Nutzungsausfallentschädigung für 150 Tage wegen überlanger Reparatur?

  • 2 Minuten Lesezeit

Das Fahrzeug des Klägers - ein Oldie - wurde anlässlich eines Unfalls beschädigt.

Der Gegner hatte eine Verschuldensquote von 60 %.

Der Kläger macht nach dem Erstprozess in einer neuen Klage Nutzungsausfall für weitere 150 Tage geltend.

Sein Fahrzeug sei eine Sonderanfertigung. Die Ersatzteile seien nicht vorrätig, sondern mussten in Italien bestellt werden.

Die Reparatur habe sich daher viel länger - als im Sachverständigengutachten geschätzt - hingezogen.

Dafür müsse jedoch der Beklage haften.

Der Unfallgegner wendet ein, der Kläger habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen.

Ihm sei auch gar nicht bewusst gewesen, dass sich die Reparatur so lange hinziehen könnte.

Der Anspruch sei daher nicht begründet.

Wie ist die Rechtslage?

1. Schadensminderungspflicht

Dem Geschädigten steht grundsätzlich eine Nutzungsausfallentschädigung zu. Er ist jedoch mit Blick auf § 254 Abs.2 BGB gehalten, den Zeitraum durch gegebenenfalls durch Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs (Interimsfahrzeug) zu überbrücken.

2. Kauf Ersatzfahrzeug billiger als Nutzungsentgelt

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18.12.2007 in einem anderen Fall entschieden, dass Nutzungsersatz über den für die Beschaffung eines dem Unfallfahrzeug gleichwertigen Ersatzfahrzeugs erforderlichen Zeitraums hinaus nur zugebilligt werden kann, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Nutzungsentschädigung die wirtschaftlichen Nachteile, die mit der Anschaffung und dem Wiederverkauf eines Ersatzfahrzeugs zusätzlich entstehen würden, beitragsmäßig nicht wesentlich übersteigt.

3. Nur tatsächliche Kosten für Ersatzfahrzeug zählen

Nach dem Senatsurteil vom 10.03.2009 VI ZR 211/08 - in einem ähnlichen Fall - ist der Schaden für die Ersatzanschaffung aber nur zu ersetzten, wenn er tatsächlich angefallen ist. Eine fiktive Berechnung reicht nicht.

4. Bereicherungsverbot

Auch für den Nutzungsausfall gelten die schadensrechtlichen Grundsätze der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, des Wirtschaftsgebots und des Bereicherungsverbots.

5. Vorherige Benachrichtigung des Unfallgegners

Wenn erkennbar ist, dass sich die Reparatur länger hinzieht als eingeschätzt, müssen der Geschädigte und seine Versicherung informiert werden und die Alternativberechnung vorher dargestellt werden. Sie können dann entscheiden.

Ergebnis: Es gibt keinen Nutzungsausfall von 150 Tage für den Oldie, wenn für die Reparatur die Ersatzteile lange nicht besorgt werden können. Die Kosten für den Kauf eines Ersatzfahrzeuges können nur ersetzt werden, wenn diese vorher dem Gegner und dessen Versicherung angezeigt und erläutert wurden. Auch ist für einen Ersatz erforderlich, dass die Kosten tatsächlich entstehen.

Hermann Kulzer, Rechtsanwalt



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