Kanzleientwicklung: „Offenbleiben, mutig sein und auch mal neue Wege einschlagen“

  • 8 Minuten Lesezeit
Rechtsanwältin Livia Merla: „Offenbleiben, mutig sein und auch mal neue Wege einschlagen“
Leah Schmidt anwalt.de-Redaktion

Wie gelingt eine erfolgreiche Kanzleientwicklung? Rechtsanwältin Livia Merla ist seit neun Jahren als Anwältin tätig.  Als geschäftsführende Partnerin der Kanzlei mgp Merla, Ganschow & Partner beschäftigt sie bereits ein circa 50-köpfiges Team, veranstaltet Webinare und wird regelmäßig in der Presse als Expertin zurate gezogen. Wie sie ihre Kanzlei so aufstrebend entwickeln konnte und warum Online-Marketing dabei für sie eine wichtige Rolle spielt, erklärt sie im Interview.  

Mehr Umsatz, Wachstum oder Bekanntheit: Was bedeutet Kanzleientwicklung für Sie?  

Ich denke, dass es eine Mischung aus vielen Faktoren ist. Langfristig sollte man auf Bekanntheit und Reichweite setzen. Dann kommt zunehmendes Wachstum und mehr Umsatz automatisch. Genauso relevant ist es aus meiner Sicht, flexibel zu bleiben und sich aufgrund verändernder Marktumstände regelmäßig neu zu hinterfragen und seine strategische Ausrichtung ggf. anzupassen.  

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Welche Stellschrauben bestimmen Ihrer Erfahrung nach, wie erfolgreich sich eine Kanzlei entwickelt?  

Gute Ideen, zielgruppengerechte Angebote, Bekanntheit, tolle Mitarbeiter und eine gute Strategie sind schon mal ein paar Punke, die ich sehr wesentlich finde. Und natürlich, qualitativ gute Arbeit zu leisten. Kanzleien sind, so wie jedes andere Unternehmen auch, Dienstleister. Mithin sollte die Kundenzufriedenheit im Vordergrund stehen. Dies vergessen manche Anwälte leider teilweise. 

Der Entwicklung einer Kanzlei geht oft eine konkrete Strategie voraus. Welche Fragen sollte eine erfolgreiche Kanzleistrategie Ihrer Erfahrung nach unbedingt beantworten?  

Man sollte sich im Vorfeld darüber im Klaren sein, welches Rechtsgebiet bedient werden soll und welche Zielgruppe man ansprechen möchte. Die richtige Kanzleistrategie setzt daher auch die richtige Positionierung voraus. Das Marketing und der gesamte Außenauftritt sollten dann passend zur jeweiligen Ausrichtung gewählt werden. 

Woran lässt sich für Sie erkennen, dass man die eigene Kanzleistrategie ändern sollte? Haben Sie Ihre Strategie im Lauf Ihrer Karriere geändert?  

Eine Kanzleistrategie kann sich durchaus ändern. Zum einen durch eine persönliche Weiterentwicklung bzw. Präferenz oder auch durch eine Marktveränderung. Zu Beginn meiner damaligen Selbstständigkeit und Einzelkanzlei nach dem Studium war ich froh, überhaupt Mandanten zu gewinnen. Da bestand gar nicht die große Auswahlmöglichkeit. Dies war auch total in Ordnung, um sich einzufinden und Erfahrungen sammeln zu können. Zu dieser Zeit habe ich zum Beispiel fast ausschließlich Arbeitnehmer-Mandanten beraten.  

Mit der Gründung unserer Partnerschaftsgesellschaft im Jahr 2017 habe ich meinen Beratungsschwerpunkt im Arbeitsrecht Stück für Stück mehr zu Arbeitgeber-Mandaten verlagert. Wir betreuen bei mgp zwar immer noch Arbeitnehmer, aber das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Mandanten hat sich deutlich zugunsten der Arbeitgeber verändert.  

Dazu beigetragen hat natürlich zielgruppengerechtes Marketing sowie z. B. auch unsere mgp-Arbeitsrechts-Akademie, die wir für Arbeitgeber und Personalverantwortliche ins Leben gerufen haben. Der Bedarf nach Schulungen im Arbeitsrecht war da und dieses Bedürfnis erfüllen wir. Dies ist zum Beispiel ein super Weg für uns gewesen, an den wir vor ein paar Jahren noch gar nicht gedacht haben. Manche spontanen Richtungswechsel oder Erweiterungen können daher meiner Ansicht nach super förderlich sein. Man sollte immer offenbleiben, mutig sein und auch mal neue Wege einschlagen.  

Die Rechtsbranche befindet sich in einem ständigen Wandel. Wie gewährleisten Sie den Erfolg Ihrer Kanzleistrategie während dieser Branchenveränderungen?  

Ich würde empfehlen, Veränderungen gegenüber offen und positiv zu bleiben. Jeder Wandel kann auch eine Chance sein. Da es viel Konkurrenz im Anwaltsbereich gibt, wird es immer Kanzleien geben, die Vorreiter sind und sich aufgrund von Veränderungen anpassen. Verschließt man sich an dieser Stelle, läuft man Gefahr, vom Markt verdrängt zu werden. Aber hierbei kommt es natürlich auch immer auf den Einzelfall an.  

Welche Voraussetzungen waren rückblickend für Ihre Kanzleientwicklung und Ihren Erfolg als Rechtsanwältin unverzichtbar?  

Zu Beginn natürlich Durchhaltevermögen. Eine Kanzlei baut sich nicht von heute auf morgen auf. Ich würde auch empfehlen, einen persönlichen Touch, wie eine Art Personal Branding, einzubringen, um sich von vielen anderen, eher anonym gehaltenen Kanzleien abzuheben. Oftmals ist der Gang zum Anwalt für viele Personen ein großer Schritt, der auch mit Ängsten verbunden ist. Daher ist es gut, sich im Vorfeld einen guten Eindruck von dem oder den Anwälten und dem Gesamteindruck der Kanzlei verschaffen zu können.  

Ein gutes, authentisches Marketing ist aufgrund der großen Konkurrenz ebenfalls unverzichtbar. Da es unzählige Möglichkeiten gibt, Marketing zu betreiben, sollte man diverse Optionen ausprobieren und auswerten, womit man seine Wunschzielgruppe am besten findet.  

Und zu guter Letzt halte ich eine Spezialisierung für unerlässlich. Der „Wald- und Wiesenanwalt“, der alle Bereiche des Rechts gleichermaßen bedient, hat aus meiner Sicht schon lange ausgedient. Meines Erachtens sollte man sich auf ein oder wenige Fachgebiete spezialisieren und in diesen dann als absoluter Experte beraten. 

Welche Bedeutung hat die Positionierung im Internet für die Etablierung Ihrer Kanzlei?  

Die Positionierung im Internet halte ich für sehr wichtig. Dies kann zum einen die Auffindbarkeit betreffen. Die schönste Homepage zu haben, nützt nichts, wenn sie kein Kunde findet. Daher sollte man – egal auf welchem Medium – seine Reichweite und Bekanntheit zu steigern versuchen. Hier würde ich das jeweilige Portal passend zur Zielgruppe wählen und mir zunächst die Frage stellen „Wo finde ich denn meine Zielgruppe? Bei Youtube, Google, LinkedIn, TikTok?“ Und je nachdem sollte man dort entsprechend präsent sein.  

Mit einem passenden Außenauftritt unterstreicht man dann zusätzlich seine Positionierung. Wenn meine Kunden z. B. aus einem Start-up-Unternehmen stammen, kann eine Positionierung und die Außenpräsenz ganz anders aussehen, als wenn meine Kunden eher konservativ geprägt sind. Hier muss einfach jede Kanzlei ihre Nische finden.  

Mit welchen Marketingmaßnahmen erzielen Sie als Anwältin eine hohe Online-Auffindbarkeit? Welche Rolle spielt Ihr anwalt.de-Profil dabei?  

Unsere Kanzlei setzt schon immer auf einen Marketingmix aus verschiedenen Kanälen. Google spielt natürlich eine große Rolle. Aber genauso sind wir auf Social-Media-Kanälen präsent, geben regelmäßig Interviews in der Presse oder im Fernsehen und profitieren von unserem Empfehlungsnetzwerk.  

Alle Kanäle haben im Laufe der Jahre dazu beigetragen, schrittweise Bekanntheit aufzubauen und mgp als Marke zu etablieren. Das Portal anwalt.de haben wir seit Beginn für unser Bewertungssystem genutzt. Gute Bewertungen sind heute ein ausschlaggebendes Argument für Neukunden. Außerdem unterstützt uns anwalt.de natürlich durch die Suchfunktion bei der Auffindbarkeit.  

Eine erfolgreiche Kanzlei verfügt auch über ein entsprechendes Renommee. Inwiefern unterstützt Ihr anwalt.de-Profil Ihre Reputation?  

Alle unsere Anwälte haben bei anwalt.de eigene Profile und können über das Portal gute Bewertungen von Mandanten sammeln. Davon profitieren dann natürlich auch wieder neue Mandanten, die sich vor einem Beratungsgespräch über die Kanzlei und unsere Anwälte informieren möchten. Bewertungen bieten dafür natürlich die perfekte Möglichkeit. Außerdem hat man durch ein Portal wie anwalt.de natürlich auch die Möglichkeit, die Sichtbarkeit der Kanzlei zu steigern.  

Wie viel Zeit planen Sie selbst monatlich für Marketingmaßnahmen ein?  

Das kann man so pauschal nicht sagen. Zum Teil übernehme ich einen großen Teil des Marketings selbst. Gerade was den Social-Media-Teil und die Content-Erstellung betrifft, ist dies aus meiner Sicht schwer auszulagern. Wir haben in der Vergangenheit auch bereits mit Marketingagenturen zusammengearbeitet, aber nicht immer gute Erfahrungen gesammelt.  

Um daher ein authentisches Abbild der Kanzlei oder auch der Anwälte zu präsentieren, sollte man dies selbst in die Hand nehmen. Bei technischen Details und deren Umsetzung haben wir natürlich auch interne Unterstützung. Insgesamt habe ich mich jedoch etwas aus dem klassischen Alltagsgeschäft herausgezogen, um an dem Wachstum der Kanzlei weiterzuarbeiten. 

Welche Soft Skills spielen für Sie bei der Kanzleientwicklung eine Rolle?  

Persönliche Eigenschaften, wie z. B. Belastbarkeit, Entwicklungs- und Problemlösungsfähigkeit und auch Selbstdisziplin, finde ich sehr wichtig. Genauso essenziell erforderlich ist aus meiner Sicht aber auch eine gute Kommunikationsfähigkeit, Sympathie und Empathie. Wir arbeiten mit Menschen, die zu uns kommen, weil sie Hilfe brauchen. Daher müssen wir als Anwälte auch mit Menschen umgehen können. 

Besteht in Ihren Augen ein Zusammenhang zwischen Kanzleientwicklung und der eigenen Persönlichkeitsentwicklung? 

Ich denke schon, dass dies zusammenhängt. Um eine Kanzlei zu gründen und nach vorn zu bringen, braucht es Mut und Selbstvertrauen. Es wird nie alles perfekt laufen und Probleme werden von Zeit zu Zeit auftauchen. Hier ist es wichtig, durchzuhalten, sich weiterzuentwickeln und sein Ziel weiterzuverfolgen.  

Welche Rolle spielt die Mitarbeiterführung für Ihre Kanzleientwicklung?  

Mitarbeiterführung ist das A und O in einer Kanzlei. Ohne gutes Team wird die Kanzlei nicht funktionieren. Ich habe tatsächlich schon oft gehört, dass Mitarbeiter in Kanzleien bei früheren Arbeitgebern keine guten Erfahrungen gesammelt haben. Der Umgang in Kanzleien ist häufig rau. Als Kanzlei sollte man daher ein angenehmes Arbeitsumfeld bieten. Wir bei mgp achten seit unserer Gründung auf ein harmonisches, ehrliches Miteinander auf Augenhöhe. Wer hier als Kanzlei als echter Teamplayer aus der Masse sticht, hat damit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. 

Kommt es Ihrer Meinung nach vor, dass Anwälte ihren wirtschaftlichen Erfolg bremsen?

Einen klassischen Fehler gibt es, glaube ich, nicht. Dafür ist die Rechtsbranche je nach Fachgebiet viel zu unterschiedlich. Manche Kanzleien denken jedoch noch nicht genug um und sträuben sich zum Beispiel gegen moderne Marketingkanäle, wie z. B. Social Media. Wer dauerhaft nicht mit der Zeit geht und zu engstirnig denkt, könnte perspektivisch auf der Strecke bleiben. Gerade auch, was technische Entwicklungen angeht.  

Gab es im Verlauf Ihrer Karriere eine Erkenntnis, die Ihre Entwicklung als Anwältin besonders beeinflusst hat?  

Ganz zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn oder auch der vieler anderer jüngerer Anwälte konnte ich beobachten, dass man teilweise dazu neigt, sich im ersten Moment von größeren, alteingesessenen Kanzleien einschüchtern zu lassen. Der kollegiale Umgang untereinander tut leider manchmal sein Übriges dazu. Rechtsanwälte, die ihren Job bereits seit vielen Jahres ausüben, nehmen Berufsanfänger oft nicht ernst und wollen diese „kleinhalten“. Über die Jahre hat man gemerkt, dass andere auch nur mit Wasser kochen und es wirklich gar keinen Grund gibt, sich irgendwie hintanstellen zu müssen. Ich kann nur jedem Berufsanfänger empfehlen, sich vom Machtgehabe anderer Anwälte nicht beeindrucken zu lassen und seinen eigenen Weg selbstbewusst zu gehen.  

Rechtsanwältin Livia Merla ist mit einem persönlichen Anwaltsprofil auf anwalt.de vertreten sowie mit dem Kanzleiprofil ihrer Kanzlei mgp Merla Ganschow & Partner. Ihren Mandanten steht sie als Fachanwältin für Arbeitsrecht zur Seite.  

(LES; ZGRA)  

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Foto(s): ©privat/Livia Merla, ©Adobe Stock/Duncan Andison

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