Kündigungsschutz in Deutschland und in den USA

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1. Deutschland

Den arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz in Deutschland kennen Sie:

In Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmern gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber seine Kündigung rechtfertigen muss (allgemeiner Kündigungsschutz).

Eine Arbeitgeberkündigung kann auf verhaltensbedingte, personenbedingte oder betriebsbedingte Gründe gestützt werden.

Die üblichen Probleme für den Arbeitgeber: Eine verhaltensbedingte Kündigung erfordert in aller Regel eine vorherige Abmahnung. Personenbedingt wird man einem Arbeitnehmer nur kündigen können, wenn man vorher versucht hat, den nicht (mehr) hinreichend qualifizierten Mitarbeiter nachzuschulen beziehungsweise wenn bei einem (lang oder häufig) kranken Arbeitnehmer tatsächlich einmal eine negative Gesundheitsprognose vorliegt.

Und eine betriebsbedingte Kündigung ist unwirksam, wenn die strengen Anforderungen, die die Rechtsprechung an die sogenannte soziale Auswahl stellt, nicht  eingehalten wurden.

Wegen der damit verbundenen Unsicherheiten enden die meisten oder zumindest sehr viele Kündigungen vor dem Arbeitsgericht, wo es in der Güteverhandlung häufig - um nicht zu sagen in der Regel – zu einem Abfindungsvergleich kommt.

Das alles ist „kalter Kaffee“, das kennen Sie. Da sage ich Ihnen nichts Neues.

2. USA

In den USA dagegen gibt es keinen allgemeinen Kündigungsschutz.

Der Arbeitnehmeranwalt kann sich also nicht einfach zurücklehnen und warten, bis der Arbeitgeber (beziehungsweise dessen Anwalt) die Kündigungsgründe im Einzelnen darlegt und beweist. Stattdessen muss der Arbeitnehmer in den USA von sich aus aktiv darlegen, dass die Kündigung, die er von seinem Arbeitgeber erhalten hat, ausnahmsweise unwirksam ist.

Beliebte Argumente bzw. Gesetze, mit denen die Unwirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung begründet werden soll, sind:

- Discrimination on the Basis of Race, Color or Sex (Title VII of the Civil Rights Act)

- Discrimination based on Disability (Americans with Disabilities Act)

- Retaliation (Family and Medical Leave Act)

- Hostile Working Environmant (Title VII Civil Rights Act)

- Negligent Training and Supervision (New York State Law)

- Discrimination based on Perceived Disability (New York State Human Rights Law)

- Discrimination based on Age/Perceived Age (New York City Human Rights Law)

- Breach of Implied Covenant of Good Faith and Fair Dealing (NY State Law)

Die Darlegungs- und Beweislast liegt hier grundsätzlich beim Arbeitnehmer. Er muss  beweisen, dass die Kündigung zum Beispiel gegen eines der oben genannten Gesetze oder einen der genannten Grundsätze verstößt und daher unwirksam ist.

Ein besonderes Gewicht kommt dabei dem Grundsatz der Gleichbehandlung, also dem Verbot der Diskriminierung wegen Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Alter oder einer Behinderung zu. Auch wegen Krankheit (Medical Leave) oder Mutterschutz (Family Leave) darf niemand benachteiligt oder sanktioniert werden („Retaliation“).

Und das Gebot, Mitarbeiter fair und nach Treu und Glauben zu behandeln, spielt auch in den USA eine gewisse Rolle (Good Faith and Fair Dealing), zumindest in New York.

3. Rechtsvergleich

Rechtsvergleichend würde ich einmal die These aufstellen:

Der Kündigungsschutz in den USA ist vergleichbar mit dem Kündigungsschutz in einem deutschen Kleinbetrieb, in dem das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt.

Bei einer Kündigung im (deutschen) Kleinbetrieb muss ja auch der Arbeitnehmer (beziehungsweise sein Anwalt) darlegen und beweisen, dass die Kündigung des Arbeitgebers ausnahmsweise rechtswidrig (sittenwidrig) ist, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB und Spezialgesetze) oder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt.

Nicht jede Kündigung in den USA oder in einem deutschen Kleinbetrieb ist rechtmäßig. Aber die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers, der gegen eine solche Kündigung vorgehen will, ist doch erheblich höher als in größeren deutschen Betrieben, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen.

Dr. Wolfgang Gottwald

Rechtsanwalt – Attorney at Law


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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