Interne Ermittlungen in einem Unternehmen bei Verdacht einer Straftat

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Sollten Mitarbeiter in einem Unternehmen strafrechtlich auffällig sein, so ist es Pflicht des Unternehmens, dann umfangreich die Ereignisse aufzuklären. Die Großunternehmen haben dafür regelmäßig eigene sogenannte Compliance-Abteilung, die genau für solche Aufgaben zuständig ist. Der Vorteil für das Unternehmen ist, dass im besten Fall dann vor der Einschaltung von Ermittlungsbehörden der Fall geklärt sein kann und dass das Unternehmen selbst weitere Straftaten verhindern kann.


Was ist eine interne Ermittlung im Unternehmen?

Eine interne Ermittlung oder auf Englisch bekannt als „internal Investigation“, sind vom Unternehmen geleitete anlassbezogene Sachverhaltsaufklärungen. 

Mit der Siemens-Affäre und dem Dieselskandal rückte die interne Ermittlung mehr ins Rampenlicht. 


Welche Besonderheiten gibt es bei der internen Ermittlung in Kombination zu einer polizeilichen Ermittlung?

Da die internen Ermittlungen innerhalb des Unternehmens durchgeführt werden, gibt es natürlich hierbei keine strengen strafprozessrechtlichen Anforderungen wie zum Beispiel bei einer Befragung. Wie Sie sicherlich wissen, gibt es im Strafprozess ein Schweigerecht, das heißt der beschuldigte Mitarbeiter muss nicht auf Fragen antworten, die ihn belasten könnten. Das gilt im Rahmen interner Ermittlungen so nicht. Daher wird diskutiert, ob die Aussage eines Mitarbeiters bei einer Befragung im Rahmen interner Ermittlungen überhaupt verwertet werden darf. Die Gerichte werden in der Praxis aber meistens die Erkenntnisse aus den Interviewprotokollen.


Welche Arten von internen Ermittlungen in Unternehmen sind rechtlich zulässig?

Was für Methoden darf man eigentlich im Zuge der internen Ermittlung bei einem strafrechtlich auffällig gewordenen Mitarbeiter nun anwenden?

Bei den eingesetzten Mitteln muss man dabei die Interessen des Arbeitgebers und die Privatsphäre des Mitarbeiters beachten.


Sind Videoüberwachungen im Unternehmen zur internen Ermittlung erlaubt und verwertbar?

Die Juristen würden zu der Frage antworten: „Es kommt drauf an“.
Tatsächlich unterscheidet sich das davon, ob die Videokamera in einem öffentlich zugänglichen Raum stattfand oder nicht, ob die Aufnahme heimlich war oder nicht und ob die Aufnahme permanent stattgefunden hatte.

Nicht geheim und in öffentlich zugänglichen Räumen sind die Aufnahmen verwertbar nach § 6b BDSG.
Dafür muss erstmal ein öffentlich zugänglicher Raum gegeben sein, also jeder darf den Ort betreten. Das wird teilweise schwierig, da Firmengelände meistens nur die Berechtigten betreten können, egal ob tatsächlich Kontrollen herrschen.
Beispiel hierfür wäre der Einkaufsbereich in einem Lebensmittelladen.  

Heimliche Videoaufnahmen in öffentlich zugänglichen Räumen sind nur verwertbar, sofern ein konkreter Verdacht gegen den Mitarbeiter vorliegt, dass dieser Straftaten begangen hat und wenn keine anderen ebenso effektiven Mittel ersichtlich sind, die weniger in die Rechte des Mitarbeiters eingreifen. Also ja – unter Umständen ist das Videomaterial verwertbar. 

Bei Videoaufnahmen in Privaträumen oder Diensträumen gilt dasselbe wie bei heimlichen Aufnahmen von öffentlich zugänglichen Räumen. Also wenn ein konkreter Verdacht vorliegt, dass der Mitarbeiter Straftaten begangen haben könnte und die Videoaufnahmen das einzige Mittel für die Aufklärung darstellen, weil keine andere Methode existiert, die ebenso effizient ist und weniger in die Rechte des Mitarbeiters eingreift.
Aber hier muss man stets auf § 201a StGB aufpassen. Dieser besagt, dass Bildaufnahmen, die höchstpersönliche Lebensbereiche verletzten, strafbar sind. Also Räume, die überwiegend zur privaten Lebensgestaltung von Mitarbeitern dient sind tabu. Das gilt für unter anderem: Umkleideräume, Toiletten, Schlafräume etc. 

Ständig laufende Videoüberwachungen sind meistens nicht verwertbar, da sie einen zu großen „Überwachungsdruck“ ausüben.
Es könnte aber wieder hier Fälle geben wonach es im Einzelfall verwertbar sein kann, wenn es einen konkreten Verdacht gegen den Mitarbeiter gibt und es keine milderen Mittel existieren. Es muss aber um schwerwiegendere Straftaten gehen zum Beispiel Diebstahl von sehr hohem Wert.
Meistens gilt aber, dass die permanenten Überwachungen nicht verwertbar sind. Stellen Sie sich vor, alle rund um die Uhr überwacht, nur weil einer von den Rängen eventuell eine Straftat begangen hat. Dieser ständige Druck auf alle Mitarbeiter ist nicht gerechtfertigt (Bundesarbeitsgericht, NZA 2004, 1278). 


Darf ein Unternehmen heimlich die Telefongespräche der Mitarbeiter während der Arbeitszeit in internen Ermittlungen verwerten?

Heimlich Telefonate abzuhören ist in der Regel nicht zulässig und auch nicht verwertbar. Aber ein Mithören könnte erlaubt sein, jedoch nur wenn der Mitarbeiter zugestimmt hat (Zweithörer oder Lautsprecher). 

Was unproblematisch erlaubt ist, ist das dokumentieren von Telefondaten. Also zum Beispiel Zeitpunkt und Dauer des Telefonats und Telefonnummer der anderen Partei. 


Dürfen Unternehmen Internetnutzung oder E-Mails kontrollieren?

Wenn die Mitarbeiter das Internet nur zu beruflichen Zwecken nutzen dürfen, dann gilt § 32 BDSG und die Nutzung darf kontrolliert werden. Dies gilt auch für E-Mails und Suchverläufe. 

Sollte das Surfen auf der Arbeit auch zu privaten Zwecken erlaubt sein, dann muss der Arbeitgeber das grundrechtlich verankerte Fernmeldegeheimnis achten nach Artikel 10 des Grundgesetzes. Das heißt ohne weiteres wird ein Verwerten nicht möglich sein. 


Darf ich die Taschen von den Mitarbeitern kontrollieren?

Wenn dringende Gründe für eine Kontrollmaßnahme bestehen, dann ja. Der Arbeitnehmer muss das auch dulden wegen seiner Treuepflicht in Verbindung mit seinem Arbeitsvertrag. 

Es reicht, dass der Mitarbeiter seine Taschen öffnet. Bei Abtasten am Körper selbst braucht man einen zwingenden Grund. 


Darf das Unternehmen im Rahmen interner Ermittlungen Mitarbeiterbefragungen durchführen?

Man muss zunächst nicht wie bei der Polizei den Mitarbeiter wegen eines Schweigerechts belehren.

Es gilt aber zu beachten, dass der Mitarbeiter wissen muss, warum er verdächtigt wird. Also alle Umstände die den Verdacht auf ihn lenken müssen benannt werden (Bundesarbeitsgericht, NZA 2009, 604).

Auch ist ihm natürlich Gelegenheit zu geben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. 

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