Handelsvertreter und Vertragshändler in Spanien – Verträge nach spanischem Handelsvertreterrecht

  • 7 Minuten Lesezeit

Für Unternehmen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich ist Spanien ein attraktiver Markt für den Vertrieb und Verkauf ihrer Produkte.

Fast 45 Millionen Konsumenten verfügen über eine enorme Kaufkraft. Trotz andauernder Wirtschaftskrise ist die Konsumneigung in weiten Teilen der Bevölkerung weiterhin stark ausgeprägt. Zudem bilden die in Spanien ansässigen Ausländer sowie die hohe Anzahl der Touristen, die das Land besuchen, eine wirtschaftlich potente Zielgruppe. Hinzu kommt, dass Waren und Dienstleistungen aus Deutschland und den deutschsprachigen Ländern in Spanien eine hohe Wertschätzung genießen. Produkte zum Beispiel mit dem Label „Made in Germany” werden in Spanien hochgeschätzt und gerne nachgefragt.

Die Vermarktung von Waren und Dienstleistungen erfolgt auch in Spanien in vielen Branchen über Handelsvertreter. Der Einsatz von Handelsvertretern kann sehr schnell und vergleichsweise kostengünstig erfolgen. Für viele ausländische Unternehmen ist die Einschaltung von Handelsvertretern oftmals der erste Schritt auf den spanischen Markt. Ist dort ein Unternehmen mit seinen Produkten und Marken einmal etabliert, können nachfolgend oder bereits parallel eigene Strukturen, z. B. ein firmeneigenes Vertriebsnetz, aufgebaut werden.

Wer Handelsvertreter in Spanien beschäftigen möchte, muss sich natürlich mit dem spanischen Handelsvertreterrecht vertraut machen. Der spanische Gesetzgeber hat im Jahre 1992 ein eigenes Handelsvertretergesetz (Ley 1992/92 de 27 de mayo, sobre Contrato de Agencia, nachstehend auch als „LCA” bezeichnet) in Kraft gesetzt. Mit diesem Handelsvertretergesetz wurden in Spanien die Vorgaben der EU-Handelsvertreter-Richtlinie in das nationale Recht umgesetzt.

Das LCA regelt seinem Wortlaut nach das Recht der Handelsvertreter, die in Spanien tätig sind.

Allerdings werden die Vorschriften des LCA in weiten Teilen auch auf das Recht der spanischen Vertragshändler (Contrato de Concesión Mercantil) entsprechend angewandt. Für Vertragshändler gibt es in Spanien kein eigenes Gesetz wie für den Handelsvertreter. Bei der analogen Anwendung des LCA auf Vertragshändler sind allerdings die strukturellen Unterschiede von Handelsvertreter- und Vertragshändlervertrag zu beachten.

Während der Handelsvertreter Geschäfte im Namen eines Auftraggebers/Unternehmens abschließt bzw. den Absatz seines Auftraggebers fördert, verkauft der Vertragshändler in eigenem Namen Waren und Dienstleistungen an seine Kunden. Gleichzeitig besteht zwischen ihm und einem Hersteller eine langfristig angelegte vertragliche Vereinbarung über den Verkauf von Produkten des Herstellers. In diesem Vertrag ist u. a. geregelt, dass der Vertragshändler die Nutzung der Marke des Herstellers z. B. für Werbemaßnahmen gestattet ist. Gleichzeitig regelt ein solcher Vertrag aber auch Pflichten des Vertragshändlers im Hinblick auf die Präsentation der Ware und die Erbringung von Zusatzleistungen. Bei einem Auto-, Maschinen- oder Sanitärwarenhändler oder einem Juwelier könnte dies z. B. die Einrichtung einer Werkstatt betreffen, damit dort Wartungs- und Reparaturmaßnahmen nach vom Hersteller vorgegebenen Standards durchgeführt werden können. Im Ergebnis sichert ein Hersteller durch Abschluss von Vertragshändlerverträgen in Spanien nicht nur den Absatz der eigenen Produkte, sondern auch eigene Standards im Hinblick auf die Warenpräsentation und dazugehörige Serviceleistungen.

Nachstehend sind die wichtigsten Regelungen des spanischen Handelsvertretergesetzes (LCA) kurz zusammengefasst.

  • Vertragsschluss:

Ein Handelsvertretervertrag kann in Spanien grundsätzlich formfrei – also auch mündlich oder stillschweigend – wirksam geschlossen werden. Gleichwohl empfiehlt es sich, einen Handelsvertretervertrag immer schriftlich zu dokumentieren, um den Inhalt der Vereinbarung belegen oder beweisen zu können. Der Vertrag sollte in spanischer Sprache abgefasst sein. In der Praxis nicht unüblich sind zweisprachige – spanisch/deutsche – Vertragstexte, wobei im Vertrag deutlich vermerkt werden sollte, dass die spanischsprachige Version die rechtlich verbindliche Fassung ist. Handelsvertreterverträge können in Spanien sowohl befristet wie unbefristet abgeschlossen werden. Eine außerordentliche Kündigung ist in beiden Konstellationen möglich, namentlich in den Fällen einer groben Vertragsverletzung durch eine der Vertragsparteien.

  • Pflichten des Handelsvertreters:

Der Handelsvertreter ist verpflichtet, den Absatz für den Unternehmer zu fördern (Artikel 5 LCA). Dies schließt nicht nur den Abschluss von Geschäften, sondern auch Marketingaktivitäten und den Aufbau von Vertriebsstrukturen ein. Der spanische Handelsvertreter unterliegt in eingeschränktem Umfang den Weisungen des Unternehmers, wobei dabei jedoch die Unabhängigkeit des Handelsvertreters als selbstständiger Unternehmer nicht in Frage gestellt werden darf.

Der Handelsvertreter hat sich gegenüber dem Unternehmer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben loyal zu verhalten (Artikel 9 LCA). Grundsätzlich ist der Handelsvertreter verpflichtet, seine Aufgaben selbst, also höchstpersönlich, wahrzunehmen. Der Handelsvertreter kann auch sogenannte Untervertreter beschäftigen, sofern ihm dies vertraglich gestattet ist. Nach spanischem Recht kann ein Handelsvertreter für mehrere Unternehmen tätig werden, sofern dies vertraglich entsprechend vereinbart wurde. Im Zweifel sollte die Einwilligung des Unternehmers in Schriftform eingeholt werden, für den der Handelsvertreter bereits tätig ist.

Die Vereinbarung einer – zeitlich begrenzten – Einschränkung der Berufsausübung des Handelsvertreters nach Beendigung des Handelsvertretervertrages (Wettbewerbsverbot) ist im Rahmen der Vorgaben der Artikel 20, 21 LCA zulässig und in der Praxis weitverbreitet.

  • Pflichten des Unternehmers:

Die wesentliche Pflicht des Unternehmers ist Zahlung der vereinbarten Vergütung. Diese besteht regelmäßig aus einem variablen Element, der Provision für abgeschlossene Geschäfte, kann aber auch Vergütungsbestandteile enthalten, die den Charakter einer fixen Geldzahlung haben. Letzteres kommt in der Praxis oft dann zum Tragen, wenn ein Handelsvertreter eine Marke oder ein Produkt im Interesse des Unternehmers in Spanien zunächst einmal etablieren soll. Die Festvergütung kompensiert in diesem Fall also die geleistete Aufbauarbeit des Handelsvertreters. Sofern der Handelsvertreter exklusiv für ein bestimmtes Gebiet oder eine spezifische Kundengruppe zuständig ist, erhält er seine Provision, ohne dass ein konkreter Nachweis einer Vermittlungstätigkeit erforderlich wäre.

  • Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach Vertragsbeendigung:

Das spanische Handelsvertretergesetz sieht vor, dass dem Handelsvertreter nach Ablauf des Handelsvertretervertrags ein Ausgleichsanspruch und unter Umständen auch ein Schadensersatzanspruch zusteht (Artikel 28, 29 LCA). Diese Ansprüche sind in weiten Teilen ähnlich ausgestaltet wie die Ausgleichsansprüche, die das deutsche (§ 89b HGB), das schweizerische (,Kundschaftsentschädigung' nach Artikel 418u OR) und das österreichische Handelsvertreterrecht (§ 24HVertrG) vorsehen. Wie in den genannten deutschsprachigen Ländern kann dieser Ausgleichsanspruch auch in Spanien vertraglich nicht wirksam ausgeschlossen oder beschränkt werden.

Gleichwohl ist zu beachten, dass der Ausgleichsanspruch in Spanien nur dann besteht, wenn und soweit der Unternehmer durch die Tätigkeit des Handelsvertreters tatsächlich geschäftliche Vorteile erhält, die auch nach Beendigung des Handelsvertretervertrags fortbestehen. Zudem kann vertragswidriges Verhalten des Handelsvertreters dazu führen, dass er den Ausgleichsanspruch teilweise oder gänzlich verliert. Der Höhe nach ist der Ausgleichsanspruch auf die durchschnittliche Jahresvergütung der letzten fünf Jahre beschränkt. In der spanischen Gerichtspraxis wird der Ausgleichsanspruch des spanischen Handelsvertreters oftmals signifikant beschränkt bzw. vom Gericht reduziert. Dies gilt zum Beispiel in den Fällen, in denen der Unternehmer glaubhaft und substantiiert darlegen kann, dass die Reputation und der Bekanntheitsgrad einer bestehenden Marke signifikant zum Verkaufserfolg des spanischen Handelsvertreters beigetragen hat.

  • Anwendbares Recht/Gerichtsstand/Schiedsvereinbarung:

Fehlt eine Vereinbarung über das auf den Handelsvertretervertrag anzuwendende Recht, gilt das Recht des Staates, in dem der Handelsvertreter seine geschäftliche Niederlassung hat. Der Vertrag mit einem in Spanien tätigen Handelsvertreter unterliegt also grundsätzlich dem spanischen Handelsvertreterrecht. Gleichwohl können die Parteien wirksam eine Rechtswahl-Vereinbarung treffen. So kann ein deutsches Unternehmen mit einem spanischen Handelsvertreter die Anwendbarkeit des deutschen Rechts vereinbaren. Zu beachten ist, dass in diesem Fall allein durch die Rechtswahl nicht die zwingenden Regelungen des spanischen Handelsvertretergesetzes unterlaufen werden können.

Bei Streitigkeiten aus dem Handelsvertretervertrag ist grundsätzlich das am Wohnsitz des Handelsvertreters befindliche Gericht zuständig. Eine vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung außerhalb von Spanien ist möglich, sofern ein internationaler bzw. grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Ein deutsches Unternehmen kann somit mit einem spanischen Handelsvertreter einen Gerichtsstand in Deutschland vereinbaren. Gesetzliche Grundlage für eine solche Gerichtsstandsvereinbarung ist der Artikel 23 EuGGVO.

Schiedsvereinbarungen unter Festlegung eines Schiedsorts sind bei Handelsvertreterverträgen möglich. Im Einzelfall ist genau abzuwägen, ob eine solche Vereinbarung sinnvoll ist. Zweifelsohne bieten Schiedsverfahren den Parteien oftmals Vorteile wie die Vertraulichkeit und die Entscheidung des Streitfalls durch ein sachverständiges Schiedsorgan. Gegen eine Schiedsvereinbarung sprechen jedoch die vergleichsweise hohen Kosten eines solchen Verfahrens und die bisweilen sehr lange Verfahrensdauer. Hier ist im Einzelfall im Detail zu evaluieren und abzustimmen, ob und ggf. mit welchem Inhalt eine Schiedsvereinbarung getroffen werden sollte.

Rechtstipp:

Die Einschaltung von Handelsvertretern ist in vielen Fällen ein wichtiges und probates Mittel für Vertriebs- und Absatzerfolge in Spanien.

Durch die Umsetzung der EU-Handelsvertreter-Richtlinie hat sich die Rechtslage in Spanien an die gesetzlichen Regelungen in Deutschland und Österreich, aber auch an die in der Schweiz, deutlich angenähert. Die Rechtsprechung des EuGH hat zudem in den letzten beiden Dekaden für weitere Klarheit gesorgt, auch im Verhältnis von Handelsvertreterverträgen, die Bezug zum Nicht-EU-Ausland haben. Gleichwohl bestehen bei spanischen Handelsvertreterverträgen in vielen Detailfragen erhebliche Unterschiede zum Handelsvertreterrecht in Deutschland, der Schweiz oder Österreich. Hier beeinflusst die konkrete Vertragsgestaltung hinsichtlich wirtschaftlich wichtiger Fragen maßgeblich den Erfolg des Unternehmers, der Handelsvertreter involvieren will.

Daher ist es ratsam, dass sich Unternehmen, die in Spanien Handelsvertreter oder Vertragshändler einbinden wollen, vorab gut über die vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten informieren. Dies stellt sicher, dass die abzuschließenden Handelsvertreter- bzw. Vertragshändlerverträge rechtlich wie wirtschaftlich in optimaler Weise ausgestaltet werden können.

In diesem Kontext ist die Einschaltung eines mit dem deutschen, spanischen und internationalen Handelsvertreterrecht versierten Rechtsanwalts ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit in Spanien.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Bernhard Idelmann

Beiträge zum Thema