Abmahnung im Wettbewerbsrecht: Streitwert zu hoch? So wehren Sie sich erfolgreich
- 3 Minuten Lesezeit
von Rechtsanwältin Esra Duran und Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz*

„David gegen Goliath“ – so empfinden viele Onlinehändler eine Abmahnung durch deutlich größere Wettbewerber. Besonders belastend ist dabei häufig der angesetzte Streitwert, der die Anwalts- und Gerichtskosten erheblich in die Höhe treibt. Doch auch sonst ist nicht jede geltend gemachte Forderung rechtlich haltbar. Betroffene sollten die Abmahnung daher sorgfältig prüfen und ihre rechtlichen Möglichkeiten kennen – denn gegen überhöhte Streitwerte kann man sich effektiv zur Wehr setzen.
Wettbewerbsrechtliche Abmahnung: Was ist das?
Abmahnungen sind im Wettbewerbsrecht ein übliches Mittel, um gegen unlauteres Verhalten vorzugehen. Mit einer Abmahnung wird ein Mitbewerber aufgefordert, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen – meist unter Androhung rechtlicher Schritte wie der Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dabei wird in vielen Fällen ein hoher Streitwert angesetzt, der die Kostenlast für den Abgemahnten erheblich steigert.
Doch nicht jeder Streitwert ist gerechtfertigt. Gerade bei kleineren Unternehmen oder geringfügigen Verstößen kann insoweit eine Reduzierung in Betracht kommen.
Wann ist ein Streitwert überhöht?
Der Streitwert bemisst sich grundsätzlich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Abmahnenden an der Unterlassung.
Maßgebliche Kriterien sind:
- Art und Schwere des Wettbewerbsverstoßes
- Marktstellung und Größe der Beteiligten
- Reichweite der Werbemaßnahme oder des Onlineauftritts
Bei geringfügigen oder erstmaligen Verstößen kleinerer Unternehmen sind überhöhte Streitwerte – etwa im fünfstelligen Bereich – häufig nicht gerechtfertigt. Gerichte haben in solchen Fällen die Möglichkeit, den Streitwert auf ein angemessenes Maß zu reduzieren.
Ihre rechtlichen Möglichkeiten gegen unberechtigte Forderungen
1. Streitwertreduzierung nach § 12 Abs. 4 UWG
Wenn der Streitwert zu einer wirtschaftlich unzumutbaren Belastung führt, kann das Gericht auf Antrag bei einer Klage auf Unterlassung eine Reduzierung vornehmen.
- Gesetzliche Grundlage: § 12 Abs. 4 UWG
- Praxistipp: Antrag auf Herabsetzung sollte direkt mit der Schutzschrift oder Widerspruchsschrift verbunden werden.
2. Missbräuchliche Abmahnung – § 8c UWG
Wer systematisch Abmahnungen verschickt – etwa mit dem primären Ziel der Kostenerstattung – handelt rechtsmissbräuchlich.
- Indizien für Rechtsmissbrauch:
- überdurchschnittlich hoher Streitwert
- kein erkennbares Interesse an Rechtsdurchsetzung
- Rechtsfolge: Ersatz der für die Verteidigung erforderlichen Aufwendungen
3. Unberechtigte Abmahnung – § 13 Abs. 5 UWG
Eine Abmahnung kann unwirksam sein, wenn sie nicht erforderlich war – etwa bei fehlenden Rechtsverstößen oder Nichteinhaltung formaler Anforderungen.
- Beispiele für Formfehler:
- fehlende Vollmacht
- unklare oder unzureichende Beschreibung des angeblichen Verstoßes
- Tipp: Prüfen, ob die Anforderungen aus § 13 Abs. 2 UWG erfüllt sind.
4. Ersatz eigener Kosten – § 13 Abs. 5 UWG
Wer abgemahnt wird, kann die Erstattung seiner Rechtsverteidigungskosten verlangen – vorausgesetzt, die Abmahnung war unberechtigt.
- Voraussetzungen:
- kein Wettbewerbsverhältnis
- keine unlautere Handlung
- Tipp: Lassen Sie anwaltlich prüfen, ob die Ansprüche aus dem UWG erfüllt sind.
So sollten Sie nach Erhalt einer Abmahnung vorgehen
- Nicht vorschnell zahlen oder unterschreiben – vor allem keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ohne rechtliche Prüfung!
- Rechtsanwalt einschalten – idealerweise mit Spezialisierung im Wettbewerbsrecht.
- Streitwert prüfen – ist er zu hoch, lohnt sich die Herabsetzung.
- Missbrauchsindizien dokumentieren – insbesondere bei Serienabmahnungen.
- Alle Unterlagen sammeln – vollständige Dokumentation hilft bei der Verteidigung.
Ihr Team von LFR Wirtschaftsanwälte
*Esra Duran ist Rechtsanwältin bei LFR Wirtschaftsanwälte im Dezernat Erbrecht, Geistiges Eigentum und IT-Recht. Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann ist Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte München, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz, zertifizierter Wirtschaftsmediator (IHK) und systemischer Business Coach (IHK). Mit über 20 Jahren Erfahrung im Wettbewerbsrecht und gewerblichen Schutzrecht berät er Unternehmen zu allen Fragen der Werbung und des Markenrechts, insbesondere bei der rechtlichen Absicherung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsaussagen.
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