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IVF bei lesbischer Frau - sind Kosten der Kinderwunschbehandlung steuerlich absetzbar, § 33 EStG?

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Die Fragestellung:

Bei einem heterosexuellen Paar können die Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung, die wegen einer Sterilitätserkrankung als Heilbehandlung medizinisch notwendig ist, steuermindernd als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG (Einkommenssteuergesetz) geltend gemacht werden. Das gilt auch, wenn das Paar nicht verheiratet ist; das Bestehen einer Ehe ist insoweit keine notwendige Voraussetzung. Doch gilt das auch für ein homosexuelles Paar?

Zum Sachverhalt:

Eine Frau lebte mit ihrer Partnerin in einer gleichgeschlechtlichen, dauerhaften Beziehung. Später wurde die Verbindung der beiden lesbischen Frauen als Partnerschaft eingetragen. Aus biologischen Gründen können die beiden Frauen alleine keine spontane Schwangerschaft herbeiführen. Außerdem war die Klägerin in diesem Fall aber auch noch erkrankt, sodass sie auch krankheitsbedingt nicht schwanger werden konnte. Das Paar, das einen gemeinsamen Kinderwunsch hatte, ließ daher eine künstliche Befruchtung in Dänemark durchführen, indem sich die Klägerin mit Spendersamen künstlich befruchten ließ. Dafür entstanden Kosten in Höhe von ca. 8500 €, welche die Klägerin als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG von der Steuer absetzen wollte. Das Finanzamt lehnte dies ab. Gegen die Ablehnung klagte die Frau. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Urteil des FG Münster vom 23.07.2015:

Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht, ließ aber wegen der grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfrage die Revision zum BFH (Bundesfinanzhof) zu.

Es stellte dabei im Wesentlichen darauf ab, dass innerhalb eines gleichgeschlechtlichen Paares der unerfüllte Kinderwunsch aus einer biologischen Zwangsläufigkeit resultiere, nicht aber aus einer Krankheit. Letztlich sei die „freiwillige“ sexuelle Orientierung der Klägerin, die in einer homosexuellen Beziehung leben wolle, dafür verantwortlich. Dem Umstand, dass bei der lesbischen Frau zugleich eine Sterilitätserkrankung vorlag, die für sich genommen auch eine IVF-Behandlung medizinisch notwendig gemacht hat, gab das FG Münster keine Bedeutung. Es zog eine Parallele zur Adoption und verwies darauf, dass Kosten für eine Adoption nach derzeitiger Rechtsprechung auch nicht steuerlich absetzbar sind, weil sie nicht zwangsläufig entstehen sondern auf einer freiwilligen Entscheidung des adoptionswilligen Paares beruhen.

Anmerkung:

Das Urteil bewegt sich im Rahmen der bisherigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung. Jedoch ist zu hinterfragen, ob die zu Vergleichszwecken herangezogene Adoption (nach derzeitiger Rechtsprechung nicht absetzbar) nicht anders beurteilt werden muss.

Nach unserer Meinung spricht viel dafür, die Kosten einer Adoption als außergewöhnliche Belastung einzustufen. Gegen eine Absetzbarkeit der Adoptionskosten wird eingewandt, dass diese Kosten nicht zwangsläufig i. S. § 33 EStG sind. Der Adoption liege eine freiwillige Entscheidung zu Grunde. Bei Heilbehandlungskosten im Krankheitsfalle wird dagegen die Zwangsläufigkeit vermutet. Diese Unterscheidung ist aber aus Sicht des Kinderwunschpaares nicht überzeugend. Das Paar wünscht sich sehnlich ein Kind und leidet unter dem Zustand des unerfüllten Kinderwunsches – wie eine kranke Person unter dem Mangel gesunder Körperfunktionen leidet! Dem Kranken, der seine Krankheit behandeln lässt, könnte man schließlich auch entgegen halten, der Entschluss zur Heilbehandlung sei „freiwillig“ gefasst worden. Denn er hatte eigenverantwortlich zu entscheiden, ob er mit der Krankheit und ihren Folgen (unbehandelt) leben will oder aber eine Therapie versuchen möchte. Seine Entschlusslage vor einer Krankenbehandlung stellt sich nicht anders dar als die vor einer Adoptionsentscheidung.

Entgegen der derzeit herrschenden Ansicht in der Rechtsprechung sollten daher die Kosten einer Adoption als steuerlich absetzbar gemäß § 33 EStG beurteilt werden. Und wenn dies für die Adoption gelten soll, dann muss Gleiches auch für eine IVF – Behandlung gelten. Zu berücksichtigen ist die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das Paare und Lebenspartnerschaften in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen zunehmend gleichstellt.

Bearbeitet von Rechtsanwalt Hans Modl

Wir, Rechtsanwälte Modl & Coll., sind umfassend auf dem Gebiet des gesamten Kinderwunschrechts bundesweit anwaltlich tätig.

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