Mitteilungspflicht eines Zeugen auch zu nicht ausdrücklich gestellten Fragen

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Der BGH hat entschieden, dass eine zum Gegenstand der Vernehmung gehörige Sache durch einen Zeugen auch dann mitgeteilt werden muss, wenn dieser nicht ausdrücklich danach gefragt wird.


Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Das Landgericht verurteilte die Angeklagte wegen falscher uneidlicher Aussage zu einer Geldstrafe.


Dieser Verurteilung gingen folgende Ereignisse voraus:

Die Angeklagte ermittelte zuvor in einem anderen Verfahren als Oberstaatsanwältin. In jenem Verfahren erfolgte eine Verurteilung der dort angeklagten Personen auf Grund einer Vernehmung eines Belastungszeugen durch das BKA; die Angeklagte wurde zu den Umständen und des Zustandekommens dieser Vernehmung in der Hauptverhandlung als Zeugin vernommen.


Auf Nachfrage des Gerichtes, wie es zur Vernehmung dieses Belastungszeugen gekommen sei, erklärte die Angeklagte, dass sie mit der Vernehmung nichts zu tun habe. Vor der Vernehmung des Belastungszeugen fand jedoch ein Gespräch unter Beteiligung der Angeklagten, des Belastungszeugen, seines Verteidigers, der Vernehmungsbeamten des BKA und weiterer Polizisten statt. Dieses Gespräch erwähnte die Angeklagte nicht.


Die Angeklagte wendete sich gegen das Urteil mit einer auf eine Sachrüge gestützten Revision, die verworfen wurde.


Der BGH begründete die Verwerfung damit, dass eine Verletzung der Pflicht zur Wahrheit auch dann vorliegt, wenn der Zeuge Tatsachen, die für den Gegenstand der Vernehmung erheblich sind, falsch wiedergibt oder – sofern sie für ihn erkennbar mit der Beweisfrage im Zusammenhang stehen – verschweigt.


„Aussage“ im Sinne der Strafprozessordnung erfasst alle zum Zeitpunkt der Äußerung potentiell erheblichen Tatsachen, die mit der Tat zusammenhängen oder zusammenhängen können.

Eine zum Gegenstand der Vernehmung gehörige und für die Entscheidung erhebliche Tatsache muss auch dann mitgeteilt werden, wenn der Zeuge nicht ausdrücklich danach gefragt wird. Er hat von sich aus alles anzugeben, was er in diesem Zusammenhang als wesentlich erkennt.


Nach diesen Maßstäben hätte die Angeklagte das Gespräch erwähnen müssen, da ein Gespräch zwischen dem Belastungszeugen und den Ermittlungsbeamten vor einer förmlichen Vernehmung mit dieser eng verknüpft ist.


BGH, Beschluss vom 23.11.2020 – 5 StR 172/20


Daniel Krug, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht


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