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Haftung des Architekten – alles reine Gefälligkeit, aber mit voller Haftung!

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1. Zum Fall

Der beklagte Architekt war seiner Arbeitskollegin und deren Miteigentümerin bei einem Bauvorhaben behilflich. Ohne Architektenvertrag entfaltete der Architekt Tätigkeiten bei der Planung des Bauvorhabens, bei der Vergabe der Aufträge an Bauunternehmer und bei der Bauüberwachung. Die Leistungen wurden vom Architekten nicht abgerechnet; er erhielt an seinem Geburtstag von den Bauherrinnen jeweils 250 Euro, sowie per Überweisung noch einmal 600 Euro.  In einem vorangegangenen selbstständigen Beweisverfahren stellte ein Sachverständiger erhebliche Mängel u. A. an der Wärmedämmung des Fußbodenaufbaus, das Fehlen eines Drainagespülschachtes und eine mangelhafte vertikale Bauwerksabdichtung fest.

Nun verlangen die Bauherrinnen Schadensersatz  in Höhe von 44.300 Euro.

Der beklagte Architekt wendet ein, er sei nur aus reiner Gefälligkeit ohne Rechtsbindungswillen tätig geworden. Es sei eine reine Schenkung, und deshalb könne er auch nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haften und ihm sei lediglich einfache Fahrlässigkeit anzulasten.

2. Die Entscheidung

Das OLG Frankfurt a. M. teilt die Auffassung des Architekten nicht und verkündet wichtige Grundsätze zur Abgrenzung Gefälligkeit / rechtsverbindlicher Architektenvertrag (OLG Frankfurt Urteil vom 29.09.2010 -  15 U 63/08).

a. Entscheidend für diese Abgrenzung ist, wie sich das Verhalten der Beteiligten bei Würdigung aller Umstände einem objektiven Beurteiler darstellt.

b. Zu würdigen sind die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Sache, insbesondere für den Begünstigten, ferner Art, Grund und Zweck der Gefälligkeit, sowie die Interessenlage.

c. Eine vertragliche Bindung liegt nahe, wenn der Begünstigte sich erkennbar auf die Zusage verlässt und für ihn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen.

d. Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Planung, Vergabe und Bauüberwachung werden üblicherweise nicht nur völlig unverbindlich und gefälligkeitshalber übernommen.

e. Zwar sei ein Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit in den Fällen denkbar, in denen der Gläubiger eine dahingehende Forderung des Schuldners billigerweise nicht hätte ablehnen dürfen. Hiervon kann aber wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung der Leistungen für die Bauherrinnen nicht ausgegangen werden, so dass ein Haftungsausschluss nicht in Betracht kommt.

f. Eine Schenkung kommt nicht in Betracht, da die Parteien ihr Vertragsverhältnis gar nicht als Schenkung verstanden haben.

g. Im Ergebnis haftet der Architekt dem Grunde nach unbeschränkt in voller Höhe.

3. Rechtsanwalt Roland Faust empfiehlt

Architekten sollten stets für eine klare und angemessene Vertragsgrundlage sorgen, die insbesondere den Umfang der Tätigkeit, die Ziele der Bauherren und die Vergütung für die Leistungen regeln muss. Tätigkeiten „aus reiner Gefälligkeit„ auch zugunsten von bekannten Personen aus reiner Hilfsbereitschaft sollten besser unterbleiben. Denn wenn mal etwas schief geht, rufen die Bauherren als erstes nach der vollen Haftung des Architekten. Und das ist auch ihr „gutes Recht". Die Rechtsprechung erkennt fast immer auf einen rechtsverbindlichen Architektenvertrag und dem Grunde nach auf eine volle Haftung des Architekten.

Autor:

Rechtsanwalt Roland Faust

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht


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