OLG Düsseldorf bestätigt Anspruch auf Kostenübernahme eines refraktiven Linsenaustausch

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OLG Düsseldorf bestätigt Anspruch auf Kostenübernahme für refraktiven Linsenaustausch

Obwohl der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 29.03.2017, Aktenzeichen IV ZR 533/15, entschieden hat, dass die Kosten für die sog. Lasik-Operation durch den privaten Krankheitskostenversicherer zu erstatten sind, verweigern noch immer Versicherer die Kostenübernahme für einen refraktiven Linsenaustausch und begründen dies damit, dass keine medizinisch notwendige Heilbehandlung vorliegt.


Streitfrage: Vorliegen einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung?

In meinem Beitrag vom 05.11.2020 habe ich bereits die Entscheidung des Urteils des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11.04.2019 zum Aktenzeichen 7 U 146/18 dargestellt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart führt in seinem amtlichen Leitsatz wie folgt aus:

„1. Auch eine geringgradige Fehlsichtigkeit ist mit Blick auf die bestehende Korrekturbedürftigkeit eine Krankheit im Sinne von § 1 Abs. 1 MB/KK. 

2. Ein refraktiver Linsenaustausch stellt sich auch bei nur geringgradige Fehlsichtigkeit als medizinisch notwendige Heilbehandlung nach § 1 Abs. 2 MB/KK dar. Liegen Kontraindikationen nicht vor, kann eine Indikation allenfalls dann verneint werden, wenn Risiken und Nebenwirkungen so hoch wären, dass sie bereits aus objektiver Sicht die Vornahme des Linsenaustausches beim Kläger ausschließen würden.“

Ergänzend hierzu lesen Sie bitte den Beitrag: Kostenübernahme für refraktiven Linsenaustausch 

 Nach dem OLG Stuttgart hat auch das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 03.09.2019, Az. I-24 U 28/18, dem Versicherungsnehmer einen Erstattungsanspruch zugesprochen. 

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Zu Unrecht hat das Landgericht den Kläger darauf verwiesen, seine Sehschwäche durch das Tragen von Kontaktlinsen oder einer Brille zu kompensieren. (…)  

Das Tragen einer Sehhilfe stellt in Bezug auf die Fehlsichtigkeit keine Heilbehandlung dar. Brillen und Kontaktlinsen sind lediglich Hilfsmittel, mit denen körperliche Defekte über einen längeren Zeitraum ausgeglichen werden. Mit der Sehhilfe wird demnach – für den Einsatz von Hilfsmitteln kennzeichnend - unmittelbar eine Ersatzfunktion für ein krankes Organ wahrgenommen, ohne dessen Funktionsfähigkeit wiederherzustellen.“ (…) 

Danach können die beim Kläger durchgeführten refraktiven Operationen auch dann als medizinisch notwendig anzusehen sein, wenn die Möglichkeit bestanden hätte, die Fehlsichtigkeit des Klägers durch eine Brille oder Kontaktlinsen zu kompensieren. Entscheidend ist somit, ob die refraktive Operation eine Behandlungsmethode darstellt, die geeignet ist, die Fehlsichtigkeit des Klägers zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken. Steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest oder war es zumindest nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar, sie als geeignet und notwendig anzusehen, ist grundsätzlich eine Eintrittspflicht des Versicherers gegeben.“

Das Gericht führt weiter zutreffend aus, dass ein Versicherungsnehmer den Bedingungen nicht ohne weiteres entnehmen könne, dass die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung grundsätzlich davon abhängig sein soll, ob er (dauerhaft) auf ein Hilfsmittel zurückgreifen könne, dass den bei ihm bestehenden an normalen Körperzustand ausgleichen oder abschwächen könne, ohne am eigentlichen bleiben. Den Bedingungen sei eine solche generelle Subsidiarität der Heilbehandlung gegenüber dem Hilfsmittel nicht zu entnehmen und. Darüber hinaus spielen finanzielle Aspekte bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Heilbehandlung keine Rolle. Die Frage, ob eine medizinische Heilbehandlung notwendig sei, ist daher aus rein medizinischer Sicht zu beurteilen. Es besteht somit keine Beschränkung auf die kostengünstigste Behandlungsmethode.

 

Demnach ist nicht von Bedeutung, dass die Fehlsichtigkeit durch eine Brille oder Kontaktlinsen kompensiert werden könne. Entscheidend ist allein, dass objektiv feststeht oder zumindest zum Zeitpunkt der Vornahme vertretbar war, anzunehmen, dass durch die refraktive Operation die Fehlsichtigkeit geheilt, gelindert oder zumindest deren Verschlimmerung entgegengewirkt werden kann.

Diese Voraussetzungen werden in den meisten Fällen erfüllt sein.


Streitfrage: Durchführung der Operation durch niedergelassenen Arzt?

Das OLG Düsseldorf hat weiter entschieden, dass das Erfordernis der Niederlassung auch dann erfüllt ist, wenn die Behandlung durch approbierte Ärzte, die sich in einer Ärztegesellschaft zusammengeschlossen haben, stattfindet. Dies soll auch dann gelten, wenn der Zusammenschluss in der Rechtsform einer juristischen Person (also z.B. einer GmbH) erfolgt. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass deren Geschäftsführer mehrheitlich Ärzte seien und jedenfalls die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und der Stimmrechte Ärzte zustehen.

 

Fazit

Wird die Kostenübernahme für einen refraktiven Linsenaustausch mit dem Fehlen einer medizinischen Notwendigkeit begründet oder aber damit, die Operation sei nicht von einem niedergelassenen Arzt durchgeführt worden, besteht nach den genannten Entscheidungen durchaus die Chance, die Kostenerstattung durchsetzen zu können.

 

Kompetenz im Versicherungsrecht

Aufgrund meiner Erfahrung und langjährigen Tätigkeit als Fachanwältin für Versicherungsrecht auf Seiten der Versicherungsnehmer stehe ich Ihnen bundesweit für eine fachkundige Überprüfung und Durchsetzung Ihrer Leistungsansprüche gern zur Seite. Setzten Sie sich gerne mit mir in Verbindung.

RAin/FAin B. Raguse

 


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