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Gesetzesänderungen im August 2022: Digitale Unternehmensgründung und mehr

  • 4 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

Digitale Unternehmensgründung und weitere Erleicherungen

Wer in Deutschland ein Unternehmen gründen will, dem begegnen einige angesichts der digitalen Möglichkeiten unzeitgemäß erscheinende Anforderungen. Ab August ändert sich das teilweise. Zudem wird die vorgeschriebene Offenlegung von Unternehmensinformationen erleichert. Grundlage dafür ist die EU-Digitalisierungsrichtlinie. Danach mussten die EU-Länder und damit auch Deutschland insbesondere ihr Gesellschaftsrecht ändern.

Die wichtigsten Änderungen sind:

  • Die Online-Gründung einer GmbH bzw. einer UG im Wege der Bargründung ist künftig durch notarielle Beurkundung mit einer eID – die z.B. ein ePerso mit Online-Ausweisfunktion ermöglicht – zusammen mit einem speziellen Videokonferenzsystem der Bundesnotarkammer möglich. Das soll Manipulationen verhindern. Ab August 2023 soll die Online-Gründung zudem auch im Falle einer Sachgründung möglich sein.
  • Die Handelsregisteranmeldung kann künftig ebenfalls im Videoverfahren erfolgen für alle Rechtsformen von Kapitalgesellschaften, also für GmbH, UG, AG und KGaA sowie für Einzelkaufleute.
  • Die Bekanntmachung offenlegungspflichtiger Informationen erfolgt bald über das Unternehmensregister und nicht mehr über den Bundesanzeiger und anderen Amtsblättern oder Portalen. Dabei gilt grundsätzlich, dass die Offenlegung bei Geschäftsjahresbeginn vor dem Jahr 2022 noch im Bundesanzeiger erfolgt. Unabhängig davon erfolgen Mitteilungen an die Website https://publikations-plattform.de/.

Für Arbeitsverträge gelten neue Anforderungen

Das Nachweisgesetz stellt ab August neue Anforderungen an Arbeitsverträge. Arbeitgeber müssen darauf achten, dass ihre Verträge mit ab August neu eingestellten Mitarbeitern weitere Pflichtangaben enthalten. Welche das sind, nennt der geänderte § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz. Arbeitnehmer sollen dadurch zeitnah und umfassend über ihre wesentlichen Arbeitsbedingungen informiert werden.

Die Fristen, bis wann ab August neu eingestellte Mitarbeiter diese Informationen erhalten müssen, verkürzen sich zudem. Die Niederschrift müssen sie nun bereits am ersten Arbeitstag ausgehändigt bekommen. Mit Blick auf weitere geforderte Informationen muss das innerhalb von sieben Tagen erfolgen. Für die neuen Information bereits vor August beschäftigter Arbeitnehmer gilt dagegen eine Frist von sieben Tagen nur dann, wenn sie den Arbeitgeber dazu besonders auffordern.

Die wesentlichen Arbeitsbedingungen sind schriftlich festzuhalten, vom Arbeitgeber zu unterschreiben und dem Mitarbeiter auszuhändigen. Die Mitteilung in digitaler Form ist damit weiterhin gesetzlich ausgeschlossen. Insbesondere eine Mitteilung per E-Mail genügt damit nicht. Für Verstöße gegen diese und weitere Vorgaben des Nachweisgesetzes drohen nun zudem im Einzelfall Bußgelder von bis zu 2.000 Euro.

BAföG-Verbesserungen in verschiedener Hinsicht

Die BAföG-Höhe und die Voraussetzungen zum BAföG-Erhalt ändern sich durch das ab August geänderte Bundesausbildungsförderungsgesetz. Für neue BAföG-Bewilligungen gelten die neuen Regeln bereits ab August beziehungsweise ab September. Alle weiteren BAföG-Empfänger profitieren ab Oktober mit dem beginnenden Wintersemester 2022/2023 von den Änderungen.

Die BAföG-Sätze steigen um durchschnittlich 5,75 Prozent. Der monatliche Grundbedarf steigt etwa um 25 Euro auf 452 Euro. Der Kinderzuschlag pro Kind liegt künftig bei 160 Euro. Der auswärtige Unterkunftsbedarf für nicht mehr bei ihren Eltern wohnende BAföG-Berechtigte steigt sogar um fast 11 Prozent von monatlich 325 Euro auf 390 Euro. Bei den sogenannten Elternwohnern sind es nur 3 Euro mehr, wodurch dieser künftig 59 Euro beträgt.

Die Altersgrenzen für die BAföG-Berechtigung wurden erheblich erweitert auf einheitlich 45 Jahre bei Studienbeginn. Zuvor war bereits bei 30 Jahren zum Beginn eines Bachelor-Studiums bzw. 35 Jahre bei Beginn eines Master-Studiums BAföG ausgeschlossen.

Damit einhergeht eine Erhöhung des bisherigen Vermögensfreibetrags von 8.200 Euro. Für Unverheiratete und Kinderlose unter 30 Jahre beträgt er dann 15.000 Euro. Ab einem Alter von 30 Jahren gilt sogar ein Vermögensfreibetrag von 45.000 Euro. Für Ehepartner und pro Kind gilt ein zusätzlicher Freibetrag von 2.300 Euro. Berechtigte erhalten bis zu dem ihrer persönlichen Situation entsprechenden Freibetrag ungekürztes Bundesausbildungsförderungsgeld.

Eigenes Einkommen aus einem Minijob von künftig bis zu 520 Euro wird nicht auf das BAföG angerechnet. Kinder und Ehepartner erhöhen den Zuverdienst weiter, bevor es zu einer BAföG-Kürzung kommt. Auch die Grenzen für das die BAföG-Höhe bestimmende Elterneinkommen steigen um 20,75 Prozent. Vereinfacht und in Zahlen ausgedrückt beeinflusst es diese künftig erst ab einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.400 Euro.

Weitere Änderungen betreffen die Höhe des Auslands-BAföGs, das nun 5.600 Euro für erforderliche Studiengebühren vorsieht. Und nicht zuletzt ist eine eigenhändige Unterschrift des Antrags keine zwingende Voraussetzung mehr für dessen Anerkennung. Es genügt, dass der Antragsteller erkennbar ist.

BRAO-Reform eröffnet neue Möglichkeiten

Das anwaltliche Berufsrecht wird gelockert. Die große BRAO-Reform erlaubt ab August den Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei in allen Rechtsformen, die das deutsche Recht kennt. Damit ist künftig unter anderem eine Rechtsanwalts-GmbH möglich.

Darüber hinaus erleichtert die BRAO den Zusammenschluss mit Angehörigen anderer freier Berufe wie etwa mit Steuerberatern. Damit einhergeht die Einführung der zulassungspflichtigen Berufsausübungsgesellschaft. Diese ist statt der einzelnen Mitglieder selbst Trägerin von Rechten und Pflichten und bedarf einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung.

Zudem wird jede Berufsausübungsgesellschaft verpflichtet, einen eigenen beA-Zugang zu unterhalten. Dieser Gesellschaftspostfach existiert zusätzlich zu den beA-Konten der einzelnen Rechtsanwälte. Auf freiwilliger Basis ermöglicht werden zudem eigene beA-Accounts für Zweigstellen und weitere Standorte.

Hauptverhandlungen vor dem Anwaltsgericht sind künftig öffentlich. Der § 135 BRAO, der das bisher ausgeschlossen hat, entfällt. Die Öffentlichkeit ist damit auch zuzulassen, wenn über das Fehlverhalten von Rechtsanwälten entschieden wird.

Wer sich als Rechtsanwalt ab August 2022 neu zulassen will, muss Kenntnisse im Berufsrecht nachweisen. Konkret verlangt die BRAO den Nachweis von mindestens zehn Zeitstunden innerhalb des ersten Jahres nach der Zulassung. Für bereits vor August zugelassene Rechtsanwälte gilt das nicht.

(GUE)

Foto(s): ©Pixabay/goumbik

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