umstellung gelten die genannten Pflichten deshalb erst ab dem Februar 2022.

Neuer Anlauf bei der Bestandsdatenauskunft

Ebenfalls kurzfristig zum 2. April 2021 in Kraft getreten sind Regeln zur Bestandsdatenauskunft. Vorherige Regelungen hatte das Bundesverfassungsgericht am 27. Mai 2020 für verfassungswidrig erklärt und eine Neuregelung verlangt (Az.: 1 BvR 1873/13, 1 BvR 2618/13). Diese verletzten die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf Wahrung des Telekommunikationsgeheimnisses.

Die geplante Neuregelung war zwischen Bundestag und Bundesrat zunächst umstritten. Auch der Bundespräsident unterschrieb das Gesetz aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken erst am 30. März 2021.

Der Bundesrat stimmte dem nach einem Kompromiss zwischen Bundestag und Bundesrat angepassten Gesetz nun zu. Insbesondere die Möglichkeiten zur Passwortherausgabe wurden begrenzt. Diese kommt nur noch bei bestimmten besonders schwerwiegenden Straftaten in Betracht nach § 100j Abs. 1 Nr. 2 Strafprozessordnung in Verbindung mit § 100b Strafprozessordnung. Als besonders schwerwiegende Straftaten gelten danach beispielsweise Hochverrat, Mord, Totschlag und Straftaten im Zusammenhang mit kinderpornografischen Inhalten. Eine Pflicht zur unverschlüsselten Passwortspeicherung für Anbieter besteht nicht. Nach Mitteilung an eine Datenschutzbehörde sind jedoch auch gehashte Passworter herauszugeben.

Auch der mögliche Abruf von Nutzungsdaten wie besuchter URLs oder der Kommunikation in sozialen Netzwerken ist auf Zwecke zur Verfolgung von Straftaten beschränkt worden. Zuvor sollte das auch bei schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten möglich sein. Gesetzliche Grundlage dafür ist nun der § 100k Strafprozessordnung.

(GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com/Alexander Kirch

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