KTG Agrar SE – Gläubigerversammlung am 06.10.2016

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Katastrophale Zustände bei der KTG Agrar SE: Insolvenzverwalter berichtet über undurchsichtiges Firmengeflecht und unzureichende Buchhaltung – „Mischung aus Unfähigkeit und Großmannssucht“

Am 06.10.2016 fand im Kongresszentrum in Hamburg die erste Gläubigerversammlung im Insolvenzverfahren über das Vermögen der KTG Agrar SE statt.

Das Agrarunternehmen mit Sitz in Hamburg hatte auf Anbauflächen von rund 45.000 Hektar unter anderem Getreide, Mais, Raps und Soja in Europa angebaut und zudem erneuerbare Energien und Lebensmittel erzeugt. Zur Finanzierung wurden Anleihen ausgegeben, die den Anlegern eine Verzinsung von mehr als 7 % versprachen. Am 04.07.2016 musste die KTG Agrar SE beim Amtsgericht Hamburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.

Im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens fanden der Insolvenzverwalter und sein Team die Gesellschaft in einem haarsträubenden Zustand vor. Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Stefan Denkhaus erstattete auf der Gläubigerversammlung ausführlich Bericht: Nach seiner Einschätzung handelte es sich bei dem KTG-Konzern um ein undurchsichtiges Firmengeflecht, für das keine ausreichende Dokumentation bestand. Es habe keine transparenten Finanz- oder Controlling-Systeme gegeben. Mit Anleihegeldern sei unsachgemäß umgegangen worden. Im Ergebnis hätten die Verantwortlichen grob fahrlässig gegen die Sorgfaltspflichten ordnungsgemäßer Unternehmensführung verstoßen.

Eine zentrale Rolle habe dabei der vormalige Geschäftsführer Siegfried Hofreiter gespielt. Dieser habe Investitionsprojekte zu keinem Zeitpunkt kritisch hinterfragt. Zudem sei es zu einem Stillstand im Unternehmen gekommen, da aufgrund der hierarchischen Konzernstruktur jede Einzelentscheidung über Hofreiters Schreibtisch gegangen sei. Wörtlich bezeichnete Rechtsanwalt Denkhaus das Verhalten Hofreiters als „Mischung aus Unfähigkeit und Großmannssucht“.

Die Nachforschungen des Insolvenzverwalters ergaben, dass bei sämtlichen 120 der SE untergeordneten Gesellschaften massive Liquiditätsprobleme bestanden. Am Ende sei nicht einmal Geld für Diesel, Dünger oder Pflanzenschutzmittel da gewesen, weshalb der Insolvenzverwalter die Ackerflächen in denkbar schlechtem Zustand vorgefunden habe. Die Ernte 2016 konnte laut Denkhaus nur durch eine Brückenfinanzierung eines Dritten ermöglicht werden.

Der Konzern sei aufgrund der bestehenden Probleme letztlich nicht zu sanieren. Aus diesem Grund hatten der Insolvenzverwalter und sein Team die Beteiligungen der SE in einem Fast-Track-M&A-Prozess veräußert. Erwerber ist die Gustav Zech Stiftung.

Trotz des Verkaufs der Beteiligungen steht den Verbindlichkeiten der SE in Höhe von 445 Mio. € voraussichtlich nur eine Masse in Höhe von 47,3 Mio. € gegenüber. Ein Großteil davon soll durch die Inanspruchnahme von sog. D&O-Versicherungen realisiert werden. Es handelt sich dabei um Ansprüche gegen Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen, die das Unternehmen für seine Organe und leitenden Angestellten abgeschlossen hat. Die Versicherungssummen sind hier begrenzt, sodass allenfalls 20 Mio. € zu erwarten seien.

Rechtsanwalt Denkhaus stellt eine Verfahrensdauer von mindestens vier Jahren in Aussicht. Dabei könne derzeit keine seriöse Prognose bzgl. der Insolvenzquote gegeben werden. Dennoch nannte der Insolvenzverwalter einen groben Wert von 10 %.

„Im Ergebnis werden die Anleger also mit einem annähernden Totalverlust rechnen müssen“, so Rechtsanwältin Katharina Wagener von der Kanzlei Resch Rechtsanwälte aus Berlin.



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