Klagemöglichkeiten bei Wohnmobilen im Abgasskandal

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Bei Verfahren um Schadenersatz, der durch vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung - § 826 BGB - begründet ist, muss den verantwortlichen Herstellern nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH (Bundesgerichtshofes) Nutzungsersatz für die gefahrenen Kilometern gezahlt werden. Nutzungsersatz oder Nutzungsentschädigung ist jedoch in der Rechtsprechung höchst umstritten. Eine Entscheidung des EuGH steht noch aus. Eine Vorlage des Landgerichts Stuttgart (Az.: 3 O 236/20) an den EuGH soll unter anderem genau diese Frage klären. Bei hochwertigen Wohnmobilen kann das jedoch aktuell dazu führen, dass der Schadenersatzanspruch niedriger ist, als der aktuelle Marktwert der Fahrzeuge. Allerdings gibt es Tendenzen, nach denen die mögliche Nutzungsdauer und nicht die gefahrenen Kilometer zur Berechnung der Nutzung herangezogen wird. Das Koblenzer Urteil zum Aktenzeichen Az. 12 O 316/2 argumentiert übrigens dementsprechend.

Rückgabe des Fahrzeuges ohne Zahlung von Nutzungsersatz? – ja, diese Möglichkeit gibt es. Besonderes Augenmerk ist hier auf die Gewährleistungsrechte zu richten, da hier im Falle einer Nacherfüllung durch Nachlieferung kein Nutzungsersatz durch den Verbraucher zu zahlen ist. Diese Ansprüche können aber nur gegenüber dem Händler geltend gemacht werden.  Die Gewährleistungsdauer bei neu gekauften Waren – also auch Fahrzeugen - beträgt 2 Jahre. Der BGH hat bereits 2019 illegale Abschalteinrichtungen als Sachmangel eingestuft. Für Verbraucher eröffnet sich damit die Chance, ihre neu gekauften Fahrzeuge in der Gewährleistungsfrist zurückzugeben und auf keinen Kosten sitzenzubleiben. Bei der Gewährleistung genügt einfach das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung, um ans Ziel zu kommen.

Einige Kanzleien empfehlen ihren Mandanten, u.a. bei älteren Ansprüchen aus deliktischer Haftung nach § 826 BGB, auf Feststellung zu klagen. Sogenannte Feststellungsklagen klären das Bestehen des Anspruchs, ohne dass das Fahrzeug anschließend bereits Zug um Zug gegen Schadenersatz zurückgegeben werden muss. Es wird eben nur festgestellt, dass ein Anspruch besteht. Rechtsanwältin Nicole Bauer, Fachanwältin für Verkehrsrecht: „Das Vorgehen muss auf die jeweiligen Ansprüche exakt angepasst werden, eine allgemeingültige Empfehlung gibt es da nicht! Wir prüfen jeden Einzelfall individuell und ermitteln die sachgerechteste Vorgehensweise.“  

Juristische Möglichkeiten

  • Außergerichtliche Streitschlichtung
     
    Ohne Gerichtsverfahren ist die Durchsetzung eines Schadenersatzanspruchs derzeit nicht möglich - zumindest gibt es keine Hinweise auf ein mögliches Entgegenkommen von Händlern und Herstellern.
  • Gewährleistung durch den Händler:Die Gewährleistungsdauer bei neu gekauften Reise- und Wohnmobilen beträgt 2 Jahre. Der Händler ist verpflichtet, eine mangelfreie Sache zu liefern.  Hieraus folgen verschiedene Rechte: Nacherfüllung: Der Käufer muss den Mangel beseitigen. Eine Nacherfüllung ist im Dieselskandal bislang nicht technisch darstellbar. Der Käufer kann jedoch die Nachlieferung einer mangelfreien Sache einfordern und muss sodann keinen Nutzungsersatz zahlen. Beim Rücktritt wird der Kaufvertrag rückabgewickelt und der Verkäufer muss das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung erstatten. Daneben gibt es noch die Möglichkeit, auf Minderung des Kaufpreises zu klagen. Der Schaden – die manipulierte Abgasreinigung - wird aber so nicht behoben. Die Gefahr einer behördlich angeordneten Stilllegung des Fahrzeugs ist nicht gebannt.
  • Die Leistungsklage
     Es ist möglich, Hersteller von Reise- und Wohnmobilen wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung zu verklagen. Dabei wird aktuell der Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung als Schadenersatz verhandelt. Wichtig dabei: Die Laufleistung eines Wohnmobils dürfte mit mindestens 350.000 Kilometern angesetzt werden, sodass Wohnmobile mit geringer Laufleistung hohe Schadenersatzansprüche auslösen.
  • Die Feststellungsklage
     
    Diese Klageform klärt ausschließlich, ob ein Anspruch besteht.


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