Herausgabe Behandlungsunterlagen kostenlos!

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Zum Medizinrecht


Der EuGH entscheidet: „Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, umfasst, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten überlassen wird. 


Im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses umfasst das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten überlassen wird.“



Einleitung

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 26.10.2023 (C‑307/22) unsere Meinung vertreten und entschieden, dass Behandlungsunterlagen von Ärzten kostenlos angefordert werden können. Das Problem vieler Rechtsanwälte auf Patientenseite, dass Ärzte unseren Mandanten Kosten auferlegen, ist damit nun endlich behoben. 


Sachverhalt

D befand sich bei F in zahnärztlicher Behandlung. Da D den Verdacht hatte, dass seine Behandlung fehlerhaft erfolgt sei, forderte er F zur unentgeltlichen Herausgabe einer ersten Kopie seiner Patientenakte auf. F teilte D mit, dass sie diesem Antrag nur unter der Bedingung nachkommen werde, dass, wie es nach nationalem Recht vorgesehen sei, D die Kosten für die Zurverfügungstellung der Kopie der Patientenakte übernehme. D erhob daraufhin eine Klage gegen F. 

Im Einzelnen

Im ersten Rechtszug und in der Berufungsinstanz wurde dem Antrag von D auf unentgeltliche Herausgabe einer ersten Kopie seiner Patientenakte stattgegeben. Diese Entscheidungen beruhten auf einer Auslegung der anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften im Licht von Art. 12 Abs. 5 sowie Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO. 

Der mit der Revision von F befasste Bundesgerichtshof (Deutschland) ist der Auffassung, dass die Entscheidung des Rechtsstreits davon abhänge, wie die Bestimmungen der DSGVO auszulegen seien. Dieser stellte fest, dass der Patient nach nationalem Recht eine Kopie seiner Patientenakte erhalten könne, sofern er dem Behandelnden die sich daraus ergebenden Kosten erstatte. Allerdings könnte sich aus Art. 15 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DSGVO ergeben, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche, vorliegend der Behandelnde, verpflichtet sei, dem Patienten eine erste Kopie seiner Patientenakte unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

Der Bundesgerichtshof entschied das Verfahren auszusetzen und dem EuGH drei Fragen zur Vorlage zu geben. 

Erste Frage

Mit seiner ersten Frage wollte der BGH im Wesentlichen wissen, ob Art. 12 Abs. 5 sowie Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO dahin auszulegen sind, dass die Verpflichtung des Verantwortlichen, der betroffenen Person unentgeltlich eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen, auch dann gilt, wenn der betreffende Antrag mit einem anderen als den in Satz 1 des 63. Erwägungsgrundes der DSGVO genannten Zwecken begründet wird.

Der EuGH beantwortete die erste Frage damit, dass Art. 12 Abs. 5 sowie Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO dahin auszulegen sind, dass die Verpflichtung des Verantwortlichen, der betroffenen Person unentgeltlich eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen, auch dann gilt, wenn der betreffende Antrag mit einem anderen als den in Satz 1 des 63. Erwägungsgrundes der DSGVO genannten Zwecken begründet wird.

Zweite Frage 

Mit seiner zweiten Frage möchte der BGH im Wesentlichen wissen, ob Art. 23 Abs. 1 Buchst. i DSGVO dahin auszulegen ist, dass er eine nationale Regelung gestattet, die vor dem Inkrafttreten der DSGVO erlassen wurde und die der betroffenen Person zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen des für die Verarbeitung Verantwortlichen die Kosten für eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand dieser Verarbeitung sind, auferlegt.

Der EuGH beantwortete die Frage damit, dass Art. 23 Abs. 1 Buchst. i DSGVO dahin auszulegen ist, dass eine nationale Regelung, die vor dem Inkrafttreten der DSGVO erlassen wurde, in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen kann. Eine solche Möglichkeit erlaubt es jedoch nicht, eine nationale Regelung zu erlassen, die der betroffenen Person zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Verantwortlichen die Kosten für eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung durch den Verantwortlichen sind, auferlegt.

Dritte Frage

Mit seiner dritten Frage möchte der BGH im Wesentlichen wissen, ob Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, umfasst, dass der betroffenen Person eine vollständige Kopie der in ihrer Patientenakte enthaltenen Dokumente, die ihre personenbezogenen Daten enthalten, überlassen wird, oder ob dieses Recht nur umfasst, dass ihr eine Kopie dieser Daten als solche überlassen wird.

Der EuGH beantwortete die Frage mit der Argumentation, dass Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, umfasst, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten überlassen wird. Dieses Recht setzt voraus, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in der Patientenakte befinden und unter anderem diese Daten enthalten, wenn die Zurverfügungstellung einer solchen Kopie erforderlich ist, um der betroffenen Person die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten zu ermöglichen und die Verständlichkeit der Daten zu gewährleisten. In Bezug auf die Gesundheitsdaten der betroffenen Person schließt dieses Recht jedenfalls das Recht ein, eine Kopie der Daten aus ihrer Patientenakte zu erhalten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu an ihr vorgenommenen Behandlungen oder Eingriffen umfasst.


Fazit

Die Entscheidung bietet endlich Klarheit darüber, was wir bereits lange vertreten haben und stellt klar, dass Patienten von Ärzten Behandlungsunterlagen kostenlos fordern können und Gründe nicht angegeben werden müssen. 


Warum Wir?

Sowohl zweckmäßige Aufklärung als auch die schnelle und effektive Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bedarf Erfahrung sowie einer Spezialisierung oder Fachanwaltschaft im Medizinrecht. 

Diesen Kenntnisstand transparent machen dabei Fachanwaltstitel oder Schwerpunkte der Kanzlei. 

Unsere Medizinrechts-Kanzlei bietet diese Merkmale und verfügt über Erfahrung mit Gutachtern, den Umgang mit Versicherern sowie der Expertise in der Darstellung Ihrer Ansprüche.

Bei Scharffetter & Blanke sind wir Anwälte aus Überzeugung. Wir freuen uns darauf Ihnen zu Ihrem Recht zu verhelfen.

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Rechtsanwalt für Medizinrecht Marco Schneider

Foto(s): Scharffetter & Blanke

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