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IVF-Tarifklauseln AktiMed Best 90 und Compact PRIVAT Optimal vor OLG München bzw. OLG Zweibrücken

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Neuerdings schränken viele Krankenversicherer die Leistungen für IVF (in vitro Fertilisation = künstliche Befruchtung) in ihren AVB (Allgemeine Versicherungsbedingungen) dem Grunde und der Höhe nach oft ganz erheblich ein! Diese Leistungsbeschränkungen für IVF stehen oft nicht im Hauptteil der AVB, sondern finden sich versteckt in den Tarifbedingungen! Manch ein VN (Versicherungsnehmer), der die Kosten einer Kinderwunschbehandlung von seiner PKV (Private Krankenversicherung) erstattet haben möchte, erlebt eine böse Überraschung.

Empfehlung: Bei Neuabschluss aber auch Änderung eines bestehenden Vertrages (z. B. Tarifwechsel oder Änderung der Selbstbeteiligung!) sollte man das Kleingedruckte genauestens von A-Z lesen und prüfen!

1. „AktiMed Best 90" der Allianz PKV

So sieht z. B. der Tarif „AktiMed Best 90" der Allianz Private Krankenversicherung mehrere Hürden und Beschränkungen für Leistungen zur künstlichen Befruchtung vor, u. a. folgende:

  • Einreichung eines Kostenplanes durch den VN vor Behandlungsbeginn,
  • Genehmigung des Kostenplanes durch den Versicherer vor Behandlungsbeginn,
  • weibliches Höchstalter unter 41,
  • maximal 2 Geburten,
  • Vorleistungspflicht der KV des Partners.

Das Absegnen eines Behandlungsplanes als Leistungsvoraussetzung ist zwar in der GKV (gesetzliche Krankenversicherung) üblich und dort auch wegen § 27a SBG V nötig - in der PKV aber bisher die Ausnahme! Unserer Mandantin war diese Klausel unbekannt und sie begann die IVF-Behandlung ohne Einreichung eines solchen Behandlungsplanes. Prompt verweigerte die Allianz PKV allein schon aus diesem formalen Grund die Leistung. Zu Recht, wie leider das OLG München unter Hinweis auf die Tarifklausel befand (Beschluss vom 13.04.2011).

Das Fatale ist, dass sich dieser Mangel in Bezug auf bereits durchgeführte Behandlungen auch nicht mehr durch nachträgliche Einreichung eines Kostenplanes heilen lässt!

Das OLG München hatte zwar erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der „Vorleistungsklausel", vertrat aber zugleich die Auffassung, dass deren etwaige Teilnichtigkeit nicht zur Gesamtnichtigkeit der ganzen IVF-Klausel führen würde. Den Klauselteil, der sich mit der vorherigen Einreichung und Genehmigung eines IVF-Behandlungsplanes befasste, hielt das OLG München allerdings für unbedenklich - und das, obwohl die Klausel keine näheren Vorgaben zu den Voraussetzungen für eine Genehmigung enthielt und diese völlig im Belieben des Versicherers beließ!

So sparte sich im Ergebnis die Allianz ca. 15.000.- € Behandlungskosten, weil die Versicherungsnehmerin es übersehen hatte, dort vorher die Genehmigung für einen Behandlungsplan einzuholen! Wenigstens waren die Kosten nicht unnütz: im 4. Behandlungszyklus konnte eine Schwangerschaft erzielt werden!

Leider hatte das OLG München die Revision zum BGH nicht eröffnet, sodass eine höchstrichterliche Beurteilung dieser Tarifklausel nicht möglich war. Dies wäre dringend geboten gewesen, was man daran sieht, dass das OLG Zweibrücken (siehe 2.) zu einer ähnlichen Klausel die gegenteilige Auffassung vertritt!

2. „Compact PRIVAT Optimal"

Das OLG Zweibrücken hatte über eine ähnliche Tarifklausel einer anderen Krankenversicherung zu urteilen, nämlich die Leistungsbeschränkung für Kinderwunschbehandlungen im Tarif „Compact PRIVAT Optimal" (Fassung 2009) - und kam zum gegenteiligen Ergebnis!

Die dortige IVF-Klausel sah u. a. Altersgrenzen für das Kinderwunschpaar, Beschränkungen hinsichtlich der Kinderzahl und eine „Hausarztklausel" vor. Zusätzlich verlangte die Klausel, dass vor Behandlungsbeginn eine Leistungszusage für die Kinderwunschbehandlung vom Versicherer vorliegen müsse.

Das OLG Zweibrücken (Urteil vom 14.12.2011) hielt diese Klausel für rechtswidrig. Der VN (Versicherungsnehmer) sei nämlich völlig im Unklaren, ob und in welchem Umfang die Leistungspflicht des Versicherers besteht. Eine derartige Regelung ist intransparent. Der Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 BGB benachteiligt den VN unangemessen. Dies führt nach dem Urteil dazu, dass die Klausel und die darin enthaltenen Leistungsbeschränkungen zur Gänze entfallen.

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