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Kündigung: Übergabe an den Ehegatten außerhalb der Wohnung

  • 3 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

In einem Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Köln ging es um die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis fristgerecht ordentlich gekündigt worden war. Dies hängt letztlich vom Zeitpunkt ab, zu dem das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer zugegangen ist. Im vorliegenden Fall war die Kündigung dem Ehemann der Arbeitnehmerin außerhalb der ehelichen Wohnung übergeben worden. Die Konstellation wirft einige interessante rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Institut der Ehe auf.

[image]Zeitpunkt des Zugangs entscheidend

Nachdem es am 31.01.2008 zu einem Konflikt zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmerin gekommen war, verließ sie kurzerhand den Arbeitsplatz. Daraufhin entschloss sich der Arbeitgeber, ihr ordentlich zu kündigen und sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freizustellen.

Noch am selben Tag suchte ein Mitarbeiter den Ehemann der Arbeitnehmerin, mit dem er seit mehreren Jahren befreundet war, an dessen Arbeitsplatz auf, übergab ihm dort das Kündigungsschreiben und bat ihn, die Kündigung an seine Frau weiterzuleiten. Laut seiner Aussage hat dies der Ehemann zugesagt. Anders dagegen die Version der Arbeitnehmerin. Sie behauptete, ihr Mann habe keine Zusage gemacht, sondern erklärt, dass nicht er, sondern seine Frau in einem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber stehe. Formalitäten möge man intern regeln. Daraufhin habe der Mitarbeiter die Kündigung verschlossen am Arbeitsplatz des Ehemannes zurückgelassen. Dieser ließ die Kündigung liegen und nahm sie erst am 01.02.2008 mit nachhause. Nun kam es darauf an, ob das Kündigungsschreiben fristgerecht mit der Übergabe an den Ehemann der Arbeitnehmerin zugegangen ist. Hiervon hing es ab, ob das Arbeitsverhältnis fristgerecht bis zum 29.02.2008 beendet worden war oder darüber hinaus bis zum 31.03.2008 bestanden hatte.

Entscheidend ist, ob hier der Ehegatte als Empfangsbote seiner Frau fungierte und mit der Übergabe an ihn gleichzeitig das Kündigungsschreiben seiner Frau zuging. Sie müsste dann die um zwei Tage verspätete Übergabe gegen sich gelten lassen.

Ehegatte ist Empfangsbote

Gemäß traditioneller Ansicht ist nach der Verkehrssitte ein Ehegatte als Empfangsbote anzusehen, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Ehegatte in der Ehewohnung oder an einem anderen Ort angetroffen wurde. Damit wäre die Kündigung noch am 31.01.2008 zugegangen. Das bedeutet konkret: Kann man das Kündigungsschreiben rechtswirksam dem Ehegatten übergeben, gilt es als zugegangen und zwar auch außerhalb der ehelichen Wohnung.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat sich grundsätzlich dieser Ansicht angeschlossen und dem Arbeitgeber Recht gegeben, allerdings zugleich Bedenken geäußert. Wäre unter juristischen Gesichtspunkten der Ehegatte als Empfangsbote anzusehen, könnte dies eine Benachteiligung gegenüber unverheiratet zusammenlebenden Paaren darstellen. Denn dann müsste ein Ehegatte auch außerhalb der Wohnung das Risiko dafür tragen, dass ihm seine Frau bzw. sein Mann das Schreiben auch tatsächlich übergibt, nicht dagegen ledige Personen, die nur in einer einfachen Lebensgemeinschaft zusammen leben.

Die Richter hegten deshalb im Ausgangsfall starke Zweifel, ob diese Funktion eines Ehegatten quasi als „externer Briefkasten" mit dem Schutz der Ehe des Grundgesetzes vereinbar ist. Darüber hinaus hatte die Zweite Kammer auch Bedenken, dass die Eheschließung an sich bereits eine Empfangsboteneigenschaft begründen könnte, wenn dies auch für fristgebundene und nachteilige Schriftstücke gilt. Außerdem drohe dann bei dem Ehegatten ein Gewissenskonflikt. Selbst wenn eine Empfangsboteneigenschaft des Ehegatten in diesem Sinne bejaht wird, stellt sich weiter die Frage, ob er diese dann selbst wieder beseitigen kann, indem er beispielsweise ausdrücklich darauf hinweist, dass er nicht zur Entgegennahme des Schreibens berechtigt ist.

Hinzu kommt, dass es viele Möglichkeiten gibt, ein Kündigungsschreiben wirksam zuzustellen, etwa durch den Einsatz von Zeugen und Briefkasteneinwurf oder Verbringung des Schreibens in den Wohnbereich. Spielt bei einer Kündigung ihr Zugang wegen drohendem Fristablauf eine entscheidende Bedeutung, ist die Zustellung durch einen zuverlässigen Erklärungsboten der sicherste Weg.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht Köln die Revision zugelassen. Die Arbeitnehmerin hat gegen das Urteil inzwischen beim Bundesarbeitsgericht Revision eingelegt.

(LAG Köln, Urteil v. 07.09.2009, Az.: 2 Sa 210/09 - nicht rechtskräftig; Az. beim BAG: 6 AZR 687/09)

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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