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Immer Ärger mit tierischen Untermietern?

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Die Tierhaltung in der Mietwohnung ist ein häufiges Streitthema, mit dem sich schon so einige Gerichte beschäftigen mussten. Erbittert wird darum gekämpft, dass „Bello“ oder „Kitty“ mit in die (neue) Wohnung ziehen dürfen. Doch manchmal hat die Wohnung/das Haus mehr tierische Untermieter, als den Mietvertragsparteien bekannt ist – wie z. B. Fledermäuse, Schwalben oder Bienen. Dabei stellt sich die Frage, ob man die Tiere einfach „rauswerfen“ darf oder tatsächlich beherbergen muss.

Artenschutz ist zu beachten

Egal, zu welcher Jahreszeit: Häuser dienen allen möglichen Tierarten hervorragend als Unterschlupf. Bevor man sich aber an ihre Beseitigung macht, sollte man überprüfen, ob sie zu den geschützten Arten gehört. Maßgebliche Regelungen finden sich hier unter anderem im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) oder auch der „Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten“ – kurz: Bundesartenschutzverordnung. Letztere enthält eine Anlage, in der die besonders bzw. streng geschützten Tier- und Pflanzenarten aufgelistet werden.

So ist es etwa verboten, bestimmte Schwalbenarten zu töten oder ihre Nistplätze zu zerstören – dieses Verbot gilt ganzjährig, sofern derselbe Nistplatz wiederholt benutzt wird, etwa wenn der Vogel nach dem Winter zurückkommt. Das bedeutet, man muss sie grundsätzlich unter dem Dach nisten lassen – auch wenn das eventuell für unschöne Hinterlassenschaften auf der Terrasse oder vor dem Hauseingang sorgt. Ferner dürfen die Tiere nicht gestört werden – das Streichen der Hausfassade etwa ist während der Brutzeit also zu unterlassen.

Übrigens: Wer gegen diese Bestimmungen verstößt und z. B. ein Schwalbennest, Hornissennest oder auch Spechtnest eigenmächtig zerstört, begeht eine Ordnungswidrigkeit, vgl. § 69 BNatSchG, und riskiert eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro.

Entfernung im Einzelfall erlaubt

Aber: keine Regel ohne Ausnahme. In bestimmten Fällen können auch geschützte Tierarten „beseitigt“ werden. Das ist unter anderem der Fall, wenn die jeweilige Tierart eine akute (gesundheitliche) Bedrohung für Menschen darstellt und ein „Zusammenleben“ daher nicht möglich ist, etwa weil sich das Nest von Hornissen, Bienen oder einer geschützten Wespenart genau am Fenster eines Kinderzimmers oder Allergikers befindet oder das Nest von geschützten Mäusen in der Wohnung/auf dem Dach liegt.

Doch auch hier gilt: Ein eigenmächtiges Beseitigen ist nicht zulässig. Vielmehr muss man sich eine Ausnahmegenehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde besorgen. Des Weiteren ist es häufig möglich, eine Tötung der Tierarten durch eine Umsiedlung zu vermeiden; so wird z. B. ein Bienennest generell durch einen Imker an einen anderen Ort gebracht, an dem die Insekten niemanden stören.

Zumeist ist ein Zusammenleben der Hauptmieter und ihrer tierischen Untermieter jedoch problemlos möglich. So kann man etwa durch das Anbringen von Fliegengittern verhindern, dass Bienen in die Immobilie fliegen. Auch sollte man nicht barfuß durch den Garten laufen, um zu vermeiden, dass man von den Insekten in die Fußsohle gestochen wird, und man sollte Speisen bzw. Getränke auf der Terrasse oder dem Balkon abdecken und seinen Kindern nach dem Essen den Mund und die Hände waschen. Sofern man etwa ein Schwalbennest unter seinem Dach entdeckt hat, kann man darunter Bretter anbringen, damit die Hinterlassenschaften der Vögel nicht auf dem Boden, sondern auf den Brettern landen.

Sind die Tierarten gesetzlich nicht geschützt, z. B. die Deutsche Schabe, die Hausmaus, das Silberfischchen oder der Hausholzbock, kann man natürlich ohne weitere Zwischenschritte die „Schädlingsbekämpfung“ betreiben.

Tierische Untermieter als Sachmangel?

Mit Ungeziefer muss man innerhalb der Wohnung immer wieder rechnen. So stellen ein paar Ameisen, Fliegen oder Spinnen aber lediglich eine Unannehmlichkeit dar, die vom Mieter einer Wohnung hinzunehmen ist. Ein Ungezieferbefall stellt jedoch einen Sachmangel dar und muss deshalb nicht mehr geduldet werden. Sofern der Mieter jedoch das Ungeziefer eingeschleppt hat – z. B. durch falsche Lagerung von Lebensmitteln oder weil der Müll nicht aus der Wohnung entfernt wurde –, muss er die Kosten für die Beseitigung der tierischen Untermieter selbst tragen und darf keine Miete mindern. Ansonsten ist aber der Vermieter zur „Schädlingsbekämpfung“ verpflichtet.

In einem Fall hatte eine Familie ein Wespennest in einem Rollladenkasten entdeckt und sofort ihren Vermieter angerufen, um ihn zur Beseitigung aufzufordern. Sie konnten ihn aber nicht erreichen und riefen daraufhin die Feuerwehr, die das Wespennest beseitigte. In der Wohnung lebten unter anderem ein Kleinkind und dessen Mutter, die gegen Insektengift allergisch war. Als die Mieter später die Kosten für den Feuerwehreinsatz vom Vermieter ersetzt verlangten, verweigerte der jede Zahlung. Er hätte zuerst informiert werden müssen – ein Zuwarten wäre den Mietern zumutbar gewesen.

Wespennest im Rollladenkasten

Das Amtsgericht (AG) Würzburg verpflichtete den Vermieter zur Übernahme der Kosten für den Feuerwehreinsatz. In der Regel muss ein Mieter einen Mangel an der Mietsache zwar dem Vermieter anzeigen und ihn zur Behebung auffordern. Nach § 536a II Nr. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) kann der Mieter den Mangel aber selbst sofort beseitigen und vom Vermieter Ersatz verlangen, wenn dies zur Erhaltung/Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

Im Nachhinein – so das Gericht – sei es den Eheleuten tatsächlich zumutbar gewesen, die Beseitigung des Nests durch den Vermieter abzuwarten – schließlich betrug die Aufbaudauer bereits zwei bis drei Monate, in denen die Insekten auch schon hätten bemerkt werden können, sodass es auf ein oder zwei Tage auch nicht mehr angekommen wäre. Maßgeblich sei jedoch die Sicht der Mieter zur Zeit des Wespenbefalls: Da sie am betreffenden Tag mit einem Wespenschwarm konfrontiert waren, sei es ausreichend gewesen, die Feuerwehr – nach erfolglosen Anrufen beim Vermieter – zu benachrichtigen. Schließlich war die Mieterin gegen das Insektengift allergisch und sie sorgte sich um ihr kleines Kind, sodass für sie situationsbedingt eine sofortige Beseitigung des Wespennests erforderlich war.

(AG Würzburg, Urteil v. 19.02.2014, Az.: 13 C 2751/13)

(VOI)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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