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GmbH-Geschäftsführer in der Betriebsprüfung der Rentenversicherung

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Das Bundessozialgericht hat in den letzten Jahren seine Rechtsprechung zur Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern mehrfach präzisiert. Dies hat Folgen für viele Betriebe, die den Status ihrer Geschäftsführer nicht überprüft und keine Anpassungen des Gesellschaftsvertrags vorgenommen haben.

Gesellschafter mir gleichen Anteilen

Besonders betroffen sind Konstellationen, in denen mehr als zwei Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils gleiche Anteile (z. B. dreimal 33,33 % oder viermal 25 %) halten und keiner der Geschäftsführer über eine Sperrminorität verfügt. In der Vergangenheit gingen die Sozialgerichte in Einzelentscheidungen häufig davon aus, dass bei dieser Konstellation keine Sozialversicherungspflicht besteht, weil es keinen typischen Interessengegensatz zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gebe. Auch die Rentenversicherungsträger erkannten bei dieser Konstellation in der Regel eine Selbstständigkeit der Geschäftsführer an.

Aktuelle BSG-Rechtsprechung

Inzwischen hat sich der Wind gedreht: Das BSG hat z. B. in einem Urteil vom 14.03.2018 (B 12 R 5/16 R) klargestellt, dass ein GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer, der keine Kapitalmehrheit an der Gesellschaft hält, nur dann selbstständig ist, wenn er über eine umfassende, sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft umfassende Sperrminorität verfügt und diese Regelungen ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag enthalten sind. Es reicht nicht mehr aus, dass die Gesellschafter untereinander privatschriftliche Zusatzvereinbarungen treffen, sofern diese nicht im Gesellschaftsvertrag enthalten sind. In dem Urteil heißt es:

„Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 vH der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 vH der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine „unechte“, auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln“ (Hervorhebung durch den Verfasser)

BSG – Urteil vom 14.03.2018 – B 12 R 5/16 R 

Es reicht also auch nicht mehr aus, die Sperrminorität auf einzelne Geschäfte oder Gegenstände zu beschränken. Diese Klarstellungen des BSG sind einerseits zu begrüßen, da sie Rechtssicherheit schaffen. Andererseits nehmen die Prüfdienste der Rentenversicherung diese Rechtsprechung zum Anlass, rückwirkende Beitragsforderungen zu erheben, sofern Gesellschafter, die vormals als selbstständig galten, den Gesellschaftsvertrag nicht angepasst bzw. aufgrund der neuen Rechtsprechung keine Meldung zur Sozialversicherung vorgenommen haben. Konkret bedeutet dies, dass Gesellschafter-Geschäftsführer in den vorgenannten Konstellationen, die nicht über eine Sperrminorität verfügen, nunmehr als abhängig beschäftigt und damit als beitragspflichtig gelten. Dies führt, wie wir in unserer Praxis mehrfach erlebt haben, zu Beitragsnachforderungen für in der Regel vier Jahre. Die Forderungen können leicht einen sechsstelligen Betrag erreichen. Vertrauensschutz wird nicht gewährt.

Handlungsempfehlungen

Die Entscheidungen der Prüfdienste sind nach unserer Einschätzung dem Grunde nach in der Regel zutreffend. Allerdings sollte jeder betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer prüfen, ob nicht in der Vergangenheit in einem anderen Zusammenhang Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status getroffen wurden. Dies muss nicht zwingend im Rahmen einer Betriebsprüfung geschehen sein. Auch die Krankenkassen treffen z. B. im Rahmen der Zulassung zur freiwilligen Krankenversicherung Statusentscheidungen. Eine andere Variante kann die Zulassung zur freiwilligen Rentenversicherung sein, bei der die Selbstständigkeit als rechtliche Voraussetzung anerkannt worden ist. Solche Statusentscheidungen können, auch wenn sie mit der neuen Rechtsprechung nicht übereinstimmen, nach unserer Erfahrung von der DRV anerkannt werden.

Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


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