Kündigung der Kirche wegen Leihmutterschaft unwirksam

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Kein Loyalitätsverstoß des homosexuellen Domkantors

Das Arbeitsgericht Braunschweig hat die Kündigung eines Domkantors, der über eine Leihmutterschaft nachgedacht hatte, für unwirksam erklärt, weil es hierin keinen erheblichen Loyalitätsverstoß sah (ArbG Braunschweig, Urteil vom 15. September 2022 – 7 Ca 87/22).

Leihmutterschaft in Kolumbien als Option

Der bundesweit bekannte Kirchenmusiker hatte sich – gemeinsam mit seinem gleichgeschlechtlichen Ehemann – Pläne offengehalten, einen Kinderwunsch durch die Inanspruchnahme einer Leihmutterschaft in Kolumbien zu verwirklichen. Das nahm sein Arbeitgeber, die evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig zum Anlass, am 22. März 2022 eine außerordentliche fristlose Kündigung auszusprechen. Die Kirche sah im Verhalten des Mitarbeiters einen erheblichen Loyalitätsverstoß. Unter Berücksichtigung dessen Bekanntheitsgrades sei eine weitere Zusammenarbeit nicht zumutbar. Außerdem würden inzwischen viele andere Mitarbeiter aufgrund der privaten Planungen des Kollegen nicht mehr gemeinsam mit diesem arbeiten wollen.

Dem hielt der Domkantor entgegen, dass er niemals eine kommerzielle Leihmutterschaft geplant habe und hier von seinem Arbeitgeber ein „bloßer Gedankenprozess“ unterbunden werden solle. Außerdem sei durch das Vorgehen der Kirche seine Reputation und gegebenenfalls auch seine wirtschaftliche Lage beschädigt worden. Mit dieser Argumentation erhob er Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Braunschweig.

Kündigungsschutzklage erfolgreich

Das Gericht gab der Klage statt und erklärte die außerordentliche Kündigung für unwirksam. Es fehle an einem wichtigen Grund, da das Verhalten des Mitarbeiters kein direkter Verstoß gegen die Loyalitätspflichten aus dem Arbeitsverhältnis sei. Das Liebäugeln mit einer möglichen Leihmutterschaft habe keinen provokativen Charakter und unterliege dem Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit.

Auch sah das Gericht keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Träger das Thema verbreitet habe. Vielmehr sah es einen erheblichen Eigenanteil und damit ein Mitverschulden der Kirche.

Kinderwunsch trifft Kirchenrecht

Ob die Kündigungsschutzklage auch erfolgreich gewesen wäre, wenn sich der Kirchenmusiker tatsächlich seinen Kinderwunsch mit Hilfe eine Leihmutterschaft erfüllt hatte, ist fraglich. Trotz der verbreiteten gesellschaftlichen Akzeptanz ist die Leihmutterschaft in Deutschland nach wie vor gesetzlich ausdrücklich verboten. Wunscheltern müssen daher ins Ausland ausweichen. Diese Rechtslage dürfte der Kirche zumindest Argumentationsspielraum hinsichtlich eines kirchenrechtlichen Loyalitätsverstoßes geben. Schließlich sind diese Loyalitätsobliegenheiten ein wesentlicher Bestandteil des kirchlichen Arbeitsrechts, mit dem immer wieder Kündigungen gerechtfertigt werden.


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