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Mieterhöhungsverlangen muss allen Mietern zugehen

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Gerade im Verhältnis Mieter-Vermieter kommt es immer wieder zu Streitereien. Das gilt insbesondere bei Mieterhöhungen. Sofern nicht gerade erhebliche Modernisierungen durchgeführt wurden, ist es für den Mieter nämlich unverständlich, warum er plötzlich mehr Geld zahlen soll. Doch wann darf ein Wohnungskäufer die Miete erhöhen und reicht es aus, das Erhöhungsverlangen nur an einen Mieter zu übergeben?

Kündigung wegen Mietrückstands

Ein Mann zog 1975 mit seiner Frau und seiner 17-jährigen Tochter in eine Wohnung, die im Jahr 2013 verkauft wurde. Der Erwerber verlangte prompt mehr Miete, noch bevor er überhaupt als Eigentümer im Grundbuch stand. Auch hatte er das Erhöhungsverlangen nur an den Familienvater gerichtet, obwohl alle drei Familienmitglieder – die Tochter vertreten durch die Mutter – Mietvertragsparteien geworden waren.

Der Familienvater stimmte der Mieterhöhung zunächst zu, weil er glaubte, zur Zahlung der höheren Miete verpflichtet zu sein und überwies den Betrag zumindest einmal. In der Zwischenzeit wurde der Erwerber ins Grundbuch eingetragen. Als die Mietzahlungen im Jahr 2015 zweimal ausblieben, kündigte der Vermieter das Vertragsverhältnis – allerdings nur gegenüber dem Familienvater.

Der wiederum erklärte, dass sowohl das Mieterhöhungsverlangen als auch die Kündigung unwirksam seien, weil die Schreiben stets nur an ihn zugegangen seien. Etwaige Mietrückstände seien durch eine Vorschusszahlung durch den Mieter auszugleichen. Nun erwiderte der Vermieter, dass er der mittlerweile erwachsenen Tochter die Schreiben nicht habe zukommen lassen müssen, weil sie längst aus der Mietwohnung ausgezogen sei. Im Übrigen sei mietvertraglich vereinbart worden, dass Erklärungen des Vermieters an einen Mieter ausreichen, um gegenüber allen Mietern wirksam zu werden. Er zog daher vor Gericht und verlangte Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Mietverhältnis wurde nicht wirksam beendet

Nach Ansicht des Landgerichts (LG) München I ist das Mietverhältnis nicht wirksam beendet worden – der Vermieter durfte daher weder die Räumung noch die Herausgabe der Wohnung fordern.

Kündigungsschreiben nur an einen Mieter verschickt

Sind mehrere Personen Mieter einer Wohnung, muss der Vermieter ihnen allen gegenüber die Kündigung erklären. Auch muss das Kündigungsschreiben allen Mietern zugehen. Das ist problemlos möglich, wenn die Mieter noch alle in der Wohnung leben. Ist dagegen ein Mieter ausgezogen und steht er noch immer als Partei im Mietvertrag, ist der Vermieter verpflichtet, seine neue Adresse ausfindig zu machen – etwa durch entsprechende Nachfrage bei den anderen Mietern.

Vorliegend hat nur ein Mieter das Kündigungsschreiben erhalten, obwohl insgesamt drei Personen die Wohnung ursprünglich angemietet haben. Damit ist die Kündigung nicht ordnungsgemäß zugegangen. Die Mietvertragsklausel, wonach die Erklärung des Vermieters gegenüber einem Mieter für alle Mieter gelten sollte, war im Übrigen unwirksam. Denn die abwesenden Mieter werden so unangemessen benachteiligt – letzten Endes würden sie nämlich von relevanten Erklärungen des Vermieters – wie Kündigung oder Mieterhöhungsverlangen – nichts erfahren und in Bezug auf deren Rechtsfolgen vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Im Übrigen führte allein der Auszug der Tochter noch nicht zu Änderungen am Mietvertrag. Sie war somit nach wie vor Mieterin und hätte ein Kündigungsschreiben erhalten müssen.

Keine Mieterhöhung zulässig?

Will ein Vermieter das Vertragsverhältnis kündigen, benötigt er dafür einen Grund, z. B. Eigenbedarf oder Mietrückstand. Vorliegend machte der Vermieter geltend, über zwei Monate keine Miete erhalten zu haben.

Zunächst war zu berücksichtigen, dass er nicht die erhöhte Miete verlangen durfte, sondern nur die ursprünglich vereinbarte. Hierfür gab es mehrere Gründe.

Darf der Erwerber mehr Geld verlangen?

Allein der Vermieter ist berechtigt, die Miete zu erhöhen. Kauft ein Dritter die Wohnung, kann er somit erst mehr Geld fordern, wenn er als neuer Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurde und damit offiziell Vermieter ist. Vorliegend hat der Erwerber aber nicht so lange gewartet, sondern noch vor dem Grundbucheintrag mehr Geld beansprucht. Sein verfrühtes Erhöhungsverlangen war daher unwirksam.

Erhöhungsverlangen muss allen Mietparteien zugehen

Im Übrigen hatten nicht alle Vertragspartner das Mieterhöhungsverlangen erhalten. Der Zugang an sämtliche Mieter ist aber zwingend notwendig, ansonsten entfaltet das Schreiben – wie auch eine Kündigung – keinerlei Wirkung. Alles andere würde nämlich zu dem unakzeptablen Ergebnis führen, dass der Mieter, der nichts von der Mieterhöhung weiß, lediglich die ursprünglich vereinbarte Miete zahlt, und der Vermieter irgendwann wegen Mietrückstands kündigen könnte. 

Zwar lebte eine Mieterin nicht mehr in der Wohnung – sie zahlte daher wohl auch keine Miete mehr und wäre somit von der Mieterhöhung nicht unmittelbar betroffen. Da sie aber ebenfalls als Mietpartei im Vertrag stand, musste sie dennoch über die geplante Mieterhöhung informiert werden.

Mehr Geld gezahlt – Mieterhöhung akzeptiert?

Wird eine Mieterhöhung vereinbart, muss der Mietvertrag entsprechend geändert werden. Daher genügt es nicht, wenn nur einer der Vertragspartner einer Mieterhöhung zustimmt. Seine Erklärung gilt nicht für die anderen Mieter und führt daher nicht automatisch zur Änderung des Vertrags. Vorliegend führte daher die alleinige Zustimmung des Mieters nicht zur Mieterhöhung – es war daher auch weiterhin nur der ursprünglich vereinbarte Geldbetrag zu zahlen. 

Im Übrigen hat der Mieter seine Zustimmung erteilt, bevor der Erwerber der Wohnung als neuer Eigentümer ins Grundbuch eingetragen worden war. Der Käufer war in rechtlicher Hinsicht zu dieser Zeit noch kein Vermieter und daher gar nicht berechtigt, mehr Miete zu verlangen.

Letztlich war in der einmaligen Zahlung des erhöhten Betrags ebenfalls keine wirksame Zustimmung zur Mieterhöhung zu sehen. Zuvor hatte er nämlich ausdrücklich der Mieterhöhung zugestimmt, weil er dachte, keine andere Wahl zu haben. Die Zahlung des Geldes stellte damit keine verbindliche Erklärung dar, sondern lediglich eine reine Handlung.

(LG München I, Urteil v. 12.10.2016, Az.: 14 S 6395/16)

(VOI)

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