Kostenerstattungsanspruch im Mahnverfahren – Wer trägt die Kosten nach erfolgreichem Widerspruch?

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Von Wiss. Mit. Dipl.-Jur. Vanessa Förster und Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann*


In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass wir für unsere Mandanten Widerspruch gegen einen Mahnbescheid einlegen, weil der geltend gemachte Anspruch nicht besteht oder bereits verjährt ist. Nach erfolgtem Widerspruch reagiert die Gegenseite nicht mehr. Der Gläubiger, der im Wege des Mahnverfahrens schnell und einfach einen Titel gegen den vermeintlichen Schuldner erlangen wollte, verfolgt den Anspruch nicht weiter. Was mit den bis dahin bereits entstandenen Kosten passiert, klärt der nachfolgende Beitrag.

I. Der Ausgangsfall: Ein Ärgernis

Gegen Sie wurde ein Mahnbescheid erlassen, in welchem Sie aufgefordert werden, die vom Antragssteller geltend gemachten Forderungen zu begleichen. Legen Sie nicht fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid ein, droht ein Vollstreckungsbescheid und schließlich die Zwangsvollstreckung in Ihr Vermögen. Nach Rücksprache mit Ihrem Anwalt kommen Sie zu dem Schluss, dass die behaupteten Forderungen nicht oder nicht mehr bestehen. Sie legen Widerspruch ein. Nach Mitteilung über den eingelegten Widerspruch verfolgt der Antragssteller die Angelegenheit nicht weiter. Ein streitiges Verfahren wird nicht durchgeführt.

Die Streitigkeit scheint geklärt, die Frage der Kosten der anwaltlichen Beratung aber bleibt offen.

II. Die Besonderheit im Mahnverfahren: Ob Sie Recht haben oder nicht wird nicht geprüft!

Ausstehende Forderungen im Mahnverfahren einzutreiben, scheint ohne großen Aufwand möglich zu sein. Über das Portal der Mahngerichte der Bundesländer (Mahngerichte.de – Automatisiertes gerichtliches Mahnverfahren) kann mit wenigen Klicks ein Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt werden. Wer die eigene Eingabe scheut, kann das Angebot zahlreicher Dienstleister in Anspruch nehmen, deren Geschäftsmodell darin liegt, Mahnanträge für ihre Kunden zu stellen.

Doch ist das Mahnverfahren nicht nur schnell eingeleitet, sind auch die Hürden für das Tätigwerden des Mahngerichts niedriger als im Rahmen eines ordentlichen Verfahrens vor den Zivilgerichten. Die Besonderheit liegt darin, dass das Gericht gerade nicht prüft, ob dem Antragssteller der von ihm geltend gemachte Anspruch auch tatsächlich zusteht. So kann es dazu kommen, dass ein Mahnbescheid erlassen wird, obwohl – sei es aus rechtlichen oder tastsächlichen Gründen – keine offenen Forderungen gegen den Antragsgegner bestehen. Für den Antragsgegner ist damit nicht nur viel Ärger verbunden, sondern regelmäßig auch Anwaltskosten, die durch die Beauftragung entstanden sind.

III. Kennen Sie den Unterschied zwischen Widerspruch und Einspruch? Unterschiedliche Rechtsbehelfe für unterschiedliche Verfahrensstadien

Doch was tun, wenn ein Mahnverfahren eingeleitet wurde?

Abhängig vom jeweiligen Verfahrensstadium bietet das Gesetz dem Antragsgegner verschiedene Möglichkeiten, sich gegen die geltend gemachten Forderungen des Antragsstellers zur Wehr zu setzen. Hat das Mahngericht den Mahnantrag nicht zurückgewiesen, etwa weil es sich bei der geltend gemachten Forderung schon nicht um eine Geldforderung handelt oder weil diese von einer Gegenleistung abhängig ist, kann der Antragsgegner gegen den Mahnbescheid Widerspruch erheben. Hat das Gericht bereits einen Vollstreckungsbescheid erlassen, kann sich der Antragsgegner mittels Einspruchs gegen den Bescheid wenden. Ist der Vollstreckungsbescheid nicht mehr angreifbar, droht die Zwangsvollstreckung, da der Bescheid als Vollstreckungstitel anzusehen ist. Auch ist es möglich, dass nach eingelegtem Widerspruch das streitige Verfahren durchgeführt wird, wenn etwa der zuvor im Mahnverfahren geltend gemachte Anspruch noch nicht verjährt ist.

Es ist nicht überraschend, dass insbesondere der Antragsgegner einen Anwalt zu Rate ziehen wird, um mögliche weitreichendere Konsequenzen abzuwehren und sich erfolgreich zu verteidigen.

IV. Wer trägt die Kosten der Beauftragung eines Anwalts im Mahnverfahren?

Mit der Einschaltung eines Anwalts entstehen notwendigerweise Kosten. Je nach Komplexität des Sachverhalts und Verfahrensstadium können diese nicht unwesentlich sein. Als Auftraggeber hat diese Kosten zunächst der Antragsgegner selbst zu zahlen. Wird ein Anwalt im Rahmen eines Mahnverfahrens tätig, kann er eine Verfahrensgebühr von 0,5 aus Nr. 3307 VV RVG verlangen. Obwohl die Gebühr als „Widerspruchsgebühr“ bezeichnet wird, gilt diese für das gesamte Mahnverfahren. Hiervon erfasst werden damit auch die Kontaktaufnahme mit dem Antragssteller. Die Verfahrensgebühr wird auf Grundlage des Streitwertes ermittelt. Dieser bestimmt sich nach dem Wert der in dem Mahnverfahren geltend gemachten Forderung und dem Umfang seiner Beauftragung. Hinzu kommt eine Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG. Letztlich ist noch die Umsatzsteuer anzusetzen (Nr. 7008 VV RVG).

V. Lösung: Antrag auf Kostenentscheidung beim Prozessgericht

Stellt sich heraus, dass die behaupteten Ansprüche tatsächlich unbegründet sind, ist es nur naheliegend, die entstandenen Anwaltskosten vom Antragssteller ersetzt verlangen zu wollen.

Erforderlich ist hierzu ein Antrag auf Kostenentscheidung an das für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständige Prozessgericht (§ 269 Abs. 3 S. 3 ZPO). Selbst wenn der Antragssteller den Mahnantrag zurückgenommen hat, bleibt das Verfahren bezüglich der ausstehenden Nebenentscheidungen anhängig und kann deshalb allein wegen ausstehender Kosten auf das Prozessgericht übergehen.

VI. Fazit

Werden Sie von einem Antragssteller im Rahmen eines Mahnverfahrens in Anspruch genommen, ist dies zwar ärgerlich, verbleiben Ihnen aber Mittel, sich zur Wehr zu setzen. Nicht selten ist aufgrund des Sachverhalts die Einschaltung eines Anwalts angezeigt. Stellen sich die im Mahnbescheid aufgeführten Forderungen als unbegründet heraus, können Sie gegen diesen Widerspruch einlegen. Verfolgt der Antragssteller die Angelegenheit daraufhin nicht weiter, können Sie dennoch die Ihnen entstandenen Kosten über einen Antrag auf Kostenentscheidung beim Prozessgericht geltend machen und vom Antragssteller ersetzt verlangen. Damit hat sich nicht nur die Streitigkeit erledigt, sondern auch die Frage der Kostentragung.


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