Ist Corona „höhere Gewalt“?

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Im nationalen und internationalen Vertragsrecht gilt die Klausel zu „höherer Gewalt“ oftmals als Notausgang für eine Beendigung eines Vertrages oder einen Einschnitt in der Leistungserbringungspflicht. Höhere Gewalt – das waren bislang Sturm, Schnee, Feuer und Hagel – unter Umständen auch Krieg oder Streik. Ganz neu auf der Liste: Pandemien wie das Coronavirus! Ganz neu ist die Diskussion nicht: Im Zusammenhang mit der SARS-Epidemie 2003 wurde „höhere Gewalt“ in zahlreichen Fällen bejaht.  

Viele Unternehmen fragen sich nun aus den unterschiedlichsten Gründen, ob geschlossene Verträge eingehalten werden müssen oder nicht, falls die durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Seuchengefahr ausgelösten Folgen zu Schwierigkeiten bei der Vertragserfüllung führen. Die „Causa Corona“ ist noch jung und es werden sich noch einige Rahmenbedingungen einstellen. So hat die chinesische Außenhandelsbehörde CCPIT bereits über 1.600 Zertifikate an Firmen ausgestellt. Diese können nun nachweisen, dass sie wegen Umständen, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen, internationale vertragliche Verpflichtungen nicht mehr einhalten können.

Eins ist klar: In kaum einem aktuellen Vertrag wird das Risiko einer Pandemie explizit erwähnt werden, daher darf in einer Vielzahl von Fällen eine Diskussion über die Einordnung des Coronavirus erfolgen und es zu juristischen Streitigkeiten darüber kommen. Klar ist, dass eine Pandemie ebenso wie ein Krieg von den Vertragspartnern nicht verantwortet werden kann. Allerdings wird immer Raum für die Diskussion bleiben, ob die Corona-Folgen wirklich so schwerwiegend sind, dass ein Vertrag nicht mehr ausgeführt werden kann. Am Ende hängt es von den Auslegungsregelungen des jeweiligen nationalen oder internationalen Rechts ab, dem der Vertrag unterliegt und davon, ob ein Vertrag auch trotz Corona erfüllt werden kann – wenn auch mit höherem Aufwand.

Es muss konkret in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der Vertrag mit zumutbarem Aufwand auch dann erfüllt werden kann, wenn die Folgen des Coronavirus die Ausführung erschweren. Allein die Tatsache, dass eine Leistungserbringung erschwert wird, entbindet nicht von Vertragspflichten – dieses Risiko trägt der ausführende Vertragspartner allein, ebenso das Risiko höherer Kosten.

Es muss auch ein Unterschied gemacht werden zwischen B2B- und B2C-Verträgen. Während es bei Verträgen zwischen Dienstleister/Produzent und einem Kunden schnell offizielle Regelungen geben wird (Hotelbuchungen, Flugreisen etc.), steht es beim Business to Business etwas komplizierter, da auch im Einzelfall viel mehr Geld im Spiel ist

Fraglich ist immer, ob innerhalb einer Diskussion um die „höhere Gewalt“ Terminabsprachen eingehalten werden müssen. Was ist, wenn Behörden einfach für sich entscheiden, was „höhere Gewalt“ ist und wann sie eintritt. Ein gutes Beispiel sind Veranstaltungsabsagen und alle damit verbundenen Folgen wie z. B. der Ersatz für Tickets durch den Ausführenden und die bis zur Absage und durch die Absage entstehenden Kosten.

Landläufig gilt, dass „höhere Gewalt“ nach deutscher Rechtsprechung vorliegt, wenn ein Schaden verursachendes Ereignis von außen einwirkt und seinen Grund nicht in der Natur der gefährdeten Sache hat und wenn der Schaden nicht durch äußerste Sorgfalt vermieden werden kann. Dabei geht es um „objektive Voraussetzungen“ und „subjektive Voraussetzungen“. Letztere sind von den Vertragspartnern im Ernstfall zu bewerten.

Mögliche Rechtsfolgen bei „Höherer Gewalt“ sind:

  • Der Vertrag wird automatisch aufgelöst.
  • Vertragspflichten werden einmal ausgesetzt.
  • Vertragspflichten werden für eine bestimmte Zeit ausgesetzt.

Zu unterscheiden ist zwischen der durch „höhere Gewalt“ ausgelösten Gefährdungshaftung, als ein von außen kommendes, unvorhersehbares und unbeherrschbares außergewöhnliches Ereignis, das auch durch die allergrößte Sorgfalt nicht verhindert werden kann, und einem Fristversäumnis mit „höherer Gewalt“ als Entschuldigungsgrund. Beides eint die Grundvoraussetzung, dass betriebliche Zusammenhänge nicht ursächlich für die ausbleibende Vertragserfüllung sind.

Rechtsanwalt Markus Jansen ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und insofern Ansprechpartner für alle Vertragsangelegenheiten der Wirtschaft. Seine Meinung: Ob ein Vertrag erfüllt werden kann und welche Möglichkeiten es auf beiden Seiten gibt Vereinbarungen zu finden, Risiken abzumindern und Kosten zu vermeiden, erklärt sich am besten innerhalb einer kurzfristig zu erarbeitenden Strategie zur Schadensvermeidung, an der alle Betroffenen unter der Anleitung eines erfahrenen Wirtschaftsmediators mitarbeiten sollten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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