Kununu und das Rumpelstilzchen

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Im Märchen Rumpelstilzchen wollte die Königstochter den Namen des Rumpelstilzchens wissen. Heute sind Unternehmen nicht weniger neugierig, den Namen eines Bewerters des eigenen Unternehmens auf Kununu zu erfahren. Dabei stellen sich Fragen wie: „Dürfen die das?“ und „Müssen die das?“ 

Die Diskussion um die Identifizierung der Verfasser von Bewertungen auf Plattformen wie Kununu wirft die Frage auf, welche Auswirkungen eine Klarnamenpflicht haben könnte. Im Frühjahr dieses Jahres verlangte ein Hamburger Start-up-Unternehmen die Löschung negativer Bewertungen auf Kununu, deren Echtheit es aufgrund der Verwendung pseudonymer E-Mail-Adressen anzweifelte. Das Landgericht Hamburg hob eine einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts Hamburg auf, die Kununu zur Herausgabe der Klarnamen oder zur Löschung der Bewertungen verpflichtet hatte. Die endgültige Entscheidung liegt nun beim Oberlandesgericht. Die unterschiedlichen Entscheidungen und die öffentliche Diskussion zeigen einmal mehr, welche Relevanz die Einführung einer Klarnamenpflicht haben könnte. 

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, nach Vor- und Nachteilen, aber auch nach Alternativen zur Klarnamenpflicht zu suchen, um die Integrität und Glaubwürdigkeit von Bewertungen zu gewährleisten. Welche Möglichkeiten gibt es, die Authentizität von Bewertungen zu gewährleisten, ohne die Anonymität der Nutzer vollständig aufzuheben? Diese Frage wird in einer digitalen Welt, in der Online-Bewertungen einen großen Einfluss auf das Vertrauen der Verbraucher haben, immer relevanter. Auch wenn die endgültige Entscheidung noch beim Oberlandesgericht liegt, ist es wichtig, über mögliche Lösungen für dieses komplexe Thema nachzudenken.

Vor- und Nachteile einer Klarnamenpflicht

Bevor wir uns den Alternativen zuwenden, betrachten wir zunächst die Vor- und Nachteile sowie die möglichen Auswirkungen einer Klarnamenpflicht für Unternehmen und Arbeitnehmer.

Vorteile:

Erhöhte Transparenz und Glaubwürdigkeit: Wenn Bewertungen von realen Personen mit ihren echten Namen stammen, könnte das Vertrauen in die Bewertungen steigen. Klarnamen könnten dazu beitragen, dass die Inhalte authentischer und glaubwürdiger wirken, da die Identität der Verfasser klar erkennbar ist.

Reduzierung von Fälschungen und Manipulationen: Eine Klarnamenpflicht könnte gefälschte oder manipulierte Bewertungen verringern, da anonyme Verfasser nicht mehr agieren können.

Verantwortlichkeit der Verfasser: Die Verwendung von Klarnamen könnte dazu führen, dass Verfasser verantwortungsbewusster mit ihren Bewertungen umgehen, da sie persönlich identifizierbar sind.

Verbesserte Qualität der Bewertungen: Nutzer könnten sich stärker bemühen, fundierte und konstruktive Bewertungen zu verfassen, wenn sie wissen, dass ihre Identität offengelegt wird. Dies könnte insgesamt die Qualität der Plattformen erhöhen.

Nachteile:

Datenschutzbedenken: Die Offenlegung von Klarnamen könnte die Privatsphäre der Nutzer gefährden und sie einem höheren Risiko von Identitätsdiebstahl oder Belästigung aussetzen.

Einschränkung der Meinungsfreiheit: Einige Nutzer könnten zögern, ehrliche Bewertungen abzugeben, wenn sie befürchten müssen, dass ihre Identität bekannt wird. Dies könnte kritische oder kontroverse Meinungen unterdrücken.

Schwierige Durchsetzbarkeit: Eine Klarnamenpflicht wäre schwer durchzusetzen, da Namensdopplungen und Identitätsfälschungen nicht ausgeschlossen werden können.

Verlust der Anonymität: Viele Nutzer schätzen die Anonymität beim Verfassen von Bewertungen, da sie sich so freier fühlen, ihre Meinung zu äußern. Eine Klarnamenpflicht würde diese Möglichkeit einschränken und möglicherweise zu weniger veröffentlichten Bewertungen führen.

Einschüchterung: Mitarbeiter könnten sich eingeschüchtert fühlen, ihre ehrliche Meinung zu äußern, aus Angst vor negativen Konsequenzen durch ihren Arbeitgeber.

Manipulation und Fälschungen weiterhin möglich: Trotz einer Klarnamenpflicht könnten weiterhin gefälschte oder manipulierte Bewertungen entstehen, indem falsche Identitäten verwendet werden. Dies könnte die Glaubwürdigkeit der Plattformen beeinträchtigen.

Mögliche Auswirkungen der Klarnamenpflicht für Unternehmen und Bewerter

Die Einführung einer Klarnamenpflicht in Online-Bewertungen könnte sowohl für Unternehmen als auch für die Bewertenden verschiedene Konsequenzen mit sich bringen.
Für Unternehmen ergeben sich Vorteile wie eine gesteigerte Transparenz und Glaubwürdigkeit, die Möglichkeit, wertvolles Feedback zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu erhalten sowie die Notwendigkeit, ein effektives Reputationsmanagement zu betreiben. Diese Aspekte könnten dazu beitragen, das Unternehmensimage zu stärken und gezielte Verbesserungen vorzunehmen. Auf der anderen Seite könnte die Offenlegung der Identität von Arbeitnehmern jedoch auch negative Folgen haben. Sie könnte Druck auf die Mitarbeiter ausüben, sie zur Selbstzensur verleiten oder Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes hervorrufen. Dies könnte ihre Bereitschaft beeinträchtigen, ehrliche Bewertungen abzugeben, da sie möglicherweise befürchten, dass dies negative Auswirkungen auf ihre Karrierechancen haben könnte.

Mögliche Alternativen zur Klarnamenpflicht

Es gibt verschiedene Alternativen, die dazu beitragen könnten, die Qualität und Authentizität von Bewertungen auf Plattformen wie Kununu zu verbessern, ohne die Anonymität der Nutzer vollständig aufzugeben.

Verifizierte Profile: Die Plattform könnte ein System für verifizierte Profile einführen, bei dem die Identität der Nutzer beispielsweise durch einen Personalausweis überprüft wird, ohne dass der echte Name öffentlich sichtbar ist. Dies würde eine gewisse Sicherheit bieten, während die Anonymität gewahrt bleibt.

Pseudonyme mit Vertrauensbewertungen: Nutzer könnten weiterhin Pseudonyme verwenden, jedoch ihre Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit durch Bewertungen anderer Nutzer bestätigen lassen. Dies könnte das Vertrauen in die Bewertungen stärken und die Qualität der Informationen auf Online-Bewertungsplattformen erhöhen. Während dies auf Plattformen wie Google Maps gut funktioniert, wo Nutzer ihre Erfahrungen vergleichen können, ist es bei Kununu als Arbeitgeberbewertungsportal schwieriger, da viele Arbeitnehmer trotz zunehmender Arbeitsplatzwechsel meist nur über 5-10 Arbeitgeber Erfahrungen verfügen. Daher kann niemand die Güte einer Bewertung wirklich einschätzen, wenn er nicht selbst im betreffenden Unternehmen tätig war.

Kommentarfunktion für Unternehmen: Unternehmen könnten die Möglichkeit erhalten, auf Bewertungen zu reagieren und ihre Perspektive darzulegen. Dies könnte zu einer ausgewogeneren Darstellung führen und ein besseres Verständnis zwischen beiden Seiten fördern sowie Konflikte konstruktiv lösen. Obwohl es diese Funktion bereits auf Kununu gibt, haben Arbeitgeber oft Schwierigkeiten, individuell auf Bewertungen einzugehen, ohne vertrauliche Informationen aus dem Arbeitsverhältnis preiszugeben. Kritische öffentliche Äußerungen über ausgeschiedene Mitarbeiter wirken zudem oft unangebracht.

Moderation und Qualitätskontrolle: Die Plattform könnte strengere Moderationsrichtlinien einführen und Bewertungen auf ihre Echtheit und Relevanz überprüfen, um Fehlinformationen zu reduzieren. Fairerweise muss man aber klarstellen, dass wenn Kununu eine inhaltliche Vorabkontrolle durchführte, dann auch für Inhalte ungeachtet des Autors haften. Das Haftungsprivileg gilt sonst nicht.

Klarnamenpflicht oder nicht, das ist hier die Frage

Die Frage einer echten Klarnamenpflicht ist weder mit den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vereinbar, noch wäre sie für Kununu generell tragbar. Eine differenzierte Lösung könnte darin bestehen, dass der Klarname des Bewertenden mitgeteilt wird oder alternativ die Bewertung gelöscht wird, wenn sie als unwahr beanstandet wird und damit eine erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens verbunden ist. Auf diese Weise würde der Bewertende nicht mehr anonym bleiben und könnte nicht mehr getrost sagen: „Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich anonym heiß“.

Ärgern Sie sich über eine falsche Kununu-Bewertung?

Als Unternehmen sollten Sie sich von negativen Bewertungen auf Kununu nicht entmutigen lassen, sondern stattdessen proaktiv handeln. Es ist ratsam, zunächst eine kostenlose Ersteinschätzung einzuholen, anstatt direkt mit Kununu in Kontakt zu treten. Mit einer fundierten Argumentation und einer durchdachten Strategie, die auf unserer langjährigen Erfahrung basiert, können Sie erfolgreich gegen diese Bewertungen vorgehen und das Image Ihres Unternehmens schützen. Auf diese Weise habe ich bereits zahlreiche falsche Kununu-Bewertungen erfolgreich angefochten, sodass der Bewerter im Zweifelsfall nicht mehr unbesorgt im Hintergrund agieren kann.

Foto(s): Wachs, Adobe

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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