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Schwanger in der Probezeit: Schutz vor Kündigung?

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Schwanger in der Probezeit: Schutz vor Kündigung?

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Schwangere stehen in einem bestehenden Arbeitsverhältnis häufig vor der Frage, ob der Arbeitgeber ihnen während der Probezeit kündigen darf und welche Pflichten sich für sie aus der bestehenden Schwangerschaft ergeben. Arbeitnehmerinnen, die erst kürzlich einen neuen Arbeitsplatz angetreten haben und während der Probezeit beziehungsweise der bestehenden Wartezeit von 6 Monaten schwanger werden, sind vom Mutterschutzgesetz – konkret durch § 17 MuSchG – gesetzlich vor Kündigungen besonders geschützt. Fragen des Arbeitgebers zu einer bestehenden Schwangerschaft sind wegen ihrer geschlechtsdiskriminierenden Wirkung grundsätzlich unzulässig und die Schwangerschaft darf aus dem gleichen Grund verschwiegen werden (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 06.02.2003 – 2 AZR 621/01). 

Schutz schwangerer Frauen im Arbeitsverhältnis 

Schwangere sollen nach dem Willen des Gesetzgebers während der Mutterschutzzeiten und der Schwangerschaft den Verlust ihres Arbeitsplatzes und ihrer wirtschaftlichen Grundlage nicht fürchten müssen. Ferner sollen Schwangere vor einem Gerichtsprozess und vor körperlichem und seelischem Stress – auch zum Schutz des ungeborenen Kindes – verschont werden. Artikel 10 der EU-Mutterschutzrichtlinie RL 92/85/EWG sieht ebenfalls ein Verbot der Kündigung von Schwangeren zum Zwecke des Gesundheitsschutzes der Schwangeren vor und bestimmt, dass grundsätzlich eine Kündigung für die Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs verboten ist. Eine dennoch ausgesprochene Kündigung ist nichtig. 

Kündigung in der Probezeit bei Schwangerschaft 

Der besondere Kündigungsschutz besteht auch während der Probezeit einer schwangeren Mitarbeiterin. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während ihrer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Gesetz unterscheidet nach seinem Wortlaut nicht zwischen Probezeit und den Zeiten danach. Auch eine Kündigung gegenüber einer Schwangeren zwischen dem Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages und vor dem tatsächlichen Dienstantritt ist nichtig (BAG, Urteil vom 27.02.2020, Az.: 2 AZR 498/19). 

Zeitpunkt der Schwangerschaft 

Wird einer schwangeren Mitarbeiterin während der Probezeit gekündigt, muss die Schwangerschaft zeitlich vor dem Kündigungsschreiben des Arbeitgebers tatsächlich bestehen. Tritt die Schwangerschaft erst nach Ausspruch der Kündigung ein, hat das keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kündigung. Zu unterscheiden ist der Fall, dass die Schwangere von der Schwangerschaft erst nach der Kündigung erfährt und bereits zum Kündigungszeitpunkt schwanger gewesen ist. Nimmt die Frau nur irrtümlich an, dass sie schwanger ist, besteht kein Sonderkündigungsschutz. 

Im Fall einer Fehlgeburt besteht ein Kündigungsverbot während der Probezeit nur dann, wenn die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche erfolgt. Das Kündigungsverbot besteht dann für vier Monate ab dem Tag der Fehlgeburt fort. Im Übrigen besteht ein Kündigungsverbot innerhalb der Probezeit für die Dauer von weiteren vier Monaten nach der Entbindung und bei beantragter Elternzeit ein anschließender Sonderkündigungsschutz während einer Elternzeit nach § 18 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)

Nachweis der Schwangerschaft 

Die Schwangerschaft muss auch während der Probezeit nicht sofort mitgeteilt werden, ist aber angesichts dessen, dass ein Kündigungsschutz nur bei Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft besteht, zu empfehlen. Darüber hinaus treffen den Arbeitgeber Fürsorge- und Schutzpflichten, denen er nur dann nachkommen kann, wenn er von der Schwangerschaft Kenntnis erlangt hat. 

Der Nachweis über die bestehende Schwangerschaft ist in der Probezeit ebenfalls durch ein ärztliches Attest/eine Schwangerschaftsbescheinigung zu erbringen, aus der der mutmaßliche Tag der Entbindung zu erkennen ist, und dem Arbeitgeber oder Vorgesetzten vorzulegen. Da die Schwangere die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis des Arbeitgebers trägt, ist die Erbringung des Nachweises am besten schriftlich zu bestätigen. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BAG, Urteil vom 24.11.2022 – 2 AZR 11/22 wird der Beginn des Kündigungsverbots § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG bei natürlicher Empfängnis in der Weise bestimmt, dass von dem ärztlich festgestellten mutmaßlichen Tag der Entbindung um 280 Tage zurückgerechnet wird. 

Die Schwangerschaft kann auch erst nach Ausspruch der Kündigung binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt werden. Hierfür muss aber aus dem ärztlichen Attest erkennbar sein, dass zum Zeitpunkt der Kündigung bereits eine Schwangerschaft bestand. Wird die Zweiwochenfrist nach Zugang der Kündigung überschritten, so verliert die Schwangere den Sonderkündigungsschutz nicht, wenn die verspätete Mitteilung unverschuldet erfolgte und die Mitteilung nach der Kenntnis von der Schwangerschaft unverzüglich nachgeholt wird. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern und verlangt eine sofortige Mitteilung. Zu vertreten hat eine Schwangere die Fristversäumnis, wenn offensichtliche Anhaltspunkte für eine Schwangerschaft erkennbar waren und sie trotzdem nicht zum Arzt gegangen ist oder wenn sie die Mitteilung lediglich aus Unachtsamkeit längere Zeit versäumt. Nicht zu vertreten hat die Schwangere die verspätete Mitteilung, wenn sie während ihres Urlaubs eine Kündigung erhält und die Schwangerschaftsmitteilung sofort nachholt, auch wenn sie bereits vor dem Urlaub von ihrer Schwangerschaft wusste. 

Wirksame Kündigung in der Probezeit trotz bestehender Schwangerschaft 

Eine Schwangere ist allerdings nicht in jedem Fall vor Kündigungen während der Probezeit geschützt. Der besondere Kündigungsschutz nach § 17 MuSchG soll die Kündigung einer Schwangeren aus Gründen der Schwangerschaft auch während der Probezeit verhindern. Bei befristeten Arbeitsverträgen endet deshalb beispielsweise der Arbeitsvertrag auch bei einer bestehenden Schwangerschaft mit dem Ende des Befristungsdatums, weil das Arbeitsverhältnis nicht wegen der bestehenden Schwangerschaft, sondern aufgrund der vereinbarten Befristung endet. 

Darüber hinaus kann eine Schwangere auch bei einem unbefristeten Arbeitsvertrag während der Probezeit fristlos und ordentlich aus anderen erheblichen Gründen vom Arbeitgeber gekündigt werden. Die Schwangere ist vor Kündigungen nicht geschützt, wenn erhebliche verhaltensbedingte Gründe vorliegen und schwere Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis während der Probezeit begangen wurden, wie beispielsweise vorsätzliche Straftaten gegen den Arbeitgeber. Auch betriebsbedingte Gründe können einen besonderen Fall für eine Kündigung trotz bestehender Schwangerschaft während der Probezeit begründen.  

In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vor der Kündigung einen Antrag auf Zulassung der Kündigung durch die oberste Landesbehörde stellen und den dringenden und wichtigen Sachverhalt mit den besonderen und erheblichen Gründen mitteilen und nachweisen. Die oberste Landesbehörde prüft den Sachverhalt und ist berechtigt, die Kündigungssperre aufzuheben und damit trotz bestehender Schwangerschaft eine Kündigung zuzulassen. Erst nach der positiven Entscheidung der Landesbehörde darf die Kündigung durch den Arbeitgeber ausgesprochen werden. Wird die Kündigung ohne die Zulässigkeitserklärung der obersten Landesbehörde ausgesprochen, ist die Kündigung unwirksam. In dem Kündigungsschreiben gegenüber einer Schwangeren sind auch die Kündigungsgründe anzugeben. 

Beschäftigungsverbot für Schwangere in der Probezeit 

Nach § 16 MuSchG besteht auch während einer Probezeit ein Beschäftigungsverbot für die schwangere Frau, wenn die bisherige Fortführung der Arbeit durch die Schwangere mit gewisser Wahrscheinlichkeit deren Gesundheit und/oder die Gesundheit des Kindes gefährdet und dies ärztlich attestiert wird. Das ärztliche Attest muss dem Arbeitgeber von der Schwangeren vorgelegt werden und von einem approbierten Arzt ausgestellt sein und nicht von der Hebamme. Das ärztliche Attest muss präzise die Umstände bezeichnen, die zu einem Beschäftigungsverbot führen, und konkret benennen, welche Tätigkeiten für die Schwangere bzw. das Kind gefährlich sind und nicht ausgeübt werden dürfen.  

Der Schwangeren steht für die Dauer des Beschäftigungsverbots Mutterschutzlohn nach den §§ 18, 21 MuSchG zu. Die Höhe beträgt das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft. Ist die Schwangere vor der Schwangerschaft noch keine drei Monate beschäftigt gewesen, dann wird der Zeitraum des tatsächlich erzielten Gehalts zugrunde gelegt (beispielsweise fünf Wochen). Greift das Beschäftigungsverbot ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses, kann kein Referenzzeitraum von drei Monaten zugrunde gelegt werden. Bei einem Beschäftigungsverbot ab dem ersten Tag ist deshalb das Einkommen vergleichbar beschäftigter Personen bzw. das vereinbarte regelmäßige Entgelt als Durchschnittseinkommen heranzuziehen.

Foto(s): ©Adobe Stock/zinkevych

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