Kann man Verfahrenskostenhilfe nur für Gerichtskosten beantragen?

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Haben Sie wenig Einkommen, können Sie sich trotzdem scheiden lassen, wenn Sie staatliche Verfahrenskostenhilfe beantragen. Dann übernimmt die Staatskasse die Verfahrensgebühren. Erfolgt die Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen, werden die Gerichtskosten per Gerichtsbeschluss in der Regel unter den Ehegatten geteilt. Jeder zahlt die Hälfte der Gerichtskosten. Die Gebührenteilung bezieht sich nur auf die Gerichtskosten, nicht auf die Anwaltsgebühren.

Hat auch der Ehegatte, der dem Scheidungsantrag des anderen lediglich zustimmt (also keinen eigenen Anwalt hat), nur ein geringes Einkommen, stellt sich die Frage, ob er/sie wegen der hälftigen Gerichtskosten gleichfalls Verfahrenskostenhilfe beantragen kann oder die Gerichtskosten aus eigener Tasche bezahlen muss. Eine klare Antwort darauf findet sich im Gesetz nicht.

Teils wird die Frage von der Rechtsprechung bejaht, teils wird darauf abzustellen sein, aus welchen Gründen sich Verfahrenskostenhilfe auch für den Antragsgegner, der dem Scheidungsantrag des Partners lediglich zustimmt, rechtfertigt. Nicht zuletzt ist darüber nachzudenken, wie praktisch damit umzugehen ist, wenn beiden Ehegatten Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird und die Zahlungen miteinander zu verrechnen sind. Sind Sie daran interessiert, die bei der einvernehmlichen Scheidung anfallenden Gerichtsgebühren über Verfahrenskostenhilfe abzudecken, sollten Sie sich frühzeitig informieren und gegebenenfalls auch anwaltlich beraten lassen.

Wer zahlt bei der Scheidung die Gerichtskosten?

Lassen Sie sich scheiden, muss das Familiengericht entscheiden, wer welche Verfahrensgebühren trägt. Erfolgt die Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen als einvernehmliche Scheidung, ist es gerichtliche Praxis, die Gerichtskosten unter den Ehegatten aufzuteilen. Dann steht im Scheidungsbeschluss der Hinweis, dass die Gerichtskosten „gegeneinander aufgehoben“ werden.

Dies bedeutet, dass jeder Ehegatte die Hälfte der angefallenen Gerichtskosten zahlen muss. Ihre Anwaltsgebühren hingegen bezahlen Sie vollständig allein oder werden bei Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gleichfalls von der Staatskasse übernommen. Wurde Verfahrenskostenhilfe nur mit Ratenzahlung bewilligt, zahlen Sie die von der Staatskasse zunächst verauslagten Gebühren ratenweise an die Staatskasse zurück.

Haben Sie als Antragsteller also Verfahrenskostenhilfe bewilligt bekommen, übernimmt die Staatskasse die Gebühren für Ihren Anwalt sowie die Hälfte der Gerichtskosten. Für den Ehegatten stellt sich die Frage, ob er seine Hälfte der Gerichtskosten aus eigener Tasche bezahlen muss oder wegen seines geringen Einkommens gleichfalls Verfahrenskostenhilfe beantragen kann.

VKH nur wegen der Gerichtskosten?

Kann der Ehegatte als Antragsgegner im Scheidungsverfahren die per Gerichtsbeschluss auferlegte Hälfte der Gerichtsgebühren nicht aus eigener Tasche bezahlen, sollte sich der Anspruch begründen lassen, Verfahrenskostenhilfe bewilligt zu bekommen. Anlass darüber nachzudenken, ist die gesetzliche Regelung. Danach wird einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet, wenn eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben ist (§121 ZPO). Genau daran fehlt es, wenn der Ehegatte als Antragsgegner dem Scheidungsantrag des Partners zustimmt und für die Zustimmung kein Anwalt benötigt wird.

Aber: Wollte man einen derartigen Anspruch verweigern, könnte sich der Ehegatte motiviert fühlen, einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen und behaupten, es werde die Regelung einer Scheidungsfolge gewünscht. Erscheint die vermeintliche Antragstellung nicht völlig mutwillig, müsste das Gericht VKH bewilligen und dem Ehegatten einen Rechtsanwalt beiordnen, der eigentlich überhaupt nicht benötigt wird. Wird VKH bewilligt, könnte der Ehegatte anschließend darauf verzichten, sich am Scheidungsverfahren mit Anträgen zu beteiligen und den beigeordneten Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen. Wenn dieser Weg möglich ist, muss es auch möglich sein, dem Ehegatten Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn es nur darum geht, die aufgeteilten Gerichtskosten zu bezahlen.

Außerdem hat der Ehegatte als Antragsgegner das Recht, selber die Scheidung zu beantragen, ohne dass er/sie zusätzlich Anträge zur Regelung einer Scheidungsfolge stellen müsste. Allein für diesen Antrag müsste wegen des Anwaltszwangs bei den Familiengerichten ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, der namens und im Auftrag des Ehegatten als Antragsgegner eigenständig einen Scheidungsantrag stellt. Die Antragstellung kann sinnvoll sein, wenn zu befürchten ist, dass der Antragsteller den eigenen Scheidungsantrag vielleicht doch noch zurücknimmt und die Scheidung dann nicht durchgeführt werden könnte.

Insoweit haben einige Gerichte auch im Fall einer einvernehmlichen Scheidung Verfahrenskostenhilfe bewilligt (so OLG Dresden, NZFam 2015, 42; OLG Bamberg FamRZ 2012, 651; OLG Bremen FamRZ 2008, 1544). Auch wenn die Entscheidungen mit dem Grundsatz der Waffengleichheit gerechtfertigt und den Beteiligten zu diesem Zweck Rechtsanwälte beigeordnet wurden, sollte Verfahrenskostenhilfe für den Antragsgegner begründet sein, allein um ihn/sie davon abzuhalten, vordergründig im Scheidungsverfahren Anträge zur Regelung einer Scheidungsfolge und einen damit verbundenen VKH-Antrag stellen zu wollen.

Wann muss VKH spätestens beantragt werden?

Wünschen Sie VKH, ist es immer eine gute Empfehlung, den notwendigen Antrag so früh als möglich bei Gericht einzureichen. Stimmen Sie dem Scheidungsantrag Ihres Ehegatten vorbehaltslos zu, könnten Sie Ihre Zustimmungserklärung gegenüber dem Familiengericht damit verbinden, dass Sie zugleich VKH beantragen. Wichtig ist, die zur Begründung des Antrags notwendige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die zum Nachweis der finanziellen Bedürftigkeit erforderlichen Einkommensbelege vorzulegen.

Die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen, besteht grundsätzlich, wenn eine Partei die Kosten eines Scheidungsverfahren nicht, nur teilweise oder nur in Raten tragen kann. Die Bewilligung hängt von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers ab. Es wird geprüft, ob die Person nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen in der Lage ist, die Kosten selbst zu tragen oder nicht.

Letztlich wäre es möglich, dass Sie auch noch im mündlichen Scheidungstermin den Antrag stellen. Eine nachträgliche Bewilligung ist jedenfalls nicht mehr möglich, wenn das Verfahren beendet ist. Ist das Verfahren beendet, kann VKH trotzdem noch bewilligt werden, wenn das Gericht zuvor eine Frist zur Nachreichung bestimmter Unterlagen eingeräumt hat und die Unterlagen fristgerecht vorgelegt werden.

Was, wenn die Gerichtskosten bezahlt sind?

Fall 1: Antragsteller hat Gerichtskostenvorschuss bezahlt

Wird die Scheidung beantragt, tritt das Familiengericht erst in die Sachbearbeitung ein, wenn der Antragsteller den Gerichtskostenvorschuss bezahlt hat. Beschließt das Gericht dann später die Aufteilung der Gerichtsgebühren, hat der Ehegatte als Antragsteller gegen die Gerichtskasse Anspruch darauf, dass die Hälfte der verauslagten Gerichtskosten erstattet wird. Wegen der anderen Hälfte wird die Gerichtskasse den anderen Ehegatten in Anspruch nehmen.

Fall 2: Beiden Ehegatten wurde VKH bewilligt

Wurde beiden Ehegatten VKH bewilligt, ist es mehr oder weniger interne Rechenaufgabe des Gerichts, die Gerichtsgebühren im Hinblick auf die Person beider Ehegatten abzurechnen. Wurde beiden Ehegatten VKH ohne Ratenzahlung bewilligt, brauchen beide Ehegatten nichts zu bezahlen. Wird einem Ehegatten VKH nur mit Ratenzahlung bewilligt, wären die von der Gerichtskasse insoweit verauslagten Gebühren ratenweise an die Gerichtskasse zu erstatten. Insoweit ist wichtig, dass genau gerechnet wird. Wird einem Ehegatten VKH nur mit Ratenzahlung bewilligt, ist das Geld in Raten zurückzuzahlen. Dazu muss genau feststehen, welcher Betrag zurückzuzahlen ist.

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Es gibt kein Gesetz, in dem alles geregelt wäre, was der betreffende Lebenssachverhalt mit sich bringt. Fehlt eine ausdrückliche Regelung, kommt es darauf an, den gesetzlichen Wortlaut so zu interpretieren, dass sich daraus ein Anspruch begründen lässt. Im Zweifel lassen Sie sich  anwaltlich beraten und Ihren VKH-Antrag so begründen, dass sich das Gericht überzeugt fühlt, VKH zu bewilligen.

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