Pleite am Landgericht Stuttgart für Daimler / Mercedes GLK 220 CDI mit illegaler Abschalteinrichtung

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Die verbraucherfreundliche Wende an deutschen Gerichten ist im Diesel-Abgasskandal der Daimler AG zur Realität geworden. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hat am 23. Oktober 2020 am Landgericht Stuttgart eine Verurteilung des Autobauers wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung errungen (Az. 29 O 305/20). Zudem erzielte die Verbraucherkanzlei am 5. November 2020 am Oberlandesgericht Köln ebenfalls eine Verurteilung nach § 826 BGB (Az. 7 U 35/20). Eine Revision ließ das Gericht in Köln nicht zu. Daimler muss das Fahrzeug zurücknehmen. 

Die Chancen, gegen Daimler vor Gericht zu gewinnen, stehen so gut wie nie. Die Kanzlei rät Verbrauchern zur anwaltlichen Beratung im kanzleieigenen kostenlosen Online-Check. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Abgasskandal. Die Inhaber haben den Verbraucherzentrale Bundesverband in der VW-Musterfeststellungsklage vertreten und mit dem Abschluss des Verfahrens am 30. April 2020 deutsche Rechtsgeschichte geschrieben.

 

Verurteilt: Keine Chance für Daimler am Landgericht Stuttgart 

Die Daimler AG muss nach dem aktuellen Urteil der 29. Zivilkammer am Landgericht Stuttgart den streitgegenständlichen Mercedes-Benz GLK 220 CDI mit dem Motor OM 651 zurücknehmen und dem Kläger 28.135,72 Euro erstatten (Az. 29 O 305/20). Hier nun die wichtigsten Fakten zum Verfahren im Stuttgarter Urteil:

  • Die Klägerpartei erwarb das Fahrzeug am 3. August 2015 zum Preis von 35.500 Euro. Das Fahrzeug der GLK-Klasse verfügt über einen Motor vom Typ OM 651 und soll mit einer Abschalteinrichtung zum Einsatz gekommen sein. Die Motorsteuerung manipuliert die Abgasreinigung temperaturabhängig. Unter 17 Grad und über 30 Grad wird die Abgasreinigung abgeschalten.

  • Das Gericht folgte in seinem Urteil letztlich dem Kläger. Daimler muss das Fahrzeug zurücknehmen. Der Kläger hat ein Fahrzeug erworben, das er so nicht kaufen wollte, und daher einen Schaden erlitten. Das Fahrzeug verfügte zum Zeitpunkt des Erwerbs über eine unzulässige Abschalteinrichtung, die einer Zulassung entgegenstand. Dadurch bestand die Gefahr, dass jederzeit die Zulassung widerrufen werden konnte. In der Folge drohten Nutzungsbeschränkungen und ein Wertverlust. Daimler ist aufgrund vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB gegenüber dem Kläger haftbar.

  • Das Gericht kritisierte die Ausführungen der Daimler-Anwälte als zu „pauschal“. Da die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkungen des Abgaskontrollsysteme verringern, gemäß EG-VO 715/2007 grundsätzlich unzulässig ist, hätte Daimler konkret beweisen müssen, dass ein Ausnahmefall vorlag. Daran fehlte es jedoch. Eine böse Schelte für die Arbeit der Daimler-Anwälte.

  • Die Notwendigkeit einer Ausnahme kann nur dann bejaht werden, wenn keine anderen technischen Möglichkeiten zum Schutz des Motors zur Verfügung stehen. Das Gericht wies explizit daraufhin, dass eine Abschalteinrichtung nur eine Ausnahme in ganz bestimmten Fällen sein darf. Andernfalls liefe die Regelung nach EG-VO 715/2007 nahezu vollständig ins Leere. „Denn mit der Berufung allein auf den Motorschutz ließe sich jede Abschalteinrichtung bis hin zur vollständigen Abschaltung der Abgasreinigung rechtfertigen. Dass dies dem Zweck des Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 EG-VO 715/2007 eklatant widerspräche, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung“, betonte das Gericht in der Urteilsbegründung. Was Daimler ausgeführt habe, legt den Schluss nahe, dass die Ausnahme zur Regel erkoren wurde.

  • Das Fahrzeug entspricht aus Sicht des Gerichts nicht der Norm im Sinne der Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007. Auf dem Prüfstand werden die Abgasnormen eingehalten, im Straßenverkehr jedoch nicht. Das Fahrzeug ist für das Landgericht mangelhaft.

  • Durch das Inverkehrbringen des Motors in hoher Stückzahl hat Daimler einen enorm hohen Schaden in Kauf genommen. Und das alleine zum Zwecke des Gewinnstrebens. Das Gericht erkennt darin „ein hohes Maß an Skrupellosigkeit“. Gleichzeitig habe sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der EG-VO 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.

  • Das Gericht sieht bei der Täuschung von Behörden und Verbrauchern den Vorstand von Daimler in der Verantwortung. Die Daimler-Anwälte haben in dem Verfahren lediglich behauptet, der Vorstand habe keine Kenntnis gehabt, Entscheidungen über die Motorsteuerungen seien nicht auf Vorstandsebene getroffen worden. Daher hätte man der sekundären Darlegungslast nicht nachkommen müssen. Das Gericht sah das völlig anders, so dass der Vortrag des Klägers als unstreitig zu behandeln ist. Letztlich hätte Daimler Beweise für die eigenen Behauptungen vortragen müssen.

  • Ohne die Manipulation hätte das Fahrzeug keine Typengenehmigung erhalten.

  • Der Käufer muss sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Das Gericht schätzte die Gesamtlaufleistung des GLK auf 300.000 Kilometer.

  • Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig

 

Im Diesel-Abgasskandal der Daimler AG hält Trendwende an

Die juristischen Entwicklungen der vergangenen Monate zeigen für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer aus Lahr, dass die Daimler AG vor Gericht in die Defensive gerät und die Chancen der Verbraucher, die Verfahren zu gewinnen, derzeit enorm ansteigen. Mit dem Oberlandesgericht Naumburg hatte am 18. September 2020 erstmals ein Gericht der Berufungsinstanz den Autobauer nach § 826 BGB zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Die Diesel-Fahrzeuge sind durch die mögliche Manipulation am Abgaskontrollsystem des Motors in ihrem Wert gemindert. Die Kanzlei rät den betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check  der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal von Daimler herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigt.

Die Kanzlei hat bereits mehrere positive Urteile gegen die Daimler AG in erster Instanz erstritten:

  1. Oberlandesgericht Köln – 5. November 2020 - Az. 7 U 35/20
  2. Landgericht Stuttgart – 23. Oktober 2020 – Az. 29 O 305/20
  3. Landgericht Stuttgart – 9. Oktober 2020 – Az. 14 O 89/20
  4. Landgericht Stuttgart – 14. Mai 2020 – Az. 19 O 108/19
  5. Landgericht Stuttgart – 14. Mai 2020 – Az. 19 O 109/18
  6. Landgericht Stuttgart – 08. Mai 2020 – Az. 14 O 74/20
  7. Landgericht Freiburg – 13. März 2020 – Az. 8 O 71/19
  8. Landgericht Oldenburg – 13. Februar 2020 – Az. 16 0 2884/18
  9. Landgericht Stuttgart – 16. Januar 2020 – Az. 27 O 40/19
  10. Landgericht Stuttgart – 24. Oktober 2019 – Az. 20 O 73/19

Thermofenster im Visier des Europäischen Gerichtshofs

An deutschen Gerichten werden für die Daimler AG im Diesel-Abgasskandal die Zeiten rauer. Wie kam es zu dieser verbraucherfreundlichen Wende?

  • Temperaturabhängig gesteuerte Abschalteinrichtungen wie das von Daimler in den Mercedes-Modellen verwendete Thermofenster sind vor dem Europäischen Gerichtshof EuGH am 30. April 2020 in Schlussanträgen als unzulässig bezeichnet worden. Mit dem Urteil wird in diesem ersten europäischen VW-Verfahren noch in diesem Jahr gerechnet.

  • Auch der BGH hat mit seinem Beschluss vom 28. Januar 2020 (Az.  VIII ZR 57/19) den Druck auf Daimler erhöht. Der BGH bemängelte, dass das Oberlandesgericht Celle (Az. 7 U 263/18) kein Gutachten eingeholt hat, um zu klären, ob die Daimler AG das Abgaskontrollsystem im Motor OM 651 mit einer Abschalteinrichtung manipuliert hat oder nicht. Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen Mercedes können von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Es reicht, wenn der klagende Verbraucher seine Argumente schlüssig vorträgt und nicht bis ins kleinste Detail ausführt. Schließlich könne er nicht detailliert wissen, wie ein Motor funktioniere. Gutachten über die Abgasreinigung könnten in wichtigen Fragen Abhilfe schaffen.

  • Die Daimler AG äußert sich bisher vor Gericht in der Regel höchst vage zu den gegen sie gemachten Vorwürfen und verweist in der Regel auf Betriebsgeheimnisse, die sie vor Gericht nicht preisgeben möchte. Auch wird der Vortrag des Klägers pauschal als unbegründet zurückgewiesen – ohne die Abweisung genauer auszuführen.

  • Das unkooperative Verhalten vor Gericht hat übrigens auch der BGH in seinem ersten Urteil in einem VW-Verfahren am 25. Mai 2020 bemängelt (Az. VI ZR 252/19). Die Autobauer können sich jetzt nicht mehr mit dem Hinweis auf Betriebsgeheimnisse vor Aussagen drücken.


Dr. Stoll & Sauer führte Musterfeststellungsklage gegen VW mit an

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträge wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 15.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten.

In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten einen 830-Millionen-Vergleich aus und schrieben mit Abschluss des Verfahrens am 30. April 2020 Rechtsgeschichte. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.

 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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