Notstandsdekret gegen die Wohnraumnot und illegale Ferienvermietung auf den Balearen

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Die Wohnraumnot sowie die illegale Ferienvermietung stellen eine der größten Herausforderungen der Balearen dar. Der hohe Mangel an Wohnraum sorgt seit Jahren für steigende Mieten. Im Vergleich zum Jahre 2022 steigen die Mieten um 22 % an. Ein Teil dieser Problematik ist auch, dass es einen großen Anteil an Ferienwohnungen gibt, die ohne die erforderliche touristische Lizenz zur Ferienvermietung angeboten werden.

Um diesen Problemen schnelle Abhilfe zu verschaffen, hat der Regierungsrat der Balearen am 3. Oktober 2023 ein Dekret (Decreto Ley 6/2023, de 2 de octubre, de medidas urgentes en materia de vivienda) veröffentlicht, welches dringende Sofortmaßnahmen im Bereich des Wohnens erlässt. Kernziel ist dabei die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum für die Bürgerinnen und Bürger der Balearen, ohne dabei Flächen zu verbrauchen.

Durch das Dekret soll die Möglichkeit der Schaffung neuen Wohnraums, konkret von Wohnungen mit begrenztem Preis (Im Originaltext des Dekrets als VPL = Viviendas de precio limitado bezeichnet) entstehen. Diese sind sowohl im Kauf- und Mietpreis als auch in der Fläche limitiert. Durch das Dekret werden unter anderem Abweichungen vom geltenden Baurecht zugelassen. Hiervon erfasst sind Abweichungen von der zulässigen Nutzung, Wohndichte, bebaubaren Fläche und Maximalhöhe. Im Gegenzug für diese Erleichterungen für den Eigentümer, muss der maximale Verkaufspreis und Mietpreis des Grundstücks oder Gebäudes jedoch begrenzt werden.

Für Bauherren und Kauf- und Mietinteressenten lohnt es sich, auf einige der Regelungen einen genaueren Blick zu werfen. Gerne stellen wir Ihnen nach unserer Analyse des Dekrets einige der wichtigsten Regelungen hier vor und stehen für weitergehende Beratung zur Verfügung.

Als Wohnungen mit begrenztem Preis können nur solche zugelassen werden, die eine maximale Größe von 90 Quadratmetern aufweisen. Gemäß Artikel 2 des Dekrets 6/2023 vom 2. Oktober über dringende Maßnahmen im Wohnbereich werden diese Wohnungen einen maximalen Einheitspreis pro Quadratmeter haben. Das Dekret unterscheidet jedoch zwei Typen von Wohngebäuden, zum einen den Typ 1, welcher Regelungen für den Ausbau oder die Nutzungsänderung von bereits bestehenden Gebäuden umfasst, zum anderen den Typ 2, welcher Regelungen für den Neubau von Gebäuden aufstellt.

Die VPLs dürfen maximal über einen Parkplatz und einen Lagerraum verfügen. In Bezug auf die Parkplätze wurde damit eine weitere Erleichterung im Vergleich zum bisherigen Recht zugelassen. Diejenigen Wohnungen, die unter die VPL fallen, sind vorübergehend von der üblicherweise geltenden Parkplatzreservierungspflicht gemäß dem Gesetz 12/2017 über die Stadtplanung der Balearen ausgenommen. In Bezug auf die zulässige Bebauungshöhe wird das Gesetz 12/2017 über die Stadtplanung der Balearen um die 21. Zusatzbestimmung ergänzt, wonach auf städtischen Grundstücken, auf denen die Nutzung von Gebäuden als Mehrfamilienhäuser zulässig ist, die geltenden baulichen Maximalhöhen die durchschnittliche Höhe der Gebäude auf der Insel oder des jeweiligen Straßenabschnitts um 50 % überschreiten darf. Dies soll in Bereichen mit erheblichen Höhenunterschieden zwischen den bestehenden Gebäuden neben der besseren Ausnutzung der Flächen auch zu einer Harmonisierung der Ortsbebauung führen.

Die Qualifizierung als VPL hat darüber hinaus keine Auswirkungen auf die Nutzungs- und Verfügungsbefugnis des Eigentümers, die Wohnungen können zur Eigennutzung, zum Verkauf, zur Miete oder auch zur Miete mit Kaufoption angeboten werden. Zu beachten ist jedoch, dass nur volljährige natürliche Personen mit Wohnsitz auf den Balearen Zugang zu den Wohnungen mit begrenztem Preis erhalten dürfen. Die Wohnungen müssen den ständigen Wohnsitz der Nutzer oder Begünstigten darstellen und der Nutzer oder Begünstigte darf nicht alleiniger Eigentümer einer weiteren Wohnung sein.

Im Rahmen der ersten Gruppe, den bereits bestehenden Gebäuden, ist es nunmehr zulässig, Räumlichkeiten im Erdgeschoss, welche typischerweise als Ladengeschäfte oder Lokale verwendet wurden, aber nunmehr keine Nachfrage nach gewerblichen Aktivitäten mehr besteht, in Wohnungen umzuwandeln. Eine Umwidmung zu Wohnräumen ist darüber hinaus auch für Räumlichkeiten in Obergeschossen zulässig, die üblicherweise für Verwaltungstätigkeiten oder Büros verwendet wurden. Ebenfalls zugelassen wird die Zunahme der Wohndichte in Mehrfamilienhäusern sowie eine Vereinfachung der Aufteilung von Einfamilienhäusern zu Mehrfamilienhäusern. Auch in nicht fertig gebauten, derzeit leerstehenden Häusern, ist die Errichtung von preislich begrenzten Wohnungen nunmehr zulässig, auch wenn deren Baugenehmigungen bereits abgelaufen sind oder nicht mehr erteilt werden könnten. Es müssen lediglich die Bedingungen im Hinblick auf Maße, Hygiene und Einrichtungen eingehalten werden, die in den Bewohnbarkeitsvorschriften festgelegt sind. Für solche Gebäude kann nunmehr auch eine Bewohnbarkeitsbescheinigung erlangt werden. Die Notmaßnahmen erfassen auch die Möglichkeit, preislich begrenzte Wohnungen in denkmalgeschützten Gebäuden zu errichten, sofern die zuständige Behörde ihre Zustimmung erteilt.    

In Bezug auf die touristischen Einrichtungen und Gebiete enthält das Dekret Änderungen des Tourismusgesetzes der Balearen. Nach der Neufassung des Artikels 78 des Tourismusgesetzes 8/2012 der Balearen können touristische Einrichtungen oder unbebaute Grundstücke zur touristischen Nutzung, die sich aus wirtschaftlichen Gründen im Leerstand befinden oder veraltet sind, mit Zustimmung der Verwaltung zu Wohnraum oder Wohngebieten umgewidmet werden. Ziffer 3 enthält jedoch eine Einschränkung dahingehend, dass mindestens 10 % des Gebäudes für andere Zwecke als Wohnzwecke vorgesehen sind. Darunter fällt beispielsweise die Nutzung als Einrichtung für öffentliche und kulturelle Zwecke oder für den Sport.

Um der illegalen Ferienvermietung entgegenzutreten, enthält das Dekret eine weitere Änderung des Tourismusgesetzes 8/2012 der Balearen. Demnach können touristische Einrichtungen oder Unterkünfte zur touristischen Nutzung vorübergehend geschlossen werden.

Über diese Regelungen hinaus wird eine neue Wohnform festgeschrieben, die dem Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften gerecht werden soll. Diese Wohnform – im Volksmund als Co-Living und Co-Housing bekannt – wird nunmehr gesetzlich definiert als Wohneinheit aus Räumen zur privaten Nutzung und gemeinsam genutzten Gemeinschaftsräumen. Zulässig sind Unterkünfte dieser Art auf Grundstücken mit zulässiger Wohnnutzung, ausgenommen Einfamilienhäuser.

Für die Umsetzung dieser Maßnahmen und die Registrierung der preislich begrenzten Wohnungen wird ein neues regionales Register eingerichtet. Zu beachten ist auch, dass die Maßnahmen befristet sind. Für die Beantragung zur Zulassung als VPL läuft eine Frist von zwei Jahren ab Inkrafttreten des Dekrets, zur Umsetzung läuft eine Frist von drei Jahren ab Beginn der Bauarbeiten. Die begünstigte Person muss eine verbindliche Erklärung über die Einhaltung der Zugangsbedingungen vor der Generaldirektion für Wohnungsbau und Architektur einreichen.  

Die Gemeinden können unter Umständen innerhalb ihrer städtebaulichen Befugnisse von den Maßnahmen des Dekrets abweichen.

Es bleibt abzuwarten, ob dieser Maßnahmenkatalog tatsächlich die gewünschte Wirkung entfalten wird. Unabhängig davon, stehen wir Ihnen gerne für weitergehende Beratung, auch hinsichtlich des Beantragungs- und Registrierungsprozesses einer sogenannten VPL zur Verfügung.



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