OLG Hamburg: Kein Erfolg für Fluggesellschaft wegen fehlendem Wettbewerbsbezug

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Fluggesellschaft vs. Online-Portal für Fluggastrechte

Die größte europäische Fluggesellschaft verklagt ein Fluggastrechte-Portal auf Unterlassung wegen diverser Äußerungen.

Wie der Name vermuten lässt, unterstützt ein Fluggastrechte-Portal Fluggäste bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegen eine Airline. Dies können Entschädigungen aufgrund von Verspätungen oder Flugausfällen sein.

Mails an Kunden und Website-Auftritt des Portals lösen Streit aus

Um folgende Aussagen in Mails an Fluggäste geht es:

  • ... ignoriert unsere Beauftragung regelmäßig.
  • Die Airline tritt Verbraucherrechte mit Füßen und versucht strategisch Fluggastrechteportale, die Fluggästen dabei helfen, ihre gerechtfertigte Entschädigung zu erhalten, zu sabotieren.
  • Wir möchten Sie daher bitten, jegliche Kontaktversuche der Airline, beispielsweise eine Abfrage Ihrer Bankdaten, zu ignorieren.

Weiter stellte das Portal auf der Homepage drei Möglichkeiten der Geltendmachung von Ansprüchen vergleichend gegenüber. 
Die Durchsetzung durch den Kunden selbst, das Fluggastrechte-Portal und einen Anwalt. Dabei beschreibt das Portal das Durchsetzen "auf eigene Faust" mit:

  • ärgerlich und aussichtslos
  • geringe Erfolgschance
  • hoher Zeitaufwand (mehrere Stunden)
  • hoher Stressfaktor (Papierkrieg mit der Airline)

Nachdem das Fluggastrechte-Portal einer außergerichtlichen Abmahnung mit Unterlassungsforderung nicht nachgekommen ist, landete die Sache vor Gericht.

Kein Wettbewerbsverhältnis – UWG nicht anwendbar

Bereits erstinstanzliche wurde durch das LG Hamburg entschieden, dass keine Wettbewerbsverletzung vorliegt. Dieser Auffassung schließt sich das OLG Hamburg im Berufungsverfahren an. Zwischen einem Online-Portal für Fluggastrechte und einer Fluggesellschaft besteht kein konkretes Wettbewerbsverhältnis, da es an einer gleichartigen Leistung der Parteien und der erforderlichen Wechselwirkung fehlt. Die Airline kann daher keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche geltend machen, Urteil vom 14.03.2024, 15 U 132/22.

Voraussetzung Wettbewerbsverhältnis - Konkurrenz

Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises anbieten. Sie müssen in Bezug auf Angebot und Nachfrage in Konkurrenz stehen. Erst dann kann eine der Parteien durch ihr Verhalten den Absatz des anderen negativ beeinflussen.

Fluggastrechte-Portale konkurriert nicht mit Fluggesellschaften

Vorliegend wird zwar derselbe Verbraucherkreis angesprochen, jedoch nicht mit einer gleichartigen Dienstleistung.

Gegenüberstellung der Primärleistungen

Das Hauptgeschäft einer Airline ist der "Verkauf von Flugreisen", das eines Fluggastrechte-Portals die "Beratung in Bezug auf Fluggastrechte" und ggf. "Die Durchsetzung von Ansprüchen nach der Fluggastrechte-Verordnung". Diese Leistungen sind aus Sicht der Verbraucher nicht austauschbar und stehen daher nicht im Wettbewerb zueinander. Neben der Primärleistung bieten Fluggesellschaften ihren Fluggästen z. B. über ein Formular auf ihrer Website an, etwaige Entschädigungsansprüche direkt geltend zu machen. Wenn sich ein Fluggast zur Wahrnehmung seiner Rechte eines Fluggastrechte-Portals bedient, wird die Airline dadurch nicht benachteiligt, es werden dadurch nicht weniger Flüge gebucht (kein Umsatzverlust).

Fluggastrechte-Portale sind "kleine Anwälte"

Wie auch in anderen Bereichen des Lebens steht es den Fluggästen frei, sich einen Rechtsbeistand zur Hilfe zu nehmen. Fluggastrecht-Portale erbringen ebendiese Hilfestellung und übernehmen neben ihrer Beratungstätigkeit die Rolle eines Mittlers, um Ansprüche der Fluggäste durchzusetzen – vergleichbar mit der Geltendmachung von Forderungen durch einen Rechtsanwalt.

Auszug aus dem Urteil:

"Es gibt nach Ansicht des Senates auch sonst keinen überzeugenden Grund [...] ein Fluggastrechteportal anders zu behandeln als einen Rechtsanwalt. Beide erbringen eine Rechtsdienstleistung, mag sich auch diejenige des Fluggastrechteportals auf die außergerichtliche Tätigkeit in dem ganz speziellen Rechtsgebiet der Fluggastrechte beschränken. Das Fluggastrechteportal ist damit insoweit letztlich nichts anderes als ein „kleiner Rechtsanwalt“."

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