Kurzdarmsyndrom nach OP: 200.000 Euro

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Kurzdarmsyndrom nach OP: 200.000 Euro

Mit Vergleichsbeschluss vom 06.09.2024 hat sich ein Krankenhaus verpflichtet, an meine Mandantin einen Gesamtbetrag von 200.000 Euro sowie meine außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Mit der Zahlung dieser Beträge sollten sämtliche Ansprüche der Mandantin gegenüber dem Krankenhaus erledigt sein.

Die 1972 geborene Angestellte litt nach einem laparoskopischen gynäkologischen Eingriff unter Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Bauch. Hinzu kamen starke Schmerzen im unteren Rücken. In der Folgezeit musste sie sich erbrechen und litt unter Kreislaufschwäche. Am zweiten postoperativen Tag hatte sie einen sehr aufgeblähten prallen Bauch, sie musste sich mehrfach erbrechen und erhielt intravenös Schmerzmittel. Nach Sonographie des Abdomens wurde der Verdacht auf einen paralytischen Ileus/Subileus erhoben. Nach Röntgenaufnahme erhielt die Mandantin eine Magensonde gelegt. Erst vier Tage nach der Erstoperation entschlossen sich die Ärzte zu einer Notfalloperation. Bei dieser Revisionsoperation zeigte sich ein ausgedehntes Darmgangrän. Das mittlere Jejenum sowie das gesamte Ileum waren durch eine Faszienlücke im Peritoneum ausgetreten war. Dadurch war der Großteil des Darmes abgestorben, weil er sich verdreht hatte. Insgesamt wurden der Mandantin 225 cm Dünndarm entfernt. Seitdem leidet sie unter einem Kurzdarmsyndrom.

Ich hatte den Ärzten vorgeworfen, bei der gynäkologischen Operation die bei der Revisions-OP festgestellte Hernie verursacht zu haben, so dass Dünndarm durch diese Hernie austreten und absterben konnte. Ebenso habe ich den Vorwurf erhoben, dass die Ärzte zu spät auf die postoperativ geäußerten Beschwerden reagiert hatten, so dass es zum Absterben des Dünndarmes gekommen war. Bei rechtzeitiger Revisionsoperation hätte die Entfernung von 225 cm Dünndarm vermieden werden können. Unter Bezug auf die Entscheidung OLG Hamm, Urteil vom 21.11.2014, AZ: 26 U 80/13, hatte ich ein Mindestschmerzensgeld von 90.000 Euro gefordert.

Das Landgericht hatte den Hinweis erteilt: Nach der Beweisaufnahme spräche vieles dafür, dass im Krankenhaus nicht zeitnah ausreichend medizinische Befunde erhoben worden seien. Nach den Ausführungen des Sachverständigen habe man spätestens nach der zweiten postoperativen Nacht von einem komplikationsbehafteten postoperativen Verlauf ausgehen müssen. Das hätte eine umgehende Abklärung erforderlich gemacht. Die Abklärung sei allerdings derart verzögert erfolgt, dass die Diagnose eines mechanischen Ileus und die Revisionsoperation fehlerhaft erst am 3. postoperativen Tag erfolgt seien. Die Kammer gehe von einem schlechterdings nicht mehr nachvollziehbaren Verhalten im Sinne eines groben Behandlungsfehlers aus.

Der Sachverständige habe erklärt, die Situation sei sehr eilig gewesen. Ein Zuwarten um weitere 24 Stunden sei nicht mehr vertretbar gewesen. Hätte man die notwendigen Untersuchungen rechtzeitig durchgeführt, wäre der Ileus umgehend aufgefallen. Da es sich um einen groben Behandlungsfehler handele, gehe die Beweislast zwischen der Kausalität des Behandlungsfehlers und dem Schaden der Klägerin zu Lasten des Krankenhauses. Der Sachverständige habe nämlich mitgeteilt, dass bei einer rechtzeitigen Revisionsoperation der Darm noch zu retten gewesen wäre. Zumindest wäre die Darmresektion in diesem Ausmaß deutlich reduziert oder verzichtbar gewesen. Mit der Darmresektion stünden die Beeinträchtigungen wie Durchfall, Flatulenzen, Magenkrämpfe, Erbrechen, Gewichtsschwankungen, in eindeutigem Zusammenhang. Die Kammer gehe von einem Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 80.000 Euro aus (OLG Hamm, Urteil vom 21.11.2014, AZ: 26 U 80/13; OLG Oldenburg, Urteil vom 16.05.2007, AZ: 5 U 164/04, BeckRS 2007, 152831).

Hinzu kämen ein zukünftiger und gegenwärtiger Haushaltsführungsschaden, der im Wege des Vergleiches mit 2/3 berechnet werden solle, also mit 115.702 Euro. Ebenso ein pauschaler Zuschlag von 10.000 Euro für Fahrt- und Besuchskosten sowie gesondert die außergerichtlichen Gebühren.

Nach langen Verhandlungen habe ich mich im Einverständnis mit der Mandantin auf einen Gesamtbetrag von 200.000 Euro geeinigt.

(Landgericht Dortmund, Vergleichsbeschluss vom 06.09.2024, AZ: 12 O 26/21)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht & Verkehrsrecht


Foto(s): adobe stock fotos


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