Kinder und Umgangsrecht: Wie regele ich das Umgangsrecht nach Trennung und Scheidung?

  • 7 Minuten Lesezeit

Trennung und Scheidung vom Ehepartner bedeutet oft auch Trennung vom Kind. Während ein Partner als Elternteil das Kind betreut, muss sich der andere zwangsläufig auf ein Umgangsrecht verweisen lassen. Konflikte sind daher oft vorprogrammiert, lassen sich aber lösen, wenn auf beiden Seiten die Erkenntnis steht, dass der angemessene Umgang eines Elternteils mit dem Kind sowohl dem Wohl des Kindes dient als auch den betreuenden Elternteil entlastet.

Umgangsrecht ist nicht Sorgerecht

Umgangsrecht und Sorgerecht werden gern in einen Topf geworfen. Das Sorgerecht steht den Eltern auch nach der Trennung und Scheidung gemeinsam zu, zumindest so lange, als ein Familiengericht einem Elternteil in begründeten Fällen nicht das alleinige Sorgerecht zuerkennt. Beim Sorgerecht geht es darum, für das Kind Entscheidung zu treffen, die seine Lebensführung bestimmen. Teil des Sorgerechts ist auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht, nach dem der betreuende Elternteil normalerweise bestimmt, wo er oder sie mit dem Kind lebt. Das Umgangsrecht hingegen ist vom Sorgerecht getrennt zu betrachten. Jeder Elternteil, egal ob er sorgeberechtigt ist oder nicht, hat das Recht, das Kind regelmäßig zu sehen und zu sich zu nehmen. Dass er dabei vielleicht auch ein eigenes Sorgerecht hat, hat damit direkt nichts zu tun.

Welchen Stellenwert hat das Umgangsrecht?

Das Recht auf Umgang mit dem Kind steht jedem Elternteil zu. Zugleich hat auch das Kind das Recht, Umgang mit seinen Eltern zu pflegen. Dem Recht eines Elternteils, Umgang mit dem Kind zu haben, steht aber auch die Pflicht gegenüber, den Umgang mit dem Kind wahrzunehmen. Grund ist, dass ein Kind sich naturgegeben am besten entwickelt, wenn Vater und Mutter gemeinsam die Erziehung bewerkstelligen und dem Kind bestenfalls das Gefühl geben, es habe in der Lebenswelt beider Elternteile seinen Platz. Vorteilhaft erweist sich auch, dass die Einbeziehung auch des nicht betreuenden Elternteils in die Erziehung des Kindes geteilte Verantwortung der Eltern bedeutet. Gemeinsam getroffene Entscheidungen bieten eine bessere Basis, das Kind positiv zu beeinflussen. Auch das Kind wird eine von beiden Elternteilen getroffene Entscheidung bereitwilliger akzeptieren und nicht versuchen, die Eltern gegeneinander auszuspielen.

Wer hat außerdem ein Umgangsrecht?

Auch der rechtliche, nicht leibliche Vater hat ein Umgangsrecht. Rechtlicher Vater ist derjenige Vater, der mit der Mutter verheiratet war, aber nicht leiblicher, biologischer Vater des Kindes ist. Umgekehrt hat auch der leibliche, biologische Vater, der ein ernsthaftes Interesse am Kind zeigt, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, soweit der Umgang dem Wohl des Kindes dient. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein biologischer Vater, der dem Kind unterhaltspflichtig ist, den Unterhalt vielleicht bereitwilliger entrichtet, wenn ihm zugleich auch ein angemessenes Umgangsrecht bewilligt wird. Darüber hinaus haben enge Bezugspersonen ein Umgangsrecht, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben und eine sozial-familiäre Beziehung besteht. In diesen Fällen geht es um Pflegepersonen, aber auch die Großeltern und Geschwister des Kindes, denen nach dem Gesetz ohnehin ein eigenständiges Umgangsrecht zusteht.

Wie lässt sich das Umgangsrecht nach Trennung und Scheidung regeln?

Das Gesetz macht keine Vorgaben, wie das Umgangsrecht im Einzelfall auszugestalten ist. Umgangsrecht versteht sich als das Recht, gemeinsame Zeit mit dem Kind zu verbringen, regelmäßig, wenn auch zeitlich begrenzt, Kontakt mit ihm zu haben, gemeinsame Wochenenden, Reisen, Ausflüge und Urlaubstage miteinander zu verbringen. Auch postalisch und telefonische Kontakte gestalten das Umgangsrecht aus. 

Wie das Umgangsrecht im Einzelfall geregelt wird, orientiert sich daran, welches Alter das Kind hat und in welchem familiären und beruflichen Rahmen sich die Eltern bewegen. So beschränkt sich das Umgangsrecht für Kleinkinder im Regelfall auf den stundenweisen Kontakt in der Woche, damit das Kind auf die Mutter als seine engste Bezugsperson nicht verzichten muss. Kinder ab ca. drei Jahren sollten regelmäßig beim nicht betreuenden Elternteil übernachten dürfen. Schulkinder dürfen regelmäßig übernachten, Wochenenden und Ferientage verbringen. Übernachtungen bieten sich vornehmlich dann an, wenn die Elternteile weiter voneinander entfernt wohnen und das kurzzeitige Umgangsrecht allein dadurch erschwert würde.

Welche Relevanz hat das Wechselmodell?

Im Idealfall verständigen sich die Eltern auf ein Wechselmodell, bei dem sich beide Elternteile zeitlich gleichermaßen um das Kind kümmern. Ein solches Modell wird aber in der Praxis nur funktionieren, wenn die Eltern bereit und gewillt sind, so miteinander umzugehen, dass sich das Wechselmodell organisieren und praktizieren lässt. Erzwingen lässt sich das Wechselmodell jedenfalls nicht. 

Das Wechselmodell scheitert im Alltag oft schon daran, dass der nicht betreuende Elternteil seinen Hausstand darauf einrichten muss, dass das Kind bei ihm lebt und seine Bedürfnisse erfüllt werden können. Es scheitert auch daran, dass ein Elternteil sein berufliches Umfeld mit der Betreuung nicht harmonisieren kann und die tägliche Betreuung dem anderen Elternteil zuschiebt. Es scheitert oft auch daran, dass es dem Kind nicht zuzumuten und es auch wenig förderlich wäre, wenn es im wechselnden Rhythmus einen anderen Kindergarten besuchen müsste. Besucht das Kind die Schule, sind die Grenzen noch enger gesetzt.

Welche Lösungen gibt es, wenn sich die Eltern nicht verständigen können?

Streiten sich der Elternteile darüber, wie sie das Umgangsrecht ausgestalten, kann in letzter Konsequenz das Familiengericht auf Antrag des umgangsberechtigten Elternteils Umfang und Ausübung des Umgangsrechts näher regeln. Maßgeblich kommt es dabei auf die Wünsche des Kindes an sowie die Möglichkeiten, wie die Eltern das Umgangsrecht im Hinblick auf ihre jeweilige Lebenssituation regeln können. Bisweilen wird der Umgang nur deshalb verweigert, weil der nicht betreuende Elternteil in einer neuen Partnerschaft lebt und der neue Partner Anlass für den geschiedenen Partner ist, das Umgangsrecht zu verweigern oder nur widerwillig einzuräumen. 

Im Interesse des Kindeswohls kann das Gericht das Umgangsrecht in begründeten Fällen auch einschränken oder sogar ausschließen. In Betracht kommt auch der begleitende Umgang. Danach kann der nicht betreuende Elternteil das Umgangsrecht nur im Beisein einer neutralen Person, beispielsweise eines Mitarbeiters des Jugendamtes, wahrnehmen. Der begleitende Umgang kann eine Chance für Eltern und Kind sein, wenn es darum geht, Vertrauen aufzubauen und in der Perspektive das Umgangsrecht eigenständig zu gewähren und wahrzunehmen.

Was ist, wenn der betreuende Elternteil wegzieht?

Problematisch wird es, wenn der betreuende Elternteil mit dem Kind in eine andere Region oder gar ins Ausland umzieht und damit der nicht betreuende Elternteil kaum noch eine Möglichkeit hat, sein Umgangsrecht wahrzunehmen. Da das Sorgerecht und damit das darin enthaltene Aufenthaltsbestimmungsrecht eine deutlich stärkere Rechtsposition gewährt als das bloße Umgangsrecht, muss der umgangsberechtigte Elternteil die dadurch bedingten Nachteile, so auch den Auswanderungswunsch des Ex-Partners, im Regelfall akzeptieren. Im Einzelfall stellt die Rechtsprechung aber darauf ab, dass der auswanderungswillige Elternteil triftige Gründe hat, umzuziehen. Will er oder sie durch den Umzug lediglich das Umgangsrecht torpedieren, kann er/sie Zweifel an seiner Toleranzfähigkeit und seiner Erziehungseignung begründen und Anlass geben, dass das Familiengericht dem umgangsberechtigten Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht überträgt.

Welche Rolle spielt das Umgangsrecht als Scheidungsfolge?

Beantragen Sie die Scheidung, muss Ihre Antragsschrift auch die Erklärung beinhalten, ob Sie eine Regelung über das Umgangsrecht für Ihr gemeinschaftliches, minderjähriges Kind getroffen haben. Ist dies der Fall, wird sich das Gericht nicht weiter mit dem Umgangsrecht beschäftigen. Wünscht ein Ehepartner jedoch eine gerichtliche Regelung, wird das Gericht versuchen, eine Verständigung der Ehepartner herbeizuführen. Da dies ist nicht immer einfach ist, kann es auf die Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen der Träger der Kinder- und Jugendhilfe hinweisen und auch anordnen, dass die Eltern einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder eine andere Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung teilnehmen und hierzu eine Bestätigung vorlegen. 

Wie sollten Eltern mit dem Umgangsrecht im Hinblick auf Trennung und Scheidung umgehen?

Auf jeden Fall ist eigentlich immer besser, wenn die Elternteile im Hinblick auf die gesetzlichen Regelungen verantwortungsvoll mit dem Umgangsrecht umgehen und sich möglichst außergerichtlich auf ein angemessenes Umgangsrecht verständigen. Soweit der umgangswillige Elternteil ein echtes Interesse am Kind und auch das Kind ein Interesse am Umgang hat, sollte sich der betreuende Elternteil nicht als Hemmschuh darstellen und im Interesse des Kindes alles tun, um Konflikte zu vermeiden oder beizulegen. Jede gerichtliche Entscheidung ist letztlich ein Kompromiss, bei dem beide Elternteile Zugeständnisse machen müssen. 

Beispielsweise kann das Gericht anordnen, Umgangsfragen gegenüber dem Kind oder gegenüber dem Elternteil nicht in Anwesenheit des Kindes zu thematisieren, Probleme oder Änderungswünsche zum Umgangsrecht mit dem Jugendamt zu besprechen, einen Antrag auf Erziehungshilfe zu stellen oder Hilfen zur Förderung der kindgerechten Ausgestaltung des Ferienumgangs anzunehmen und diese Vorgaben mit der Androhung von Ordnungsgeld und/oder Ordnungshaft für den Fall der Nichtbefolgung verbinden.

Wird das Kind im Umgangsrechtsstreit angehört?

Vor einer Entscheidung ist das Gericht verpflichtet, das Kind anzuhören, und ggf. nachvollziehbare Vorbehalte gegen einen Elternteil prüfen und berücksichtigen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Oliver Worms

Beiträge zum Thema