Petö-Therapie im Rahmen der Eingliederungshilfe kostenübernahmefähig

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Das Landessozialgericht Essen hat in seinem Urteil vom 17.05.2021 (Az. L 9 SO 271/19) erfreulicherweise entschieden, dass Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die konduktive Therapie nach Petö beansprucht werden könne, soweit keine rein medizinische Behandlung erfolgt sei.

Der Fall

Die Klägerin besucht eine Förderschule mit Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Seit ihrer Geburt leidet sie an einer unvollständigen Lähmung aller Extremitäten, sowie unter einer Sprachstörung, Intelligenzminderung und Epilepsie. Bereits seit 2015 nahm sie daher an Blocktherapien in einem Zentrum für konduktive Therapie nach Petö teil.

Petö-Therapie

Bei der Petö-Therapie handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz, der vom ungarischen Arzt und Pädagogen András Petö für Kinder und Erwachsene mit cerebralen Bewegungsstörungen entwickelt wurde. Element der Petö-Therapie ist die Zusammenführung aller Entwicklungs- und Persönlichkeitsbereiche des Kindes zu einem einheitlichen pädagogisch-therapeutischen Ansatz. Entsprechend umfasst die Therapie sowohl physio- und ergotherapeutische alsauch logopädische Zielsetzungen, sowie die altersentsprechende schulische Bildung. Die Petö-Therapie wird in der Regel in schulähnlichen Einrichtungen durchgeführt, das bedeutet also die Kinder werden in Gruppen aufgeteilt und je nach Alter mehrere Stunden bis ganztägig gefördert.

Nachdem die beklagte Behörde, der SGB XII-Träger Rhein-Kreis Neuss, die Kosten zunächst getragen hatte, lehnte sie die weitere Kostenübernahmein Höhe von ca. 2.000 € ab. Das Sozialgericht Düsseldorf gab der Beklagten zunächst fälschlicherweise in I. Instanz Recht.

Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft

Gegen das Urteil der I. Instanz legte die Klägerin Berufung ein. Daraufhin hat das Landessozialgericht Essen die Beklagte nun verurteilt, ihr Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für den streitigen Block der konduktiven Therapie nach Petö zu bewilligen. Zur Begründung führte das LSG aus, dass es sich bei der Petö-Therapie um eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, mithin soziale Teilhabe, handele und nicht um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation.

Das LSG führte weiter aus, dass sich aus dem „Zusammenfassenden Bericht“ des Unterausschusses "Heil- und Hilfsmittel" des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beratungen gemäß § 138 SGB V vom 18.05.2005 ergebe, dass die Petö-Therapie gerade keine rein medizinische, einer physikalischen Therapie vergleichbare krankengymnastische Leistung sei, sondern der pädagogische Ansatz im Vordergrund stehe. Die Annahme, bei der Petö-Therapie handele es sich um eine medizinische Maßnahme, bedürfe deshalb einer besonderen Begründung im Einzelfall dahingehend, dass der ganzheitliche heilpädagogische Ansatz eben nicht verfolgt, sondern eine rein medizinische Behandlung durchgeführt worden sei. Hierfür spreche im Fall der Klägerin jedoch nichts. Angesichts der vorliegenden Unterlagen stehe fest, dass die Petö-Therapie im Falle der Klägerin prognostisch auch zur Verbesserung ihrer Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beigetragen habe, indem sie jedenfalls zur Verbesserung der Beschulungsfähigkeit geeignet gewesen sei und ihr den Schulbesuch erleichtert habe, so die LSG-Richter.

Die Autorin ist in den medizin- und sozialrechtlichen Bereichen bundesweit tätig.


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