Haftung von Unternehmen für Schäden infolge des Corona-Virus

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III. Aktuelle FAQs zur Rechtslage bei Schäden infolge des Corona-Virus?

1.  Was gilt, wenn wir infolge eines Lieferengpasses an Zulieferteilen selbst nicht liefern können?

a. Internationale Lieferverträge mit Force Majeure-Klauseln

Zunächst ist zu klären, ob die Verbreitung des Corona-Virus ein Force Majeure-Ereignis ist. Dies muss einzelfallabhängig anhand der jeweiligen Vertragsklausel erfolgen. Es spricht jedoch viel dafür, dass sich die derzeitige Situation in der sich das Virus epidemisch verbreitet, als ein von den Klauseln erfasstes Force Majeure- Ereignis subsumieren lässt.

Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die Auslegung der Force Majeure-Klauseln maßgeblich durch das auf den Vertrag anwendbare Recht geprägt wird.

Sollte der Vertrag nach deutschem Recht zu bewerten sein, ist unter Zugrundelegung der deutschen Rechtsprechung und Kommentarliteratur davon auszugehen, dass Epidemien einen Fall der höheren Gewalt darstellen können.

Für die weitere Betrachtung sind verschiedene Szenarien zu differenzieren:

Beziehen Sie als hiesiger Kunde von einem chinesischen Lieferanten eine Sonderanfertigung und ist das Lieferwerk aufgrund behördlicher Anordnung wegen des Corona-Virus geschlossen, liegt nahe, dass sich der chinesische Lieferant Ihnen gegenüber auf Force Majeure berufen kann.

Anders kann sich die Rechtslage indes für Sie als deutschen Kunden darstellen. Benötigen Sie für die von Ihnen hergestellten Produkte eben jenes Lieferteil, aber sind Sie infolge der fehlenden Belieferung nicht in der Lage, Ihre Kunden zu beliefern, ist fraglich, ob Sie sich gegenüber Ihren Kunden ebenfalls auf Force Majeure berufen können. Dies zumal deshalb, da das Force Majeure-Ereignis bei genauer Betrachtung nicht direkt bei Ihnen, sondern nur bei Ihrem Sublieferanten eintritt. 

Sollte das Produkt infolge des Ausfalls des Sublieferanten überhaupt nicht mehr verfügbar sein, könnten auch Sie sich gegenüber Ihren Kunden mit Erfolg auf Force Majeure berufen.

Wichtig ist dann, dass Sie in der Folge den formalen Pflichten gegenüber Ihrem Kunden nachkommen und diesen entsprechend informieren.

Sind indes auf dem Markt vergleichbare Produkte erhältlich, wenn auch zu einem deutlich höheren Preis, ist es Ihnen nicht möglich, für sich Force Majeure geltend zu machen. Grund hierfür ist, dass nach deutschem Recht der Verkäufer das Beschaffungsrisiko trägt. Dies gilt umso mehr, falls Sie vertraglich eine Verpflichtung übernommen haben, die Belieferung Ihres Kunden jederzeit sicher zu stellen. Falls Sie eine derartige Liefergarantie übernommen haben, scheidet eine Berufung auf Force Majeure aus, wenn Sie nicht weitgehende Maßnahmen zur Sicherstellung der Lieferung unternommen haben.

b. Beurteilung nach deutschen Recht ohne Force Majeure-Klausel

Wie bereits gesagt, kommt aufgrund des Fehlens der Force Majeure im deutschen Recht das gesetzliche Instrumentarium des Leistungsstörungsrechts zum Einsatz.

Für die Frage, wie sich die rechtliche Situation des von einem Lieferausfall bedrohten deutschen Unternehmen gegenüber seinen Kunden darstellt, kommt es hier zunächst darauf an, ob die Nichtlieferung dem Lieferanten objektiv unmöglich ist. Handelt es sich um ein nicht anderweitig verfügbares Produkt, liegt ein Fall der objektiven Unmöglichkeit vor, die zur Leistungsbefreiung führt.

Trifft Sie als Lieferant hinsichtlich der Unmöglichkeit der Lieferung kein Verschulden, sind Sie nicht zum Schadensersatzpflicht verpflichtet.

Anders ist es, wenn das Produkt bzw. ein vergleichbares z. B. über andere Quellen, alternative Transportwege oder eine alternative Fertigung zu beziehen ist. Aufgrund des Sie treffenden Beschaffungsrisikos ist die einhellige Meinung in der Judikatur, dass es für Sie als Lieferanten zumutbar sei, auch erhebliche Mehraufwendungen z. B. durch alternative Bezugsquellen oder Transportmittel (Luftfracht statt Seefracht) zu tätigen. Bei besonders weitreichenden und von keiner Partei vorhersehbaren Änderungen, ist ggf. eine Anpassung des Vertrags nach den Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage denkbar.

Ratsam ist daher frühzeitig zu klären, ob und unter welche (finanziellen) Voraussetzungen ein Second oder Multi-Sourcing möglich ist.

Fazit: Nationale wie internationale Verträge haben einen unterschiedlichen Ansatz wie Fälle der höheren Gewalt gelöst werden. Dies erfolgt entweder über explizite Force Majeure-Klauseln oder dem gesetzlichen Leistungsstörungsrecht. Die Ergebnisse sind häufig ähnlich. Ein Fehlglaube wäre es, sich darauf zu verlassen, dass deutsche Lieferanten, die von einem Lieferausfall einer Komponente infolge des Corona-Virus betroffen sind, sich in jedem Fall gegenüber ihren Kunden mit Erfolg auf Force Majeure bzw. Unmöglichkeit der Leistungserbringung berufen können.

Eine genaue Einzelfallprüfung der Sach- und Rechtslage ist unumgänglich


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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