Mutter eines dreijährigen Kindes generell nicht zur Ganztagstätigkeit verpflichtet!

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Das Thema der Erwerbsobliegenheit von Müttern minderjähriger Kinder ist nach wie vor eine häufig diskutierte Frage im Rahmen der Berechnung von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt.

Die generelle Prüfung dieser Thematik führt zu nachfolgender von Assessorin Oleksandra Dutka, aufgestellten These: Die grundsätzlich bestehende Erwerbsobliegenheit wird auch nach der Unterhaltsrechtsreform - nach wie vor- durch die Betreuung der Kinder eingeschränkt.

Die Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils wird in gleichem Maße sowohl während der Trennungszeit als auch nach der Scheidung der Ehe eingeschränkt. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass es beim Trennungsunterhalt im Gegensatz zum nachehelichen Unterhalt nicht darauf ankommt, ob es gemeinsame Kinder sind oder nicht[1].

Die Antwort auf die Frage, ab welchem Alter des Kindes ein Elternteil verpflichtet ist, teilweise oder voll zu arbeiten, findet sich in § 1570 BGB.

Nach der alten Rechtslage, die bis 31.12.2007 galt, wurde bei der Frage, ab wann bei der Betreuung von Kindern eine Erwerbsobliegenheit beginnt, das sog. Altersphasenmodel angewandt. Danach bestand für den kinderbetreuenden Ehegatten keine Erwerbsobliegenheit, bis das jüngste Kind in der dritten Grundschulklasse war. Die Obliegenheit zur Ganztagstätigkeit bestand erst nach Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes.

Nach der Neufassung von § 1570 BGB zum 01.01.2008 wurde die Erwerbsobliegenheit bei Kinderbetreuung erheblich vorverlagert. Entsprechend dem Anspruch eines Kindes auf einen Kindergartenplatz nach § 24 Abs. 1 SGB VIII besteht bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes ein genereller persönlicher Betreuungsanspruch, selbst wenn eine Fremdbetreuung möglich wäre. Danach soll kein abrupter und übergangsloser Wechsel von einer Ganztagsbetreuung zu einer Vollzeittätigkeit, sondern ein gestufter, an den Belangen des Kindes und den bestehenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten orientierter Übergang ins Berufsleben erfolgen[2]. So die Vorgaben des Bundestages im Zusammenhang mit der Neueinführung der Gesetze.

Was bedeutet dies nun in der Praxis?

Bei Kindergartenkindern über dem 3. Lebensjahr und Schulkindern in den ersten Jahren ist gerade bei einer Ganztagsbetreuung zu beachten, dass die Kinder bei Rückkehr des betreuenden Elternteils in die Familienwohnung in noch stärkerem Umfang des persönlichen Zuspruchs der Eltern bedürfen. Dies bedeutet einen zusätzlichen, nicht unerheblichen Betreuungsaufwand.

Die Betreuung durch einen allein erziehenden Elternteil erfordert zudem wesentlich mehr Zuwendung und Anstrengung als die Kinderbetreuung in einer intakten Familie[3].

Nach BGH[4] ist deshalb eine in dieser Zeit ausgeübte Ganztagstätigkeit auch bei einer Ganztagsbetreuung überobligatorisch. Der betreuende Elternteil muss damit zunächst unter Berücksichtigung des Einzelfalls nur einer Teilzeittätigkeit nachgehen, die sich erst in einer Ganztagserwerbsobliegenheit ausweiten wird, wenn das Kind mindestens das 12. bis 15. Lebensjahr erreicht hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob ein Kind oder mehrere Kinder zu betreuen sind.

MJH Rechtsanwälte, Frau Assessorin Alexandra Dutka und Rechtsanwalt Martin J. Haas sind daher der Auffassung: Mütter sollten sich in der Situation einer Trennung/Scheidung nicht verunsichern lassen. Jedenfalls in Fällen, in denen ein leistungsfähiger Unterhaltspflichtiger für die Lebenshaltungskosten aufkommen kann, gibt es keinen Grund, überobligatorische Tätigkeit zu entwickeln und eigene Interessen und ggf. das Kindeswohl zu vernachlässigen.

[1] BGH FamRZ 1981, 17.

[2] BT-Drs 16/6980 vom 7.11.2007 S. 19.

[3] Meier FamRZ 2008, 101.

[4] BGH FamRZ 2008, 1739.


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