Mein Ehepartner ist aus dem Haus ausgezogen – schulde ich ihm/ihr jetzt Miete?

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Häufig haben Eheleute gemeinsame Immobilien, die sie auch bis zu einer Trennung gemeinsam bewohnen. Kommt es hiernach zur Trennung, zieht ein Ehepartner meist aus, der andere bleibt in der ehemals ehelichen Wohnung alleine zurück und nutzt daher diese Immobilie. Oft gestaltet es sich so, dass vor allen Dingen der betreuende Elternteil mit minderjährigen Kindern zumindest in der ersten Zeit nach der Trennung im gemeinsamen Haus verbleibt.

Der weichende Ehegatte sieht sich nun damit konfrontiert, nicht nur bestehende Hausfinanzierungslasten weiter bedienen zu müssen, er trägt daneben auch eine neue Miete. Diese doppelte finanzielle Belastung wird schnell als ungerecht empfunden und es stellt sich die Frage, ob nicht der im Eigenheim verbleibende Ehegatte eine Miete zu zahlen hat.

Die Frage beurteilt sich nach mehreren Aspekten. gesetzlich ist zunächst in § 1361 b Abs. 3 BGB geregelt, dass grundsätzlich ein ausgezogener Ehegatte vom anderen eine Vergütung für die Wohnungsnutzung verlangen kann. Voraussetzung neben der Nutzungsüberlassung ist nach dem Gesetzestext jedoch auch, dass dieser Anspruch der Billigkeit entspricht.

Erstes Augenmerk bei der Prüfung eines solchen Anspruchs sollte der Unterhaltsansprüche in diesem Zusammenhang gelten. Sind nämlich Finanzierungslasten oder Wohnvorteil in der Berechnung von Unterhaltsansprüchen bereits berücksichtigt, scheidet eine weitere Nutzungsvergütung aus. Denn der Anspruch auf Nutzungsvergütung ist ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch, der nicht anderweitig bereits familienrechtlich kompensiert worden sein darf. Auch wenn sich die Eheleute zum Beispiel darauf geeinigt haben, keinen Unterhalt zu zahlen, dafür aber den Verbleib eines Ehegatten im gemeinsamen Heim mit in ihre Überlegungen einbezogen haben, reicht dies für den Ausschluss einer Nutzungsvergütung aus. Gegebenenfalls ist eine Nutzungsvergütung auch bereits dann ausgeschlossen, wenn ein Unterhaltsanspruch bestanden hätte, dieser aber nur nicht geltend gemacht wurde.

Endet jedoch ein Unterhaltsanspruch, kann auch der Anspruch auf Nutzungsentschädigung erneut aufleben. In diesem Fall ist allerdings Voraussetzung, dass ein konkretes Zahlungsverlangen des weichenden Ehegatten vorliegen muss, der Ehegatte muss eine bezifferte Vergütung verlangen. Es kann sodann geprüft werden, ob dem anderen Ehegatten gegebenenfalls eine Überlegung-und Auszugsfrist einzuräumen ist. Denn auch der Betroffene muss sich auf die Geltendmachung eines solchen Anspruchs erst einstellen können. Insofern gibt es Parallelen zum Unterhaltsrecht.

Sodann ist auch zu prüfen, inwieweit eine Vereinbarung der Eheleute darüber besteht, wer die Finanzierungslasten der Immobilie trägt. Trägt der verbleibende Ehegatte die Lasten, sind diese jedenfalls einer Nutzungsvergütung gegenzurechnen.

Im Anschluss hieran ist in eine Billigkeitserwägung einzustellen, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen die Eheleute leben. Verbleibt ein Ehegatte im gemeinsamen Heim und ist beispielsweise aufgrund der Betreuung eines minderjährigen Kindes nicht oder wenig erwerbstätig, scheidet eine Leistungsfähigkeit für eine Nutzungsentschädigung regelmäßig aus. In diesem Fall hält die Rechtsprechung die Geltendmachung einer Nutzungsvergütung für nicht gerechtfertigt, da sie nicht der Billigkeit entspricht.

Auch entspricht es nicht der Billigkeit, eine Nutzungsvergütung zu verlangen, wenn der verbleibende Ehegatte zwingend auf die Nutzung der ehelichen Wohnung angewiesen ist, wenn diese von diesem auch zu beruflichen Zwecken genutzt wird, wenn zu versorgende Kinder vorhanden sind usw., es sind mithin sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalls miteinzubeziehen.

Abschließend sei erwähnt, dass in die Erwägungen um eine geschuldete Nutzungsvergütung auch die Anzahl der Mitbewohner mit ausschlaggebend ist, die Rechtsprechung nimmt insofern auch die Pro-Kopf-Anzahl der Mitbewohner in Augenschein.

Vorstehende Ausführungen gelten für die Dauer der Trennungszeit, mithin vor Rechtskraft eines Scheidungsbeschlusses. Auch im Laufe der Trennungszeit können sich die Verhältnisse ändern, es ist daher sinnvoll, in längeren Zeitabschnitten die Situation neu zu betrachten.

RAin Helicia Herman

München, 24.03.2017


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