Pferderecht: Tierarzthaftung & Tierhalterhaftung

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Die Entscheidung des OLG Hamm aus Dezember 2016 beschäftigt sich mit den an einen Tierarzt zu stellenden Sorgfaltsanforderungen bei der Behandlung eines Fohlens. Es geht mithin um die Gefährdungshaftung nach § 833, S. 1 BGB eines Tierhalters und der Haftung des Tierarztes im Verhältnis.

§ 833 BGB – Haftung des Tierhalters

„1 Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. 2 Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.“

Der Gesetzgeber hat dem Tierhalter eine Gefährdungshaftung auferlegt, welche generell zur Haftung führt, wenn das Pferd einem Dritten einen Schaden zufügt. Es muss sich jedoch die spezifische Tiergefahr realisiert haben. Dies ist beispielsweise der Fall bei einem plötzlichen Losgaloppieren, Ausschlagen oder abruptem Anhalten.

„Die typische Tiergefahr hat sich realisiert, die sich regelmäßig in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren Verhalten des Tieres äußert“ (vgl. BGH NJW-RR 2006, 813 m. w. N.).

Es gibt verschiedene Fallgruppen, die die Gefährdungshaftung jedoch abschwächt und eingrenzt. Dies ist bspw. der Fall bei mechanischen Wirkungen des Pferdes (Radfahrer fährt gegen ein liegendes Pferd), Reflexbewegungen unter erheblichen Schmerzempfindungen, Handelns auf menschliche Anleitung (beim Reiten ist dieser verantwortlich) oder Handelns auf eigene Gefahr.

Tierhalter ist, wer die tatsächliche Bestimmungsmacht über das Pferd hat, aus eigenem Interesse für die Kosten aufkommt, den allgemeinen Nutzen für sich beansprucht und das Risiko des Verlustes trägt.

Die Haftungsfreistellung wegen Handelns auf eigene Gefahr ist – nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) – auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen sich der Geschädigte ohne triftigen Grund bewusst einer besonderen Gefahr aussetzt und ungewöhnliche Risiken übernimmt, die über den normalen Umgang mit Tieren hinausgehen (vgl. BGH ZfS 2013, 499). Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn sich der Geschädigte der Tiergefahr nur deswegen ausgesetzt hat, um aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Tierhalter Verrichtungen an dem Tier vorzunehmen, wie es beim Tierarzt der Fall ist (vgl. BGH VersR 2009, 693, 694).

Betritt somit ein Tierarzt eine enge Pferdebox und möchte ein erkranktes Fohlen behandeln, in der auch die aufgeregte Mutterstute angebunden mit dem Hinterteil zum Eingang der Box steht, und wird er von der Stute getreten und schwer verletzt, so haftet er zu einem Viertel für den entstandenen Schaden mit, weil er die ihm dabei gebotene Sorgfalt außer Acht ließ.

Es wäre bspw. sicherer gewesen (so das OLG), Fohlen und Stute zuerst voneinander zu trennen, bevor der Tierarzt die Box des Fohlens betritt. Zu drei Vierteln haftet sodann der Tierhalter für den entstandenen Schaden unabhängig von seinem Verschulden.


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