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Private Unfallversicherung - Kürzung der Leistung wegen der Mitwirkung degenerativer Vorschäden

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Die Bedingungen der privaten Unfallversicherer enthalten regelmäßig Klauseln, nach denen die Leistung gekürzt werden kann, wenn bereits vorhandene Krankheiten oder Gebrechen in einer gewissen Höhe am Schaden mitgewirkt haben. Teilweise werden Mitwirkungsanteile von 25 % oder 40 % vorausgesetzt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 7.8.2014 – 7 U 35/14 –, hatte sich nun mit einem solchen Fall zu beschäftigen.

Der Versicherungsnehmer rutschte auf einer vereisten Stelle aus und fiel auf die rechte Schulter. Die Versicherung zahlte nur teilweise, weil sie der Auffassung war, dass zumindest zu 60 % unfallfremde Ursachen an dem Gesamtschaden mitgewirkt hätten.

Das Oberlandesgericht Stuttgart stellte zunächst fest, dass der Unfall ursächlich für die dauerhafte Schädigung im Schultergelenk des Versicherten gewesen war. Die degenerativen Vorschäden im Schultergelenk, die vor dem Unfall weder behandlungsbedürftig waren noch zu einer Beeinträchtigung geführt hatten, dürften allerdings nicht zu Kürzung der Versicherungsleistung führen.

Im vorliegenden Fall bestanden aufgrund des Alters des Versicherten erhebliche Verschleißerscheinungen im Gelenk. Es gab allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger vor dem Unfallereignis wegen dieser Vorschädigungen in ärztlicher Behandlung gewesen war. Noch gab es Hinweise darauf, dass die Funktion des Schultergelenks eingeschränkt gewesen war.

Im gerichtlichen Verfahren erklärte der Sachverständige, dass es zahllose Menschen gebe, die nachweislich eine solche Vorschädigung aufweisen und nichts davon spüren und auch nicht eingeschränkt seien. Deswegen sei es plausibel, dass der Versicherungsnehmer angegeben habe, keine Beschwerden zu haben. In einem solchen Fall sei eine ärztliche Behandlung noch nicht angezeigt, selbst wenn eine entsprechende Diagnose bekannt wäre. Erst wenn Beschwerden auftreten, wird in solchen Fällen eine Behandlung durchgeführt.

Das Gericht konnte daher nicht erkennen, das eine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen gegeben sein sollte. Krankheit wird insofern definiert als regelwidriger Körperzustand, der eine ärztliche Behandlung erfordert. Dies hatte der Sachverständige für die stummen Vorschäden ausgeschlossen.

Als Gebrechen werden abnorme dauernde Gesundheitszustände verstanden, die die Ausübung der normalen Körperfunktionen jedenfalls teilweise behindern. Auch dies war vor dem Unfallgeschehen nicht der Fall gewesen.

Dieses verbraucherfreundliche Urteil ist von Seiten der Versicherungswirtschaft scharf kritisiert worden und befindet sich in der Revision vor dem Bundesgerichtshof. Es bleibt zu hoffen, dass das Urteil des OLG Stuttgart gehalten wird. Es befindet sich in einer Linie mit den Urteilen des OLG Celle, Urteil vom 20.08.2009 – 8 U 10/09 – und des OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.12.2010 – 5 U 638/09.

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