Legalisierung von Cannabis – ist kiffen am Arbeitsplatz erlaubt?
- 6 Minuten Lesezeit
Seit dem 01.04.2024 hat die weltweit fortschreitende Legalisierung von Cannabis auch Deutschland erreicht. Denn seit diesem Tag ist der Besitz, Anbau und Konsum von Cannabis – kurz um also das kiffen – in gewissen Mengen erlaubt. Hierdurch ergeben sich auch für den Arbeitsalltag zahlreiche Fragen: „Kiffen am Arbeitsplatz – darf ich das?“
Was ist erlaubt?
Die Ampelregierung hat mit Wirkung zum 01.04.2024 eines ihrer Wahlversprechen tatsächlich umgesetzt. Mit dem Cannabisgesetz ist nunmehr der Anbau, der Besitz und der Konsum von bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigengebrauch in der Öffentlichkeit erlaubt. Eine darüberhinausgehende Menge bleibt auch weiterhin strafbar, ebenso der Konsum in bestimmten Bereichen wie etwa in der Nähe von Schulen, sowie der Handel.
Eine allgemeine gesetzliche Regelung, wann und ob der Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz erlaubt ist, existiert hingegen nicht. Arbeitnehmer sind jedoch im Rahmen des Arbeitsvertrages grundsätzlich dazu verpflichtet, ihrem Arbeitgeber die Arbeitsleistung ungetrübt und frei von entsprechenden Beeinträchtigungen zur Verfügung zu stellen. Hieran fehlt es jedoch, wenn durch den Konsum von Cannabis ähnlich wie bei Alkohol die Wahrnehmung und die motorischen Fähigkeiten des Arbeitnehmers eingeschränkt sind. Dementsprechend kann auch hier ein Verstoß bereits durch den Arbeitgeber geahndet werden, wenn entsprechende Auswirkungen ersichtlich sind.
Der Gefahr einer Abmahnung und Kündigung setzen sich Arbeitnehmer insbesondere dann aus, wenn sie aufgrund der beeinträchtigten Leistungsfähigkeit eine Gefahr für Mitarbeiter und Kunden darstellen. Kommt es aufgrund des Konsums von Cannabis oder Alkohol zu Verletzungen oder entsprechenden Vorfällen, so kann dies eine Kündigung begründen. Dies gilt vor allem auch für jene Tätigkeiten, in denen erhebliche Gefahren durch den Einfluss entsprechender Suchtmittel entstehen oder für die in Spezialgesetzen bereits entsprechende Verbote bestehen, wie etwa Berufskraftfahrer oder Piloten.
Rechtliche Fragen am Arbeitsplatz – ist ein Verbot zulässig?
Die Diskussion darüber, ob das Kiffen am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit erlaubt ist oder nicht ergibt sich vor allem in den Bereichen, in denen bisher noch keine eindeutige betriebliche oder vertragliche Regelung vorliegt. Zwar haben Unternehmen in der Regel Vorschriften hinsichtlich des Konsums von Alkohol und anderer illegaler Suchtmittel, eine spezifische Regelung zum nunmehr legalen Kiffen am Arbeitsplatz fehlt aufgrund der aktuellen Situation hingehen oftmals.
Grundsätzlich ist hierbei auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO abzustellen. Denn dieses ermöglicht dem Arbeitgeber, die Arbeitsleistung näher zu bestimmen und hierbei Regelungen hinsichtlich des Inhalts, des Orts und der Zeit der Arbeitsleistung festzuhalten. Hierbei gilt, dass je unpräziser und unkonkreter der Arbeitsvertrag und die betrieblichen Reglungen ausgestaltet sind, umso stärker ist das Weisungsrecht. Der Arbeitgeber hat durch die Ausübung seines Weisungs- und Hausrechts somit die Möglichkeit, den Konsum von Rauschmitteln – sei es Alkohol oder eben Cannabis – auf dem Betriebsgelände und während der Arbeitszeit zu untersagen.
Ein entsprechendes Verbot sollte schon aus Kenntnis- und Beweisgründen bereits im Arbeitsvertrag oder in Form einer innerbetrieblichen Anweisung erfolgen; sofern ein Betriebsrat besteht muss mit diesem eine entsprechende Betriebsvereinbarung getroffen werden. Ein generelles Verbot von berauschenden, die Arbeitsleistung beeinflussenden Mitteln ist daher möglich und dient neben dem reibungslosen Ablauf der Arbeitsleistung auch der Sicherung des Gesundheitsschutzes und auch dem Schutz der übrigen Mitarbeiter.
Vorsicht auf dem Arbeitsweg
Für das Arbeitsverhältnis gilt grundsätzlich die Regel „privat ist privat“, d. h. der Arbeitgeber darf nicht in die Privatsphäre des Arbeitnehmers eingreifen. Sobald der Arbeitnehmer das Betriebsgelände verlassen hat ist er also grundsätzlich dem Weisungsrecht des Arbeitgebers entzogen. Doch bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeit frei kiffen darf? Nicht ganz – denn Auswirkungen auf die Arbeit und ein Bezug zu dieser sollten dennoch vermieden werden.
Arbeitnehmer sollten hierbei vor allem auf dem Arbeitsweg genau aufpassen, denn auch hier kann sich in der Regel schnell ein Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis ergeben. Zwar ist der Weg zur Arbeit und der Heimweg grundsätzlich als Freizeit und Privatsache des Arbeitnehmers zu werten. Auf den Cannabis Konsum auf dem Weg zur Arbeit sollte grundsätzlich dennoch lieber verzichtet werden. Denn durch den Konsum kann die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers beeinträchtigt werden, wobei die Wirkung dann wohl auch bis in die Arbeitszeit anhält. Weil der Arbeitnehmer jedoch seine volle, ungetrübte Leistungsfähigkeit schuldet führen entsprechende Beeinträchtigungen schnell zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Sofern der Arbeitnehmer also auf dem Weg zur Arbeit außerhalb des Betriebsgeländes Cannabis konsumiert ist davon auszugehen, dass die Wirkung auch während der Arbeitszeit noch anhält – und hierdurch entsprechende Konsequenzen drohen.
Der Heimweg kann hingegen anders zu beurteilen sein. Konsumiert der Arbeitnehmer mit Austritt aus dem Betriebsgelände zum Feierabend Cannabis und ist er am nächsten Tag bzw. zu seinem nächsten Arbeitsbeginn frei von entsprechenden Auswirkungen, so ist dies durchaus möglich. Sofern der Arbeitnehmer jedoch beispielsweise auch auf dem Heimweg noch besondere Arbeitskleidung trägt, sollte auch hier der Konsum von Cannabis wohl überlegt sein. Denn durch das Tragen der Arbeitskleidung kann auch das private Verhalten des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber zurückfallen bzw. mit diesem in Verbindung gebracht werden und hierdurch womöglich dessen Reputation schädigen. Insbesondere in Unternehmen, in denen mitunter eine strenge, konsumfreie Arbeitspolitik vorgelebt und erwartet wird, kann dies somit entsprechende Folgen haben.
Regeln für Betriebsfeiern und bei Arbeitsunfällen
Betriebsfeiern, die außerhalb der regulären Arbeitszeit stattfinden sind in der Regel als Freizeit zu bewerten. Entsprechend der vorgenannten Regelungen bedeutet dies demnach, dass das Kiffen während dieser Feier grundsätzlich möglich ist. Sofern die Feier jedoch auf dem Betriebsgelände stattfindet oder durch den Arbeitgeber veranstaltet wird, so bleibt es diesem als Veranstalter vorbehalten, den Konsum von Betäubungsmitteln im Rahmen seines Hausrechts zu untersagen. Ebenso ist es jedoch möglich, dass der Arbeitgeber die Vorgaben für die Betriebsfeier lockert und es den Arbeitnehmern selbst überlässt. Auch hier ist eine entsprechende Regelung und Kommunikation der Beteiligten zu empfehlen.
Bei Arbeitsunfällen kann sich der Konsum von Cannabis für Arbeitnehmer zudem ebenfalls negativ auswirken. Denn kommt es durch den Einfluss von Cannabis zu diesem Unfall und gefährdet der Arbeitnehmer hierdurch sich selbst oder andere, so kann für den grundsätzlich unfallversicherten Arbeitnehmer der Versicherungsschutz entfallen. Die gesetzlichen Unfallversicherungen verfolgen in diesem Sinne eine „Null Alkohol und Null Cannabis“ Regelung für den Arbeitsplatz. So heißt es in § 15 Abs. 2 DGUV:
„Versicherte dürfen sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.“
Zwar kommt es durch den Cannabiskonsum bisher noch nicht zwingend zu einem Verlust des Versicherungsschutzes, weil entsprechende Grenzwerte noch nicht vorliegen und auch die Erfahrungswerte noch nicht bestehen. Stellt sich jedoch nachträglich heraus, dass der Cannabiskonsum eine wesentliche Ursache für den Arbeitsunfall war, so kann es durchaus zu entsprechenden Konsequenzen kommen.
Fazit
Auch wenn der Konsum von Cannabis durch die neue Gesetzeslage also grundsätzlich erlaubt ist, sollte am Arbeitsplatz zunächst vorsichtig damit umgegangen werden. Je nachdem, wie der Konsum in den jeweiligen Betrieben geregelt ist, sollte nicht leichtsinnig hiermit umgegangen werden. Für gewisse Berufsgruppen oder bei Gefährdung von Kollegen und Kunden kann dabei bereits ein erster Verstoß ernste Konsequenzen mit sich bringen. Doch auch für sich selbst sollten Arbeitnehmer auf den Cannabiskonsum während der Arbeitszeit verzichten, da sich ein hierdurch entstehender Arbeitsunfall auch finanziell erheblich negativ auswirken kann.
Sie wurden abgemahnt oder sogar gekündigt, weil Sie Cannabis konsumiert haben? Haben Sie Fragen zu Ihrem Arbeitsvertrag, einem Arbeitszeugnis oder benötigen Sie Unterstützung in einem arbeitsrechtlichen Fall? Ich berate und vertrete Sie gern. Schreiben Sie mir jederzeit gern eine E-Mail an info@kanzlei-apitzsch.de , über das Anwalt.de Profil oder rufen Sie mich einfach an unter 0341 234 60 119. Gemeinsam finden wir die bestmögliche Lösung für Ihr Anliegen.
Robert Apitzsch
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht
Martin-Luther-Ring 13, 04109 Leipzig
T.: 0341 234 60 119
info@kanzlei-apitzsch.de
www.kanzlei-apitzsch.de
Artikel teilen: