Langzeitkrank und gekündigt: Welche Rechte haben Arbeitnehmer?

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Obwohl Arbeitnehmer in Deutschland über einen starken rechtlichen Schutz verfügen, stellt sich dennoch die Frage, ob eine langfristige Krankheit zu einer Kündigung führen kann. In diesem Artikel erfahren Sie, welche rechtlichen Grundlagen gelten und welche Aspekte Betroffene beachten sollten.

Welche Voraussetzungen müssen für eine krankheitsbedingte Kündigung erfüllt sein?

In besonderen Fällen kann eine Kündigung aufgrund längerer Krankheit gerechtfertigt sein. Dafür müssen allerdings bestimmte Kriterien erfüllt werden:

  • Ungünstige Prognose: Es wird erwartet, dass der Arbeitnehmer auch künftig häufig und längerfristig erkrankt.

  • Einschränkungen im Betrieb: Die Erkrankung führt zu bedeutenden Beeinträchtigungen, wie etwa finanziellen Belastungen oder Störungen im Betriebsablauf.

  • Abwägung der Interessen: Die Interessen des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis zu beenden, müssen gewichtiger sein als das Interesse des Arbeitnehmers, den Arbeitsplatz zu behalten.

Der Weg zur krankheitsbedingten Kündigung: Ein mehrstufiger Balanceakt

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist kein einfacher Schritt und erfordert eine sorgfältige Herangehensweise in mehreren Etappen:

  • Erstgespräch: Zu Beginn sollte der Arbeitgeber den Dialog mit dem Arbeitnehmer suchen, um gemeinsam mögliche Lösungen zu erarbeiten – vielleicht schlummern Optionen, die bisher unentdeckt blieben.

  • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) wird überprüft, welche Wege zurück ins Arbeitsleben führen könnten. Wird dieser Prozess jedoch vom Arbeitgeber vernachlässigt, wiegt dies in der Regel stark zugunsten des Arbeitnehmers und kann die Kündigung unwirksam machen.

  • Kündigung: Erst wenn alle Alternativen ausgeschöpft und keine tragfähigen Lösungen gefunden wurden, bleibt als letzter Schritt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Missverständnisse rund um die krankheitsbedingte Kündigung

Es kursieren zahlreiche Irrtümer, wenn es um die Kündigung wegen Krankheit geht – Zeit, einige Klarheiten zu schaffen:

  • Kurze Ausfälle zählen nicht: Ein paar Wochen oder Monate Fehlzeit reichen in der Regel nicht aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen.

  • Kündigungsschutz bleibt stark: Während einer Erkrankung genießen Arbeitnehmer einen besonderen Schutz, der nicht einfach ausgehebelt werden kann.

  • Kein Freifahrtschein für Arbeitgeber: Auch bei einem berechtigten Interesse an der Kündigung müssen soziale Kriterien berücksichtigt und Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.

  • Abmahnung irrelevant: Anders als bei verhaltensbedingten Kündigungen ist eine Abmahnung bei krankheitsbedingten Fällen nicht erforderlich.

Hilfreiche Strategien für Arbeitnehmer bei längerer Krankheit

Wenn Ihre Krankheit länger andauert und Sie befürchten, gekündigt zu werden, könnten diese Tipps hilfreich sein:

  • Ärztliche Nachweise sammeln: Dokumentieren Sie Ihre Erkrankung sorgfältig, indem Sie Atteste und Berichte bereithalten – sie können entscheidend sein, um Ihre Situation zu untermauern.

  • Kommunikation nicht abbrechen lassen: Halten Sie den Austausch mit Ihrem Arbeitgeber aufrecht und zeigen Sie Bereitschaft, an Lösungen mitzuarbeiten. Dies kann den Verlauf erheblich beeinflussen.

  • Rechtliche Unterstützung einholen: Scheuen Sie nicht davor zurück, rechtliche Unterstützung zu suchen. Ein kompetenter Anwalt hilft Ihnen dabei, Ihre Rechte zu verstehen und optimal für sich einzustehen.

Fazit

Auch wenn eine Kündigung aufgrund einer längeren Krankheit rechtlich möglich ist, sind die Hürden hoch und die Voraussetzungen streng. Arbeitnehmer sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um optimal geschützt zu sein. Falls Sie Fragen haben oder individuelle Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite, um gemeinsam eine Lösung für Ihre rechtlichen Anliegen zu finden.

Foto(s): Anja Jäger

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