Kinderpornographie auf dem Handy erhalten / entdeckt - Selbstanzeige Ja oder Nein? – Fachanwalt für Strafrecht rät ab!
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In einem Chat (WhatsApp, Facebook Messenger, Instagram, Kik, Discord usw.) hat man Ihnen kinderpornographische Inhalte zugeschickt? Sie haben solche Inhalte selbst auf Ihrem Handy oder Computer entdeckt, ohne zu wissen, woher die kommen? Diese Inhalte nach der Entdeckung durch Sie nun wissentlich weiter zu behalten, anderen zu zeigen oder weiterzuleiten ist strafbar gemäß § 184 b StGB!
In solchen Fällen taucht bei „noch nicht Beschuldigten“ angesichts des Vorfalls die Frage auf, ob sie sich selbst anzeigen sollen wegen des Besitzes von Kinderpornographie oder solche Inhalte bei der Polizei „abgeben“ oder melden sollen.
Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld, Fachanwalt für Strafrecht, rät ohne Wenn und Aber von der Selbstanzeige ab. Die rechtlichen Unsicherheiten der Selbstanzeige sind zu zu groß gegen den bitteren Preis, daß die Selbstanzeige („ich habe hier Kinderpornos bekommen“) mindestens objektiv den Besitz der Dateien einräumt.
Führt die Selbstanzeige über den Empfang und Besitz von kinderpornographischen Inhalten bzw. deren Ablieferung bei der Polizei zur Straflosigkeit?
Die Antwort lautet -Trommelwirbel: „Jein!“.
Zwar stellt z.B. das Oberlandesgericht Oldenburg folgende kühne These in den Raum: „Straflos ist, wer nach Erkennen des kinderpornographischen Inhalts das Material sofort vernichtet oder bei einer Behörde abliefert.“ (OLG Oldenburg, Urteil vom 29. November 2010 – 1 Ss 166/10)
Auch nach dieser OLG-Entscheidung bleibt aber strafbar „…wer unwissentlich – und damit unvorsätzlich – Besitz an kinderpornographischem Material erlangt, so setzt die Strafbarkeit ein, sobald der Besitzer erkennt oder es unter billigender Inkaufnahme für möglich hält, dass er Kinderpornographie besitzt, und den Besitz sodann gleichwohl fortsetzt.“
Schwerwiegende Probleme dieser Auffassung des OLG Oldenburg zur angeblichen Straflosigkeit der Meldung:
- Wie liefert man denn einen solchen strafbaren Inhalt bei einer Behörde bzw. der Polizei ab? Der ist doch in Ihrem Chat oder auf dem Endgerät (Handy, Laptop, Tablet, Tower usw.) gespeichert. Dies dürfte allein dadurch möglich sein, daß Sie Ihr Gerät bei der Polizei abgeben. Die Folge wird aber sein: Die Polizei kassiert das erstmal ein. Wiederherausgabe an Sie? Ungewiß – und vielleicht nie wieder!
- Wie lange ist der straflose Zeitraum für das „sofortige“ Löschen oder Abliefern eigentlich zu bemessen, nachdem ich den Inhalt als strafbar erkannt habe? Eine Stunde, ein Tag, eine Woche? Darf ich vorher einen Anwalt fragen, ob das strafbare Inhalte sind und danach erst zur Polizei gehen? All diese Fragen sind juristisch nicht geklärt!
Nicht ohne Grund stellen spitzfindige Polizisten oder Richter bei gelöschten – und durch die Forensik wiederhergestellten – Inhalten die Frage: „Wie lange hatten Sie die Dateien denn im Besitz, bevor Sie die gelöscht haben?“ Böse Falle!!! Die Justiz will natürlich durch die Antwort „so und so lange, dann habe ich gelöscht“ den Nachweis gegen Sie führen, daß es einen strafbaren Besitzzeitraum vor der Löschung gab – mag auch der Inhalt gar nicht von Interesse für Sie gewesen sein.
Kurzum: Jeder eingeräumte Besitzzeitraum nach Erkennen eines solchen Inhalts kann trotz Ablieferung / Meldung Ihre Strafbarkeit begründen. Denn es gibt weder Rechtsprechung, noch eine gesetzliche Festlegung für das „sofortige“ Löschen oder Abliefern.
- Sind Sie bei Ablieferung Ihres Handys oder Selbstanzeige vor oder nach Löschung eigentlich Zeuge oder Beschuldigter? Als Beschuldigter dürften Sie auf Fragen schweigen oder straflos lügen – als Zeuge grundsätzlich nicht schweigen und lügen schon mal gar nicht.
Polizisten sind von Berufs wegen mißtrauisch, vor allem bei Sexualstraftaten. Wenn Sie dumm genug waren, Ihren Rechner abzuliefern oder in welcher Form auch immer eine Selbstanzeige zu formulieren, kann das mächtig nach hinten losgehen. Niemals wird es bei einem „Danke, daß Sie so ehrlich sind“, bleiben. Die Polizei muß ermitteln. Die Hürde für den Anfangsverdacht gegen Sie ist sehr, sehr niedrig.
Hält die Polizei Ihre Selbstanzeige für „merkwürdig“ oder „verdächtig“, droht die Gefahr einer Hausdurchsuchung und Beschlagnahme weiterer Geräte.
Keine Selbstanzeige - nur Löschung!
Rechtsanwalt Urbanzyk aus Coesfeld (bei Ahaus, Gescher, Borken) ist als Rechtsbeistand in Strafsachen seit Jahren im Bereich Sexualstraftaten spezialisiert. Im Bereich Kinderpornographie drohen jedem bisher unbescholtenen Bürger sofort Freiheitsstrafen und eine schwerwiegende Beschädigung des Rufs in der Öffentlichkeit.
Falls Sie unerwünscht Kinderpornographie in Chats oder sonst wie erhalten haben, ist nur ein Weg juristisch sicher für Sie, straflos zu bleiben:
- Keine Selbstanzeige!
- Keine Ablieferung von Inhalten bei der Polizei!
- Inhalte sofort so gut es geht löschen! Sofort löschen heißt: Nicht nachdenken, nicht Freunde fragen, es niemandem vorher zeigen. Und erst Recht heißt sofort löschen nicht sammeln mit der schwachsinnigen Idee, das später mal gesammelt zu melden [gilt in der Justiz als klassische Schutzbehauptung von Kinderpornokonsumenten]. Aus entsprechenden Chatgruppen sofort austreten und diese blockieren und den Chat vom Handy löschen.
Nur wer löscht und schweigt, hat eine sehr hohe Aussicht darauf, weiterhin unbehelligt durch die Justiz leben zu können. Klingelt es wider Erwarten doch an der Tür und die Polizei reitet mit Durchsuchungsbeschluß ein: Schweigen! Nicht reden, auch nicht über Löschungen reden! Anwalt in Strafsachen kontaktieren! Ihre Chancen stehen gut, wenn Sie obigen Anweisungen gefolgt sind.

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