Kündigung wegen Insolvenz: Der Leitfaden für Arbeitnehmer

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Die Kündigung in der Insolvenz

Dem Arbeitgeber ist es aufgrund betriebsbedingter Gründe nicht möglich, das bestehende Arbeitsverhältnis weiterzuführen? Dann befindet er sich in der Insolvenz. Das bedeutet, dass das Unternehmen unmittelbar vor der Zahlungs-Unfähigkeit steht. Womöglich ist es bereits nicht mehr in der Lage, die Löhne an die Mitarbeiter auszuzahlen. Diese Situation verunsichert die Angestellten. Allerdings gelten auch hier bestimmte Voraussetzungen, damit es sich um eine arbeitsrechtlich wirksame Kündigung handelt.


Besonderheiten bei Eröffnung der Insolvenz 

Ist das Insolvenz-Verfahren eröffnet? Dann dient es nicht der Beendigung des Arbeits-Verhältnisses zwischen den Vertragsparteien gemäß § 108 InsO. Arbeitsrechtlich bindend sind weiterhin die Gesetze des allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzes.

Allerdings gibt es Besonderheiten. Diese gilt es bei einer Firmeninsolvenz zu beachten.

  • Insolvenz-Verwalter

Der Insolvenz-Verwalter übernimmt in der Regel die Stellung des Arbeitgebers. Er übernimmt dessen Rechte und Pflichten gemäß § 80 InsO. Außerdem verwaltet er sein Vermögen. Der Insolvenz-Verwalter entscheidet auch, welche Mitarbeiter der Betrieb zu kündigen hat.

  • Abweichende Kündigungsfristen im Insolvenz-Verfahren

Der Arbeitgeber hat die Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB zu beachten. Allerdings greifen bei der Insolvenz abweichende Vorschriften gemäß § 113 InsO. Diese Regelungen erleichtern eine ordentliche Kündigung. In der Insolvenz ist es möglich, diese schneller abzuwickeln. Die Kündigungsfrist beträgt hier drei Monate.

Ist die ordentliche Kündigungsfrist kürzer? Dann gilt diese. Beispiel: Die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitnehmers beträgt nur 2 Monate. Dann ist diese vorrangig anzuwenden.


Voraussetzungen und Gründe 

Für eine arbeitsrechtlich bindende Kündigung gelten auch hier wiederum gewisse Voraussetzungen. Hält sich der Arbeitgeber nicht daran, ist die Kündigung nicht wirksam.

  • Kündigungsgrund

Eine Kündigung wegen Insolvenz ist nur möglich, wenn ein Rechtfertigungsgrund gemäß § 1 ll KSchG vorliegt. Das Insolvenz-Verfahren stellt keinen Rechtfertigungsgrund für eine betriebsbedingte Kündigung dar. Notwendige betriebliche Erfordernisse rechtfertigen eine Kündigung. Allerdings kommen diese erst in Betracht, wenn:

  1. Die Stilllegung des Unternehmens droht.
  2. Keine weiteren Beschäftigungs-Möglichkeiten für die Mitarbeiter in Betracht kommen.


  • Sozialauswahl 

Das Insolvenz-Verfahren beendet nicht das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemäß § 108 InsO.  Hat der Insolvenz-Verwalter lediglich einen Teil der Belegschaft entlassen? Dann hat er gemäß § 1 lll KSchG eine Sozialauswahl durchzuführen. Sonst ist die Kündigung unzulässig. Die Sozialauswahl entfällt jedoch, wenn es sich um die Stilllegung des gesamten Unternehmens handelt. Die Sozialauswahl fokussiert bei den Angestellten:

  1. Dauer der Betriebs-Zugehörigkeit
  2. Alter
  3. Unterhaltspflichten

 Eine Kündigung erhalten möglichst die Mitarbeiter, die am wenigsten Schaden dadurch erleiden.


  • Berücksichtigung des Betriebsrates

Auch bei einem Insolvenz-Verfahren ist der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG in die Kündigungen einzubeziehen. Ansonsten sind diese arbeitsrechtlich unwirksam. Die Stellung des Betriebsrates wird durch die Insolvenz nicht außer Kraft gesetzt.


  • Kündigung bei Insolvenz trotz Sonder-Kündigungsschutz

Der besondere Kündigungsschutz mancher Personengruppen bleibt von der Insolvenz unberührt. Die strengen Voraussetzungen bei der Kündigung bestehen weiterhin. Diese Regelungen hängen vom individuellen Einzelfall ab.


Abfindung 

Es besteht zunächst kein Anspruch auf Abfindung. Allerdings geschieht es häufig, dass der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter eine Abfindung zahlt. Hierbei gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Der Insolvenz-Verwalter bietet eine Abfindung mit betriebsbedingter Kündigung an. Sein Bestreben ist es, eine Kündigungsschutz-Klage abzuwenden.
  • Der Mitarbeiter erhebt beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutz-Klage und verhandelt die Höhe der Abfindung.
  • Der Betriebsrat verhandelt die Abfindung für den Mitarbeiter.

Hierbei gilt für den Mitarbeiter zu beachten: Die Abfindung steht ihm nicht komplett zu. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber die Abfindung vor oder erst nach der Insolvenz-Eröffnung erklärt.

Sind Abfindungsanspruch und Kündigung vor der Insolvenz-Eröffnung erfolgt? Dann sind sie als Insolvenz-Forderungen gemäß § 38 InsO zu behandeln. Diese Forderungen haben keinen Vorrang vor anderen Gläubigern. Sie sind beim Insolvenz-Verwalter zu melden. Am Ende des Verfahrens werden diese Forderungen erfüllt, allerdings erfolgt nicht die Auszahlung in voller Höhe.

Abfindungsansprüche, die nach Eröffnung der Insolvenz entstehen, gelten als Massen-Verbindlichkeiten. Der Insolvenz-Verwalter zahlt sie aus. Der Arbeitnehmer erhält in der Regel die Abfindungshöhe, die er verhandelt hat.


Lohnansprüche des Arbeitnehmers bei Insolvenz 

Auch bei Lohnansprüchen ist entscheidend, ob diese aus der Zeit vor oder nach Eröffnung der Insolvenz bestehen.

Lohnansprüche, die aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenz-Verfahrens stammen, sind Insolvenz-Forderungen gemäß § 38 InsO. Sie sind dem Insolvenz-Verwalter zu melden und nach Beendigung des Insolvenz-Verfahrens zu erfüllen. Die Chance ist sehr hoch, dass der Arbeitnehmer einen Teil davon ausbezahlt bekommt. Dafür ist die Arbeitsagentur verantwortlich. Sie bezahlt das Insolvenzgeld. Es umfasst die Lohnansprüche der letzten drei Monate.

Lohnansprüche, die nach Eröffnung des Insolvenz-Verfahrens entstehen, sind auch Massen-Verbindlichkeiten. Diese Verbindlichkeiten zahlt der Insolvenz-Verwalter aus der Insolvenzmasse aus. Das liegt daran, dass gemäß § 108 InsO das Arbeitsverhältnis problemlos weiter besteht.  


Rechte des Arbeitnehmers bei Kündigung während der Insolvenz

Der Arbeitnehmer hat bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber während der Insolvenz die Möglichkeit einer Kündigungsschutz-Klage. Diese legt er dem Arbeitsgericht vor. Ziel ist es, dadurch die Kündigung abzuwenden und sich dagegen zur Wehr zu setzen. Gemäß § 4 S.1 KSchG ist wichtig, dass die Klage innerhalb drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung erfolgt. So lässt sich feststellen, dass es sich hierbei um eine unwirksame Kündigung handelt.

Wird diese Frist vom Arbeitnehmer versäumt? Dann ist die Kündigung wirksam. Das ist auch so, wenn dies vor Klageerhebung nicht der Fall war. Eine Beratung bei einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht ist in jedem Fall sinnvoll.


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