Nachlassverfahren in Bosnien und Herzegowina

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Nachlassverfahren in Bosnien und Herzegowina

Das Nachlassverfahren in Bosnien und Herzegowina ist ein nichtstreitiges Verfahren, das eingeleitet wird, nachdem das Gericht eine Sterbeurkunde oder eine gleichartige Urkunde nach dem Tod einer Privatperson erhalten hat. In einem Nachlassverfahren werden die Rechtsnachfolger (Erben), der Nachlass und die Rechte der einzelnen Erben bestimmt.

Das Nachlassverfahren in Bosnien und Herzegowina obliegt dem zuständigen Notar als Bevollmächtigter des Gerichts. Das Gericht, das dem Notar die Nachlasssache anvertraut hat, führt die Aufsicht über dessen Arbeit und kann aus wichtigen Gründen das Verfahren auch selbst durchführen. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem letzten Wohnort des verstorbenen Erblassers, nachrangig nach dem letzten Aufenthaltsort, dem Ort an dem sich der überwiegende Teil seines Nachlasses befindet oder dem Ort, an dem Erblasser in das Staatsbürgerbuch eingetragen ist.

Wem ein Testament in Bosnien und Herzegowina vorliegt, ist nach dem Tod des Erblassers verpflichtet, es dem nächstgelegenen Amtsgericht unverzüglich zu übergeben. Wer von einem Testament Kenntnis hat, hat das Gericht über das Bestehen des Testaments unverzüglich zu verständigen, unabhängig davon, ob es gültig ist oder nicht und wie viele Testamente es gibt. Vor einer möglichen Verhandlung fragt das Gericht beim kroatischen Testamentsregister an, ob ein Testament vorhanden ist. Es ist zu erwähnen, dass ein Testament eine förmliche Verfügung von Todes wegen darstellt, für deren Gültigkeit bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllt werden müssen.

Die Nachlassverhandlung ist der zentrale Teil des Nachlassverfahrens. Zu diesem Termin werden alle Personen geladen, die an dem jeweiligen Erbfall beteiligt sind, wie z. B. potenzielle Erben, Legatare, Testamentsvollstrecker u.a.

Die Erben müssen die Erbschaftserklärung abgeben, mit welcher sie das Erbe annehmen, ausschlagen oder einem anderen Erben abtreten. Eine einmal abgegebene Erbschaftserklärung ist unwiderruflich. Schlägt ein Erbe das Erbe aus, teilt sich sein Anteil gleichmäßig auf die übrigen Erben auf. Falls keine Erben aus der gleichen Rangordnung bestehen, werden die Nachkommen der nächsten Rangordnung zu den Erben. Ein Erbe kann das Erbe nur in seinem Namen ausschlagen. So ermöglicht der Erbe seinen eigenen Rechtsnachfolgern – in der Regel seinen Kindern –, das Erbe des Erblassers anzunehmen. Möchte ein Erbe seinen Erbteil zugunsten eines anderen, genau bestimmten Erben, abtreten, muss er zuerst das Erbe annehmen, um es dann dem anderen Erben abzutreten. Falls ein Erbe keine Erbschaftserklärung abgibt, so wird vermutet, dass er das Erbe annimmt. Eine Erbschaftserklärung, mit welcher das Erbe ausgeschlagen wurde oder einem anderen Erben abgetreten wurde, hat in Bezug auf nachträglich gefundenes Vermögen keine Gültigkeit.

Die Nachlassverhandlung wird mit dem Nachlassbeschluss beendet. Gegen den Beschluss des in einem Nachlassverfahren betrauten Notars kann innerhalb von acht Tagen nach Übermittlung an die Parteien Widerspruch eingelegt werden. Gegen den Beschluss, der in erster Instanz in einem Nachlassverfahren ergeht, kann innerhalb von fünfzehn Tagen nach Übermittlung Rechtsbehelf eingelegt werden. Aber was tun, wenn eine Person, die an dem jeweiligen Erbfall beteiligt ist, zum Nachlassverfahren aber überhaupt nicht eingeladen war? In diesem Fall gilt die Rechtskraft des Beschlusses gegenüber dieser Person nicht. Diese hat vielmehr das Recht, in einem Zivilverfahren die Echtheit des Beschlusses gegenüber den Erben und anderen Personen aus dem Beschluss anzufechten.

Der Erbe, der das Erbe angenommen hat, ist für die Schulden des Erblassers bis zur Höhe des Werts des Erbanteils haftbar. Damit haben die Gläubiger das Recht, ihre Forderungen nicht nur aus dem Nachlass zu befriedigen, sondern auch aus dem Vermögen der Erben. Das Gericht wird jedoch nach Einspruch des Erben beurteilen, ob die Schuld den Wert des Erbes übersteigt. Das gilt auch, wenn ein Erbe das Erbe angenommen hat, nur um es an einen weiteren Erben abzutreten. Wird der Nachlass dem Erbnehmer übergegeben, so können Gläubiger, die den Bestand ihrer Forderung sowie die Gefahr ihrer Nichtbefriedigung glaubhaft machen, binnen drei Monaten ab dem Tod des Erblassers die Abtrennung des Nachlasses vom Vermögen des Erben beantragen. Jedoch haben die Gläubiger dann nur das Recht zur Abfindung allein aus dem Nachlass – und nicht mehr aus dem ganzen Vermögen des Erben.

Gestaltung von Testament oder Erbvertrag

Eine erbrechtliche Regelung (Testament oder Erbvertrag) sollte individuell gestaltet werden. Sobald Sie von der gesetzlichen Erbfolge abweichen möchten, sollten Sie fachkundigen Rat in Anspruch nehmen. Es gibt kein „Testament von der Stange“, jeder Fall ist anders.

Vielfach finden sich in Testamenten Formulierungen wie „X erbt das Haus und Y das Geld“. Hier ist zu erwarten, dass es später Streitigkeiten über die Höhe der Erbquote geben wird. Formulierungen, die für Sie eindeutig erscheinen, bergen für Juristen zahlreiche Fragen und Probleme. Und es sind Juristen, die den Erbschein bei testamentarischer Erbfolge erteilen oder die später im Erbrechtsprozess über die Erbquote entscheiden. Es ist nicht eine Frage der Größe des Vermögens, ob Sie ein Testament benötigen. Vielmehr müssen Sie wissen, ob Sie von der gesetzlichen Erbfolge abweichen möchten: Dann benötigen Sie ein Testament.

Sie wollen, dass eines Ihrer Kinder möglichst nichts aus Ihrem Nachlass erhält? Auch nicht den Pflichtteil? Gerade hier gibt es keine Patentlösung und vollständig ausschließen können Sie den Pflichtteil nur unter engen Voraussetzungen. Aber es gibt Wege, so dicht wie rechtlich irgend möglich an Ihr gewünschtes Ziel zu gelangen.

Anfechtung von Testamenten

Die meisten Testamente lassen verschiedene Auslegungsmöglichkeiten zu und vielfach sind Testamente angreifbar oder anfechtbar – auch notarielle Testamente. Es gibt Möglichkeiten, ein Testament „zu kippen“. Hier sind jedoch insbesondere bei der Anfechtung von Testamenten bei Täuschung oder Drohung des Erblassers Fristen zu beachten. Zögern Sie nicht, anwaltlichen Rat einzuholen, ehe es zu spät ist.

Vorsorge

Vor dem Tod gilt es, gemeinsam mit Ihnen ein wirtschaftliches, familiäres, steuerliches und rechtliches Gesamtkonzept zu entwickeln und hierfür eine maßgeschneiderte Lösung zu entwerfen. Zu den Tätigkeiten eines Rechtsanwalts in diesem Bereich zählen die Betreuung von Unternehmensnachfolge mit all ihren Facetten, die Erstellung von speziell auf Ihre Situation zugeschnittenen Testamenten – wie Unternehmertestament, Geschiedenentestament, Behindertentestament –, die Entwicklung von Pflichtteilsvermeidungsstrategien sowie auch der Entwurf von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung zur Abrundung Ihrer Nachfolgeplanung.

Im Erbfall

Nach dem Todesfall ist der Rechtsanwalt für Erbrecht als Testamentsvollstrecker tätig oder hilft Ihnen als Berater bei Fragen der Erbauseinandersetzung, der Geltendmachung oder der Abwehr von Pflichtteilsansprüchen, bei Fragen der Testamentsauslegung, der Durchsetzung von Vermächtnisansprüchen et cetera. Weiterhin fertigt er für Sie die Erbschaftsteuererklärung an und vertritt Sie in etwaigen Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden.

Erbrecht in Bosnien und Herzegowina

Im Erbverfahren wird festgelegt, wer die hinterlassenen Erben sind, was die Hinterlassenschaft ist, welche Rechte die Erben bezüglich der Hinterlassenschaft haben sowie die Legatare und andere Personen.

Zuständigkeit für das Erbverfahren

Das Erbverfahren wird in erster Instanz beim Amtsgericht bzw. beim Notar vollzogen. Im Amtsgericht wird das Erbverfahren von einem Richter vollzogen.

Für das Erbverfahren ist das Gericht zuständig, wo der Verstorbene zuletzt wohnhaft war.

Wenn der Verstorbene zur Sterbezeit keinen Wohnsitz in Bosnien und Herzegowina hatte, ist für das Erbverfahren das örtliche Gericht zuständig, wo der Verstorbene zuletzt wohnhaft war, insofern es gesetzlich oder durch internationale Verträge nicht anders geregelt ist. Wenn der Verstorbene weder seinen Wohnsitz noch seinen Aufenthalt zum Sterbezeitpunkt in Bosnien und Herzegowina hatte, ist das örtliche Gericht, wo sich die Hinterlassenschaft befindet, zuständig. Wenn sich kein Teil der Hinterlassenschaft in Bosnien und Herzegowina befindet, ist das örtliche Gericht zuständig, wo der Verstorbene als Staatsbürger eingeschrieben ist.

Rechtsanwalt Azur Prnjavorac

Bosnien und Herzegowina



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