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Pflichtteilsverzicht – wann muss es zum Notar gehen und wann nicht?

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Gesaltungsmittel Pflichtteilsverzicht

Der Pflichtteilsverzicht ist genauso ein Gestaltungsmittel wie ein Erbvertrag oder ein Testament. Denn „Enterben“ gibt es nicht, geht es um die pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge und Eltern. Deren Pflichtteil bleibt erhalten, es sei denn, sie verzichten darauf.

Pflichtteilsverzicht vor und nach dem Tod des Erblassers - die Unterschiede

Der bekannte Pflichtteilsverzicht erfolgt vor dem Tod (ante mortem) des Erblassers. Dieser ist nur wirksam, wenn er von einem Notar beurkundet wurde. Handschriftliche Verzichtserklärungen oder mündliche Erklärungen, man werde den Pflichtteil schon nicht geltend machen, sind vor dem Tod also nichtig. Ein Berufen auf die Nichtigkeit nach dem Tod des Erblassers ist in der Regel nicht treuwidrig.

Auf den Pflichtteil kann aber auch nach dem Tod (post mortem) verzichtet werden. Oft praktiziert, indem der Berechtigte ihn nicht geltend macht, kann er auch ausdrücklich erklärt werden – bspw. aus Beweiszwecken. Dabei ist keine notarielle Beurkundung erforderlich: Der Pflichtteilsverzicht nach dem Tod des Erblassers kann schriftlich auf einem Stück Papier oder sogar mündlich erklärt werden.

Vor- und Nachteile des Pflichtteilsverzichts nach dem Tod

Der Vorteil eines Verzichts nach dem Tod ist, dass beide Seiten wissen, umwieviel Geld geht es und lohnt sich der Aufwand einer Verzichtserklärung. Weiterer Vorteil ist der Wegfall von erheblichen Notarkosten.

Der Nachteil gegenüber dem Pflichtteilsverzicht vor dem Tod liegt auf der Hand: Der Erblasser bzw. seine Erben haben gegen den Pflichtteilsberechtigten keinen Anspruch darauf, dass er nach dem Tod des Erblassers tatsächlich auf den Pflichtteil verzichtet.

Wem gegenüber und wie muss der Verzicht erklärt werden

Die Erklärung nach dem Tod auf den Pflichtteil zu verzichten, ist gegenüber dem Erben zu erklären. Der Verzicht gilt rechtstechnisch als Erlass, § 397 BGB. Der Erbe muss den Verzicht ausdrücklich annehmen. Ohne Annahme, wird der Verzicht nicht wirksam. Sind mehrere Erben vorhanden, muss der Verzicht allen Erben gegenüber geäußert werden und alle haben den Verzicht anzunehmen. Andernfalls wirkt der Verzicht nur gegenüber dem annehmenden Erben – sog. Beschränkte Gesamtwirkung, § 423 BGB.

Besonderheiten der Schenkungssteuer beim Pflichtteilsverzicht nach dem Tod

Aber Obacht bei der Schenkungssteuer: Ist der Pflichtteilsverzicht vor dem Tod befreit von der Schenkungssteuerpflicht, § 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG, ist es der Pflichtteilsverzicht nach dem Tod nur bedingt: 

Ein Pflichtteilsverzicht nach dem Tod ist nur so lange steuerfrei, wie der Berechtigte ihn noch nicht eingefordert hat: "Einfordern ist das ernstliche Verlangen auf Erfüllung eines Anspruchs oder unterbreiten eines Angebots zur Abgeltung des Pflichtteils". Darunter fällt noch nicht, wenn der Berechtigte nur die Auskunft über den Nachlass einforderte.

Beispiel: Der in der Erbfolge nicht berücksichtigte Sohn will vom Alleinerben wissen, wie sich der Nachlass zusammensetzt. Merkt er dann, dass er kein Interesse am Pflichtteil hat, kann er steuerfrei auf den Pflichtteil verzichten.

Pflichtteilsverzicht nach dem Tod mit Gegenleistung

Besonderheiten sind beim Pflichtteilsverzicht mit Gegenleistung zu beachten: Soll ein Grundstück oder bspw. ein Anteil an einer GmbH als Gegenleistung für den Pflichtteilsverzicht übertragen werden, muss es doch wieder zum Notar gehen.

Besondere Vorsicht ist auch geboten, wenn der Pflichtteil mit anderen Ansprüchen, Forderungen und Abfindungen verrechnet wird, weil dann weitere schenkungssteuerrechtliche und auch erwerbssteuerrechtliche Besonderheiten zu beachten sein können.

Foto(s): Johannes Meger, https://johannesmeger.com/


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