Kausalzusammenhang und Mitwirkung unfallfremder Ursachen in der Unfallversicherung mit Beispielen
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Einführung
Das menschliche Kniegelenk hat sich im Laufe der Evolution den durch den aufrechten Gang veränderten Anforderungen an den gesamten Bewegungsapparat angepasst.
Das Ergebnis ist ein komplexes Gebilde , welches den Oberschenkelknochen sowie die Unterschenkelknochen funktional mithilfe von zwei gleitenden Gelenksoberflächen sowie mehreren Sehnen und Bändern, die der Stabilisierung dienen, miteinander verbindet. Dieses Gelenk ist darauf ausgelegt, Streck- und Beugebewegungen möglichst geradlinig umzusetzen und reagiert empfindlich auf Krafteinwirkungen, die eine andere Richtung erzwingen. Dies wird durch diverse Skiverletzungen belegt. Die einzelnen Zusammenhänge und Beschreibungen sind aus medizinischer Sicht gewiss deutlich komplizierter, es soll vorliegend jedoch nur der tatsächliche Hintergrund der versicherungsrechtlichen Problematik aufgezeigt werden.
I
Im Bereich der privaten Unfallversicherung geschieht die Regulierung, sofern sämtliche übrigen bedingungsgemäßen (AUB-) Voraussetzungen erfüllt sind (Vorliegen eines bedingungsgemäßen Unfalls, Vorhandensein eines Dauerschadens, Kausalität, fristgemäße ärztliche Bestätigung dieses unfallbedingten Invaliditätsschadens), anhand der sog. „Gliedertabelle“, die einen vertraglich fest vereinbarten Maximalwert für jeden aufgeführten Körperteil festlegt, allerdings den Maximalwert lediglich bei Totalverlust bzw. vollständiger Aufhebung der Funktion erreicht. Für das Knie ist dabei die Beschreibung „Bein bis zur Mitte des Oberschenkels“ (o.ä.) maßgeblich. Dieser Wert beträgt je nach gewähltem Tarif zwischen 50% und 80% der vereinbarten (Grund)Invaliditätssumme.
Sofern, wie in den meisten Fällen, lediglich ein Teilverlust eingetreten ist oder eine Teil-Funktionsunfähigkeit stattgefunden hat, wird nach den jeweiligen Unfallbedingungen lediglich eine Entschädigung geleistet, die dem Verhältnis der Funktionsbeeinträchtigung entspricht.
Letztlich ist die exakte Beurteilung eine selbst für ausgewiesene Experten sehr anspruchsvolle Aufgabe. Entsprechend ist die Regulierung fehleranfällig.
(vgl. Dr. Holm-Torsten Klemm, Die unfallbedingte Arthrose und ihre gutachtliche Beurteilung in der PUV in: NETLETTE, Ausgabe 2/2017;sowie: Klemm, Ludolph, Willauschus, Wich in: Die Unfallchirurgie 2022: „Neue Bemessungsempfehlungen zur Invalidität in der PUV“, Teil 1-4)
II
Im Rahmen der Regulierung wird der Unfallversicherer den Sachvortrag des Antragstellers darauf überprüfen, ob der geschilderte Ablauf generell geeignet ist, eine schwere Folge der behaupteten Art auszulösen. Er wird also den sog. Erstkörperschaden genauer hinterfragen.
Es ist deshalb ratsam, das Unfallereignis möglichst präzise und nicht nur schlagwortartig darzustellen. Anstelle von „Ich bin aufs rechte Knie gestürzt“ sollte es z.B. heißen: „ Beim Tragen einer schweren Last bin ich in einem (Metallgitter, Holzpalette Seil, Elektrokabel etc,) hängengeblieben, bin gestürzt und habe mir dabei das rechte Bein massiv verdreht.“. Während der Versicherer im ersten Fall von einem augenscheinlich vorhandenen Sturz auf die Kniescheibe mit geringem Schädigungspotential ausgehen wird, deutet der zweitgenannte Handlungsverlauf auf eine Betroffenheit der Kreuzbänder sowie des übrigen Bänderapparates sowie einer Verletzung der Gelenksoberfläche durch die bei Scherkräften auftretenden, auf kleine Flächen konzentrierte Krafteinwirkungen eines dynamischen Bewegungsablaufs.
Ebenso ist der Nachweis zu führen, dass das Unfallereignis kausal für den vorhandenen oder zu erwartenden Invaliditätsschaden ist. Dies geschieht (zunächst) durch eine Bestätigung des oder der behandelnden Ärzte
Der Unfallversicherer gewährt die Entschädigung jedoch nur für die unfallbedingten Beeinträchtigungen, also, soweit diese auf das Unfallgeschehen zurückzuführen sind. Bei Zusammentreffen mit sog. unfallfremden Ursachen wird er eine bedingungsgemäße Kürzung vornehmen.
Solche Mitwirkung unfallfremde Ursachen treten z. B. als Vorschädigungen aufgrund zuvor erlittener Unfälle auf, aber auch als degenerativ, über das Altersentsprechende hinausgehende Veränderungen wie z.B. eine bereits zuvor vorhandene Kniearthrose im obigen Sinne. Aber auch bei der Entwicklung einer unfallbedingten Arthrose können unfallunabhängige Faktoren wie z.B. Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Beinachsfehlstellung zu einer über den Regelverlauf hinausgehende Beeinträchtigung führen und den Versicherer zur Kürzung seiner Leistungen berechtigen.
Schließlich ist die korrekte Umrechnung einer eventuell vereinbarten Progression auf das Ergebnis nach Gliedertaxe zu überprüfen.
III
Tipp des Fachanwalts für Versicherungsrecht: Das „Bestreiten des Kausalzusammenhanges“ sowie die „Mitwirkung unfallfremder Ursachen“ verführt viele Versicherer zu einer unreflektierten Kürzung
Der Antragsteller sollte das Regulierungsergebnis, also die Höhe der ihm zugesagten Versicherungsleistungen oder deren komplette Versagung, von einem erfahrenen Fachanwalt für Versicherungsrecht sorgfältig anhand sämtlicher vorhandener Unterlagen überprüfen lassen um keinen finanziellen Schaden zu erleiden.
Für Fragen zum Arbeits- und Versicherungsrecht steht Ihnen zur Verfügung
Rechtsanwalt Dieter W. Schmidt
Kanzlei Am Klostergarten
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