Kammergericht Berlin: Beweislast des Versicherers für den Wegfall der Berufsunfähigkeit

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Die Beweislast für den Wegfall der Berufsunfähigkeit liegt beim Versicherer. Dies betrifft auch die Möglichkeit zur Verweisung des Versicherten auf einen anderen Beruf.

Das Kammergericht Berlin hat mit Hinweisbeschluss vom 10.01.2017 (6 U 89/15), festgestellt, dass die Beweislast für den Wegfall der Berufsunfähigkeit beim Versicherer liegt. Dies betrifft auch die Möglichkeit zur Verweisung des Versicherten auf einen anderen Beruf. Hierauf weist die Rechtsanwältin Aylin Pratsch von der Fachkanzlei für Versicherungsrecht L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft im Rahmen einer Rechtsprechungsübersicht hin.

Im vorliegenden Verfahren hatte der Versicherungsnehmer, von Beruf Karosseriebauer, von der Beklagten die Fortzahlung der Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung gefordert. Die Versicherung lehnte dies außergerichtlich ab, woraufhin der Versicherungsnehmer Klage beim Landgericht Berlin einreichte. Das Landgericht verurteilte die Versicherung, wie vom Versicherungsnehmer begehrt, zur Zahlung.

Hiergegen legte die Versicherung Berufung ein. Das Kammergericht Berlin wies nun mit Beschluss vom 10.01.2017 (6 U 89/15) darauf hin, dass die Berufung keinen Erfolg haben dürfte. Denn die Versicherung sei im Nachprüfungsverfahren beweisbelastet dafür, dass die Berufsunfähigkeit entfallen ist. Dieser Wegfall kann entweder darauf beruhen, dass der Versicherungsnehmer wieder fähig ist, seinem zuvor ausgeübten Beruf nachzugehen, oder dass es dem Versicherungsnehmer möglich ist, in einem anderen Beruf zu arbeiten (die sogenannte „Verweistätigkeit“).

Das Kammergericht Berlin betonte in seiner Entscheidung, dass die Versicherung, die den Versicherungsnehmer auf einen anderen Beruf verweisen möchte, darlegen und beweisen muss, dass der nun von dem Versicherten ausgeübte Beruf der vor der Berufsunfähigkeit bestehenden Lebensstellung entspricht. Dies ist der Versicherung vorliegend jedoch nicht gelungen, da der Versicherungsnehmer nun als Disponent tätig ist. Diese Tätigkeit entspricht hinsichtlich des sozialen Ansehens aber nicht dem des zuvor ausgeübten Berufs des Karosseriebauers. Denn für die Tätigkeit als Disponent ist weder eine Berufsausbildung erforderlich noch handelt es sich um eine Beförderungsstelle. Auch handwerkliche Fähigkeiten sind nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich. Ferner handelt es sich bei der Tätigkeit des Disponenten auch nicht um einen Beruf mit Meisterausbildung. Auch aus wirtschaftlichen Aspekten hält das Gericht diese Berufe nicht für gleichwertig, da beispielsweise keine finanziellen Zulagen durch die Ausübung von Akkordarbeit generiert werden können.

Insgesamt kommen sowohl das Landgericht Berlin als auch das Kammergericht Berlin zu dem Ergebnis, dass die beiden Berufstätigkeiten nicht vergleichbar sind. 

Das Verfahren bestätigt nach Ansicht von Rechtsanwältin Pratsch von der auf Versicherungsrecht spezialisierten Kanzlei L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft die insgesamt versichertenfreundliche Ausgangslage. „Das Landgericht hat erneut festgestellt, dass die Versicherung nach Bestehen einer Berufsunfähigkeit diese nur im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens angreifen kann. Für den Versicherer ist dieses Nachprüfungsverfahren deutlich komplizierter, weil die Versicherung beweisen muss, dass die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit beim Versicherungsnehmer nicht mehr vorliegen.“

Rechtsanwältin Pratsch empfiehlt daher Versicherungsnehmern in vergleichbaren Situationen, bei Problemen mit der Versicherungsgesellschaft – gerade auch bei Vergleichsangeboten – diese von auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwälten überprüfen zu lassen. Denn häufig gehen derartige Vergleiche zulasten der Versicherungsnehmer.


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