Kann einem Arbeitnehmer wegen Verspätungen gekündigt werden ?

  • 1 Minuten Lesezeit

Kommt eine Arbeitnehmerin an vier aufeinanderfolgenden Arbeitstagen teilweise erheblich zur spät zur Arbeit, so rechtfertigt dies nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.08.2021- 1 Sa 70 öD/21 ). Im Oktober 2019 wurde im entschiedenen Fall eine bei einem Sozialgericht in Schleswig-Holstein beschäftigte Serviceangestellte ordentlich gekündigt, weil sie an vier aufeinanderfolgenden Arbeitstagen teilweise erheblich zu spät zur Arbeit kam. Als Begründung führte sie Schlafmangel an.

Der Senat des LAG Schleswig-Holstein sah die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses als gerechtfertigt an. Die Arbeitnehmerin habe ihre Verpflichtung zum pünktlichen Arbeitsantritt verletzt. Soweit die Klägerin einen Schlafmangel anführte, sei dies ihren privaten Lebensumständen zuzurechnen und könne die Pflichtverletzung nicht beseitigen.

Die Klägerin kann ihre Verspätungen auch nicht mit „Arbeitsüberlastung“ oder der „Ablehnung eines Urlaubsantrags“ und einer daraus resultierenden Erschöpfung entschuldigen (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.08.2021- 1 Sa 70 öD/21 ).

Schlafmangel ist dem Urteil zufolge den privaten Lebensumständen zuzurechnen und vermag das Bestehen einer Pflichtverletzung nicht zu beseitigen.

Muss zuvor eine Abmahnung erfolgen ?

Grundsätzlich vor einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung in aller Regel eine einschlägige Abmahnung erforderlich. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist eine solche nur dann nicht erforderlich, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 20.05.2021 – 2 AZR 596/20)

Fehlt der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer das Unrechtsbewusstsein, muss der Arbeitgeber im vom  Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.08.2021entschiedenen Fall nicht vorher eine Abmahnung vorgenommen haben (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.08.2021- 1 Sa 70 öD/21 ).

Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Steffgen verfügt bundesweit über 20 Jahre an Erfahrungen vor den Arbeitsgerichten und dem Bundesarbeitsgericht. Er war von 2001-2015 Vertragsanwalt eines der größten Berufsverbände Deutschlands. Eine kostenlose Ersteinschätzung einschl. PKH-Beratung wird angeboten.

Foto(s): Fotolia_36914210_S.jpg

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Steffgen

Beiträge zum Thema