Memento Mori

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Dieses alte lateinische Sprichwort erinnert uns an die Tatsache, dass wir uns unserer Sterblichkeit bewusst sein sollen. Nur zwei kurze Worte über deren Bedeutung, die wir stundenlang diskutieren können. Was bedeutet das eigentlich, sich seiner Sterblichkeit bewusst zu sein? An dieser Stelle möchte ich Sie mit meinen eigenen diesbezüglichen Betrachtungen nicht unnötig belasten, auch wenn das vielleicht schön poetisch sein könnte, sondern konzentriere mich lieber auf einige mit dem Erbrecht zusammenhängende Fragen.

Ich persönlich finde die neusten Regeln bei grenzüberschreitenden Erbfällen sehr interessant und ich würde gerne durch diesen Artikel etwas mehr Licht in dieses Thema für Sie bringen. Wenn Sie diesbezüglich mehr erfahren wollen, dann widmen Sie bitte Ihre Aufmerksamkeit dem weiteren Text.

Für alle Bürger der Europäischen Union ist es wichtig, sich zu merken, dass ab 17.08.2015 in allen EU-Mitgliedstaaten im Nachlassverfahren mit einem fremden Bestandteil ein neues System geltend gemacht wird. Dieses neue System wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (nachfolgend als „Verordnung“ genannt) eingeführt.

Dänemark, Irland und Großbritannien sind die Staaten, die diesbezüglich eine Ausnahme bilden und die die Verordnung nicht umsetzen werden. Die Verordnung bezieht sich dabei auf die Erbfälle nach den Personen, die am 17.08.2015 oder später verstorben sind.

In der Präambel ist das Ziel und der Sinn der Verordnung wie folgt definiert: „Die Hindernisse für den freien Verkehr von Personen, denen die Durchsetzung ihrer Rechte im Zusammenhang mit einem Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug derzeit noch Schwierigkeiten bereitet, sollten ausgeräumt werden, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern. In einem europäischen Rechtsraum muss es den Bürgern möglich sein, ihren Nachlass im Voraus zu regeln. Die Rechte der Erben und Vermächtnisnehmer sowie der anderen Personen, die dem Erblasser nahestehen, und der Nachlassgläubiger müssen effektiv gewahrt werden“.

Nach der Verordnung sind für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wobei die Verordnung nicht näher regelt, wie der letzte gewöhnliche Aufenthalt genau zu definieren ist.

Aus oben Angeführtem resultiert, (i) dass die gerichtliche Zuständigkeit aufgrund eines gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers zu bestimmen ist, und dass (ii) in der Erbsache das Gericht des Mitgliedsstaats handelt, in welchem sich das Zentrum seines gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens befunden hat. Ferner ist diesbezüglich zu prüfen, wo der Erblasser ansässig war und wo er die engsten familiären, arbeitsrechtlichen, gesellschaftsrechtlichen und Vermögensbindungen hatte, und zwar ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit. Gleichzeitig gilt auch, dass, wenn sich aus allen Umständen der Sache klar ergibt, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes nachweislich engere Bindungen zu einem anderen Staat hatte als zu dem Staat, dessen Recht unter Berücksichtigung von Kriterien des gewöhnlichen Aufenthalts zuständig gewesen wäre, in Erbsachen ausnahmsweise das anwendbare Recht dieses anderen Staates zuständig sein wird.

Im Artikel 23 der Verordnung ist der Umfang der Reichweite des anzuwendenden Rechts, nach dem der gesamte Nachlass geregelt wird, näher definiert. Diesem Recht unterliegen insbesondere:

  1. die Gründe für den Eintritt des Erbfalls sowie dessen Zeitpunkt und Ort;
  2. die Berufung der Berechtigten, die Bestimmung ihrer jeweiligen Anteile und etwaiger ihnen vom Erblasser auferlegter Pflichten sowie die Bestimmung sonstiger Rechte an dem Nachlass, einschließlich der Nachlassansprüche des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners;
  3. die Erbfähigkeit;
  4. die Enterbung und die Erbunwürdigkeit;
  5. der Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte, Rechte und Pflichten auf die Erben und gegebenenfalls die Vermächtnisnehmer, einschließlich der Bedingungen für die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft oder eines Vermächtnisses und deren Wirkungen;
  6. die Rechte der Erben, Testamentsvollstrecker und anderer Nachlassverwalter, insbesondere im Hinblick auf die Veräußerung von Vermögen und die Befriedigung der Gläubiger, unbeschadet der Befugnisse nach Artikel 29 Absätze 2 und 3;
  7. die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten;
  8. der verfügbare Teil des Nachlasses, die Pflichtteile und andere Beschränkungen der Testierfreiheit sowie etwaige Ansprüche von Personen, die dem Erblasser nahestehen, gegen den Nachlass oder gegen den Erben;
  9. die Ausgleichung und Anrechnung unentgeltlicher Zuwendungen bei der Bestimmung der Anteile der einzelnen Berechtigten und
  10. die Teilung des Nachlasses.

Es ist zu betonen, dass die Rechtswahl in der Verordnung ausdrücklich genehmigt wird. Laut Verordnung ist es dem Erblasser erlaubt, selbst das anwendbare Recht, dem die Erbschaft des gesamten Nachlasses unterliegen wird, mittels Rechtswahl zu wählen, wobei er das Recht des Staates wählen kann, dessen Staatsangehörigkeit er bei der Rechtswahl oder zu seinem Todeszeitpunkt angehört.

Eine Person, die mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt, kann das Recht eines der Staaten wählen, denen sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. Die Rechtswahl muss ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen oder sich aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben. Die materielle Wirksamkeit der Rechtshandlung, durch die die Rechtswahl vorgenommen wird, unterliegt dem gewählten Recht. Die Änderung oder der Widerruf der Rechtswahl muss den Formvorschriften für die Änderung oder den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen entsprechen.

Aus dem Angegebenen ergibt sich nun ganz klar, dass, wenn der Ausländer – EU-Bürger (z. B. der deutsche Staatsangehörige) – seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Slowakei hatte und er nicht wollte, nach seinem Tod die Entscheidung in der Erbsache dem slowakischem Gericht unterliegen würde, er selbst wählen konnte, dass sich seine Erbschaft nach dem Recht des Staates richtet/richten würde, dessen Staatsangehöriger er ist (mit dem deutschem Recht).

Aus Gründen der Rechtssicherheit und um eine Nachlassspaltung zu vermeiden, sollte der gesamte Nachlass, d. h. das gesamte zum Nachlass gehörende Vermögen, diesem Recht unterliegen, unabhängig von der Art der Vermögenswerte und unabhängig davon, ob diese in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat belegt sind. Aus diesem Grund kann eindeutig festgestellt werden, dass sich der gesamte Nachlass nach der bestimmten Rechtsordnung richten soll.

Was die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen betrifft, legt die Verordnung fest, dass die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.

Wird die Anerkennung in einem Rechtsstreit vor dem Gericht eines Mitgliedstaats, dessen Entscheidung von der Anerkennung abhängt, verlangt, so kann dieses Gericht über die Anerkennung entscheiden. Die in einem Mitgliedstaat ergangenen und in diesem Staat vollstreckbaren Entscheidungen sind in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar, wenn sie auf Antrag eines Berechtigten dort für vollstreckbar erklärt worden sind. Eine Entscheidung wird jedoch nicht anerkannt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich widersprechen würde.

Mit dieser Verordnung wird ein Europäisches Nachlasszeugnis (im Folgenden „Zeugnis“) eingeführt, das zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird. Das Zeugnis kann während des Erbverfahrens oder auch nach seiner rechtsgültigen Beendigung erlassen werden. Das Zeugnis ist zur Verwendung durch Erben, durch Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass und durch Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter bestimmt, die sich in einem anderen Mitgliedstaat auf ihre Rechtsstellung berufen oder ihre Rechte als Erben oder Vermächtnisnehmer oder ihre Befugnisse als Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter ausüben müssen. Das Zeugnis stellt ein wirksames Schriftstück für die Eintragung des Nachlassvermögens in das einschlägige Register eines Mitgliedstaats dar.

In der Slowakischen Republik ist zur Ausstellung des Zeugnisses ein durch das Gericht beauftragter Notar ermächtigt. Der Notar wird das Zeugnis aufgrund eines Gesuches ausstellen und wird es im notariellen zentralen Urkundenregister registrieren. Wenn die zur Ausstellung des Zeugnisses erforderlichen Bedingungen nicht erfüllt sind, wird der Notar darüber unverzüglich den Antragsteller informieren. In der Benachrichtigung werden Gründe der Nichtausstellung des Zeugnisses angeführt. Das Zeugnis wird auf dem ganzen Gebiet der EU akzeptiert.

Es ist ebenso wichtig zu erwähnen, dass die Verordnung lediglich auf die EU-Staaten anzuwenden ist. Die Fälle außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung sind speziell zu regeln, abhängig von einem konkreten Fall.

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat und Sie zugleich über das slowakische Erbrecht mehr erfahren möchten, stehen Ihnen auch die weiteren Artikel zur Verfügung, aus denen Sie über erbrechtliche Grundsätze im slowakischen Erbverfahren mehr erfahren können.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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