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Kündigung nach dem Hinweisgeberschutzgesetz

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Urteil des LAG Niedersachsen vom 11.11.2024 – 7 SLa 306/24

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat mit Urteil vom 11. November 2024 (Az. 7 SLa 306/24, ArbG Osnabrück 13.3.2024 – 4 Ca 339/23) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der eine Kündigung als Repressalie nach dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) angreift, substantiiert darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, dass er eine rechtmäßige Meldung abgegeben hat und dass die Kündigung in einem ursächlichen Zusammenhang mit dieser Meldung steht.

Sachverhalt

Der Kläger war als Leiter Recht im Bereich Corporate Office bei der Beklagten tätig und unter anderem für den Aufbau eines Compliance-Management-Systems zuständig. Während seiner sechsmonatigen Probezeit äußerte er kartellrechtliche Bedenken zu einem Kundenvertrag gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten. Dieser ließ ein externes Gutachten anfertigen, das keinen Kartellrechtsverstoß feststellte. Der Kläger hielt das Gutachten für fehlerhaft und äußerte erneut seine Bedenken. Der Geschäftsführer schlug daraufhin vor, dass der Kläger ein eigenes Gutachten erstellen solle, was dieser ablehnte.

Kurz vor Ablauf der Probezeit sprach die Beklagte eine ordentliche Kündigung aus. Im Kündigungsgespräch wurde dem Kläger unter anderem mangelnde unternehmerische Perspektive und fehlende fachliche Klarheit vorgeworfen. Der Kläger reichte daraufhin eine Kündigungsschutzklage ein und berief sich auf § 36 HinSchG, da die Kündigung seiner Meinung nach eine Repressalie für seine Meldung darstellte.

Entscheidung des Gerichts

Das LAG Niedersachsen wies die Klage ab und stellte fest, dass die Kündigung nicht nach § 36 Abs. 1 HinSchG i.V.m. § 134 BGB unwirksam sei. Der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert, dass es sich bei seiner Äußerung um eine geschützte Meldung im Sinne des HinSchG gehandelt habe. Auch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung und der Meldung sei nicht hinreichend dargelegt worden. Das Gericht führte weiter aus, dass eine bloße Behauptung eines Gesetzesverstoßes nicht ausreiche, sondern konkrete Tatsachen vorgetragen werden müssten, die eine rechtswidrige Handlung belegen.

Außerdem betonte das Gericht, dass eine Kündigung nur dann als verbotene Maßregelung nach § 612a BGB unwirksam ist, wenn der Arbeitnehmer den Nachweis erbringt, dass die Kündigung allein oder überwiegend auf seine Meldung zurückzuführen ist. Diese Darlegungslast habe der Kläger nicht erfüllt.

Hinweise zu den Voraussetzungen einer Kündigung nach dem Hinweisgeberschutzgesetz

Nach § 36 HinSchG ist eine Kündigung unwirksam, wenn sie als Repressalie für eine rechtmäßige Meldung oder Offenlegung von Missständen erfolgt. Dabei gelten folgende Grundsätze:

  1. Rechtmäßige Meldung:

    • Der Arbeitnehmer muss eine Meldung über einen Verstoß im Sinne des § 2 HinSchG gemacht haben.
    • Die Meldung muss nach § 5 HinSchG entweder intern (beim Arbeitgeber) oder extern (bei einer zuständigen Behörde) erfolgt sein.
    • Die Informationen müssen der Wahrheit entsprechen oder zumindest im guten Glauben geäußert worden sein.
  2. Benachteiligung durch den Arbeitgeber:

    • Es muss eine nachteilige Maßnahme wie eine Kündigung, Versetzung oder sonstige Schlechterstellung erfolgen.
    • Diese Maßnahme muss in zeitlicher Nähe zur Meldung stehen.
  3. Kausalität zwischen Meldung und Benachteiligung:

    • Nach § 36 Abs. 2 S. 1 HinSchG wird vermutet, dass eine Kündigung oder sonstige Maßnahme auf die Meldung zurückzuführen ist, wenn diese zeitnah zur Meldung erfolgt.
    • Der Arbeitgeber kann diese Vermutung widerlegen, indem er nachweist, dass die Maßnahme auf anderen sachlichen Gründen beruht.

Das LAG Niedersachsen hat in seinem Urteil klargestellt, dass die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer geschützten Meldung und einer Benachteiligung beim Arbeitnehmer liegt. Die Beweislastumkehr des § 36 Abs. 2 HinSchG greift erst bei der Frage, ob zwischen der Meldung und der Maßnahme ein ursächlicher Zusammenhang besteht.

Diese Entscheidung ist richtungsweisend für die Anwendung des Hinweisgeberschutzgesetzes in der arbeitsgerichtlichen Praxis und verdeutlicht, dass Arbeitnehmer nicht nur eine Meldung abgeben, sondern auch konkret darlegen müssen, dass ihre Kündigung darauf beruht.


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