Grundstückskaufvertrag: Was passiert, wenn der Vertreter nicht bevollmächtigt ist?

  • 3 Minuten Lesezeit
Viele Häuser in einer Wohnsiedlung

Ein Kaufvertrag für ein Grundstück wird oft von rechtlichen Feinheiten begleitet. Doch was geschieht, wenn einer der Vertragsparteien - sei es der Käufer oder der Verkäufer - durch einen Vertreter handelt, der nicht bevollmächtigt ist? Ein interessantes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. Mai 2022 (V ZR 282/20) wirft Licht auf diese Frage und zeigt die Komplexität solcher Rechtsfragen auf.

Der vor Gericht verhandelte Fall drehte sich um den Verkauf eines Grundstücks, bei dem sowohl der Käufer als auch der Verkäufer durch vollmachtlose Vertreter vertreten waren. Der Vertrag wurde abgeschlossen, jedoch stellte sich später heraus, dass die Angaben über die Wohnfläche des Gebäudes nicht korrekt waren. Dies führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung über die Gültigkeit des Vertrags und die Haftung für die fehlerhaften Angaben.

Hier ist der Knackpunkt: Wann genau gelten die Mängelkenntnisse des Käufers als maßgeblich für den Vertragsschluss?

Gemäß § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Rechte des Käufers bezüglich eines Mangels ausgeschlossen, den er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kannte. Doch bei einem Kaufvertrag, der durch einen vollmachtlosen Vertreter abgeschlossen wird, ist die Situation etwas komplexer.

Der BGH entschied, dass für die Kenntnis des Käufers vom Mangel maßgeblich ist, wann die Genehmigungserklärung abgegeben wurde. Solange diese Erklärung nicht in den Verkehr gebracht wurde, muss der Käufer auch neu gewonnene Kenntnisse über Mängel der Kaufsache gegen sich gelten lassen. Dies bedeutet, dass selbst wenn der Käufer nach der Unterzeichnung des Vertrags von Mängeln erfährt, er dennoch an den Vertrag gebunden sein kann, wenn die Genehmigungserklärung noch nicht in den Verkehr gebracht wurde.

In dem konkreten Fall hatte der Käufer erst nach Abgabe seiner Genehmigungserklärung Kenntnis von den Mängeln erlangt. Da der Vertrag zu diesem Zeitpunkt bereits schwebend unwirksam war, konnte er nicht mehr rückgängig gemacht werden. Somit war der Käufer an den Vertrag gebunden, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte, ihn aufgrund der Mängel abzulehnen.

Dieses Urteil unterstreicht einmal mehr wie wichtig es ist, sich vor Abschluss eines Immobilienkaufvertrages über mögliche Mängel zu informieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

Neben der rechtlichen Dimension wirft dieser Fall zahlreiche interessante Fragen auf. Was ist die Verantwortung eines Verkäufers oder Maklers, wenn er von Mängeln weiß, aber dennoch einen Vertrag abschließt? Und wie weit reicht die Sorgfaltspflicht eines Käufers, um sicherzustellen, dass alle Angaben korrekt sind? 

Die Komplexität des Falles wird weiter verdeutlicht, wenn man die Rolle der Vertreter betrachtet. Wenn ein Vertreter nicht bevollmächtigt ist, können sich zusätzliche Schwierigkeiten ergeben. In solchen Fällen ist es besonders wichtig, sich anwaltliche Unterstützung zu nehmen, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

Dieses Urteil des BGH zeigt aber auch die Notwendigkeit einer klaren Kommunikation zwischen den Parteien eines Kaufvertrags. Es ist entscheidend, dass alle relevanten Informationen offen gelegt werden und dass beide Seiten die Möglichkeit haben, den Vertrag unter Berücksichtigung aller Fakten abzuschließen. Nur so können Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.

Immobilienkaufverträge sind keine einfachen Angelegenheiten

Insgesamt verdeutlicht dieser Fall die Komplexität von Grundstückskaufverträgen und die Notwendigkeit einer gründlichen Prüfung aller rechtlichen Aspekte. Immobilienkaufverträge sind keine einfachen Angelegenheiten und erfordern oft die Unterstützung von Fachleuten wie Anwälten für Immobilienrecht, um sicherzustellen, dass alle Parteien ihre Rechte und Pflichten verstehen und geschützt sind.

Foto(s): Titelbild von Henning auf Pixabay

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Janina Werner

Beiträge zum Thema